Obwohl die Webstühle der Wehra AG vor fast drei Jahrzehnten abgestellt wurden, ist die einst für ihre Teppiche und Möbelstoffe gerühmte Firma im Gedächtnis der Stadt Wehr lebendig geblieben. Die Wehra AG gehört immer noch zur Identität der Stadt wie das Schlössle, die Wolfgangskapelle, die MBB oder die Wehra selbst, die der Firma ihren Namen gab. Wehr war eine bedeutende Textilstadt Südbadens und ist es in der Erinnerung vieler Bewohner bis heute geblieben.
Der Vortrag und das Buch
Wenn einer die Geschichte der Wehra AG kennt, dann Werner Kramer. Er hat den größten Teil seines Berufslebens in der Firma verbracht. 1959 trat er als Lehrling in sie ein und als technischer Werksleiter verließ er sie an jenem trostlosen Tag im Jahr 1992, als sie für immer ihre Pforten schloss. Wie allen anderen, die diesen bitteren Augenblick erleben mussten, hat auch ihm das Ende der Wehra AG keine Ruhe gelassen.
Positives nach dem bitteren Ende
Werner Kramer war danach Betriebsleiter der größten deutschen Teppichboden-Fabrik in Bietigheim-Bissingen geworden. Als er in den Ruhestand ging, fand er endlich die Zeit für ein Projekt, das ihm seit dem Jahr 1992 am Herzen lag: Er sammelte Fotos, Unterlagen und Dokumente zur Geschichte der Wehra AG. Die Firma war seine berufliche Heimat gewesen und er hatte sie verlassen müssen. Wenigstens einige positive Bilder sollten von dem Scherbenhaufen übrig bleiben.

Anfangs wollte er diese Erinnerungen nur für sich selbst festhalten. Er hatte als Betriebsleiter hautnah erlebt, wie die Firma in ihren Absturz getrudelt war, wie mehrfach Besitzer und dann vor allem die Chef-Manager fast im Monatstakt gewechselt hatten. Er hatte sich – wie viele andere Beschäftigte der Wehra AG auch – die Frage gestellt, ob man den Konkurs nicht doch hätte vermeiden können. Das unrühmliche Ende des einst hochgerühmten Unternehmens belastete ihn.
Doch dann wurde ihm klar, dass genau diese Themen immer noch viele Menschen in Wehr umtreiben – nicht nur ehemalige Beschäftigte, sondern auch viele andere, die die Teppiche der Wehra AG schätzten, die „Wehraner“ kannten oder sich einfach nur mit der Firma als einem Teil ihrer Heimat identifizierten. Also machte sich Werner Kramer an die Ausarbeitung einer Präsentation in Form einer Foto-CD für das Archiv des von Stephan Denk eingerichteten Brennet-Textilmuseums. Dort sind in einem Raum auch Exponate aus der Wehra AG zu sehen. Das bisher von ihm gesammelte Material sollte so für die Nachwelt bewahrt werden.
Aber Werner Kramer machte weiter, sprach mit alten Kollegen, erhielt Informationen der ehemaligen Besitzerfamilien Hauber und Rupp, fand immer mehr Fotos und erkannte schließlich: Es ist an der Zeit, diesen reichen Erinnerungsschatz der Öffentlichkeit zu zeigen. Nachdem seine Vorträge bei det VHS über die Segelfliegerei die Stadthalle gefüllt hatten, entschloss er sich zur Erstellung eines Vortrages über die Geschichte der Wehra AG für das diesjährige Herbstprogramm. Als Stephan Denk davon erfuhr, sagte er Werner Kramer spontan seine sofortige Unterstützung zu.