Wie geht es weiter auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik in Albbruck? Seit Jahren gibt es Pläne für ein neues Wohnbaugebiet, das Platz für knapp 100 Einwohner bieten würde. Aber die Sache zieht sich hin. Zu einem Hemmschuh ist inzwischen das Kraftwerk geworden, das schon 2019 hätte abgebaut werden sollen. Noch nicht bekannt ist, ob und inwieweit sich der Bau des geplanten Kreisklinikums in direkter Nachbarschaft auf die bisherige Planung auswirken wird.
- Das Kraftwerk: Noch immer dominiert die markante Anlage mit den beiden, bis zu 72 Meter hohen Kaminen, das Fabrikgelände. Doch die Besitzerin des Areals, die bayrische Karl-Gruppe, lässt sich Zeit, wohl in der Hoffnung, die Anlage, oder zumindest Teile davon, doch noch verkaufen zu können. Die Chancen dafür sind indes gering, denn die Technik, basierend auf Steinkohle, ist längst veraltet. Im März 2018 erklärte Stefan Gigl, Projektleiter der Karl-Gruppe: „Die Turbine ist nicht mehr verkäuflich. Wahrscheinlich ist, dass die gesamte Anlage abgerissen und verschrottet werden muss.“

Ein Jahr später, im März 2019, klang es dann etwas anders: „Wir führen verschiedene Gespräche mit möglichen Käufern.“ Naturgemäß sei es schwierig, für eine Anlage, die speziell für die Bedürfnisse der Papierfabrik entwickelt wurde, einen passenden Käufer zu finden. Ein ehemaliger Mitarbeiter aus Schachen äußerte sich so: „Das Kraftwerk wurde mit Kohle beheizt, die Anlagen sind längst veraltet.“ Die Kohle wurde zu Staub zermahlen und in die Befeuerungsanlage eingeblasen. Der Vorläufer wurde mit Schweröl beheizt. Auch bei der späteren Beheizung mit Kohle sei es nötig gewesen, eine Ersatzbefeuerung mittels Diesel-Öl sicherzustellen, um bei einem eventuellen Ausfall der Kohle einspringen zu können. Erbaut wurde das Kraftwerk 1929, damals mithilfe eines Hubschraubers.
- Der Rückbau: Mit dem Rückbau der Fabrikhallen und Werksanlagen durch die Karl-Gruppe wurde im Frühjahr 2017 begonnen, deutlich später als ursprünglich geplant. Als erste Maßnahme wurden Maschinenkomponenten, Beistellmaschinen, Ersatzteil- und Motorenlager an nationale und internationale Investoren verkauft, soweit das möglich war. Anschließend begannen die Entkernungsarbeiten, bei denen Fremdstoffe wie Holz, Kunststoffe und Glaselemente aus den Fabrikgebäuden entfernt, fach- und sachgerecht entsorgt wurden. Danach wurde der Rückbau der Gebäude und der übrigen Anlagen in Angriff genommen.
Ein Kraftakt, mit dem Ziel, eine baldige Umnutzung des Geländes zu Wohnzwecken zu ermöglichen. Aber der Rückbau beanspruchte deutlich mehr Zeit als geplant, auch deshalb, weil der Untergrund in vielen Bereichen von massiven Fundamenten geräumt werden musste. Für Verzögerungen sorgte auch eine Kolonie von Eidechsen, die erst von einem Spezialisten auf die ehemalige Fabrikdeponie an der Albtalstraße umgesiedelt werden musste.
- Konversion Papierfabrik: Im Mai 2015 stellte ein Vertreter des Stuttgarter Planungsbüros Baldauf die Planung für ein neues Wohnbaugebiet auf dem Gelände vor, das Projekt „Konversion Papierfabrik“. Ziel ist, den größten Teil des weitläufigen Areals einer Wohnbebauung mit Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern zuzuführen. Damit würden 381 neue Wohneinheiten entstehen, 336 südlich der Bahnlinie und 45 auf der nördlichen Seite. Ein kleiner Bereich, dort wo früher der Holzlagerplatz war, sollte als Gewerbefläche vorgehalten werden.
Im Gemeinderat waren die Reaktionen auf die ersten Pläne gespalten. Auf der einen Seite wurde gefordert, größere Gewerbeflächen auszuweisen: „Wohngebiete gibt es in Albbruck und den Ortsteilen viele“, erklärte Lothar Schlageter (Freie Wähler). „Es kann aber nicht sein, dass wir Bauplätze für mehr Einwohner schaffen, die dann in die Schweiz zum Arbeiten gehen.“ Dagegen bezeichnete Rolf Rüttnauer (SPD) die Ausweisung neuer Gewerbegebiete als „Phantomdiskussion“. Dafür habe es seit Jahren keine Nachfrage mehr gegeben, „während uns die Bauplätze förmlich aus den Händen gerissen werden.“ Geplant wurde auch, entlang der B 34 einen bis zu 2,50 Meter hohen Schutzwall anzulegen und den Wall so zu modellierten, dass er sich besser in die Umgebung einfügt. Der Zugang an der B 34 wurde bereits geschlossen, eine Zufahrt ist nur noch von der oberen Seite aus möglich, über die Alte Landstraße und einen später geplanten Kreisel.
- Zentralklinikum: Einen neuen Stellenwert erhielt das Projekt „Konversion Papierfabrik“ durch die Planung des Zentralklinikums, das auf der gegenüberliegenden Seite, zwischen B 34 und Rheinufer, entstehen soll. Das Areal gehört ebenfalls der Karl-Gruppe, die das Gelände inzwischen an den Kreis veräußert hat, „zu günstigen Bedingungen“, wie sich Landrat Martin Kistler dazu geäußert hatte.
Hier wird der „Gesundheitspark Hochrhein“ mit dem neuen Klinikum entstehen, das, nach optimistischen Prognosen, bis 2028 fertig gestellt sein soll. Noch 2010 lagen die Vorstellungen auf einer ganz anderen Ebene: Damals gab es konkrete Pläne, auf diesem Gelände eine neue Papiermaschine, die PM 8 zu erbauen. Auf dem benachbarten Areal befindet sich die Kläranlage der ehemaligen Papierfabrik, die inzwischen für knapp eine Million Euro an den Abwasserzweckverband Vorderes Albtal verkauft wurde.