Eine Ära ging in Wehr zuende. Die Papiersammler des FC Wehr fuhren am 31. Juli ihre letzte Tour. Die starke Unterstützung für den Verein möchte zukünftig der Hausmeisterdienst Cengiz teilweise übernehmen. „Es wird einfach zu anstrengend“, erklärt Josef Kaiser mit deutlichem Bedauern. Mit knapp 80 Jahren falle manches nicht mehr so leicht. Denn die umtriebigen Herren sammelten das Altpapier nicht einfach vom Bürgersteig: Sehr zur Freude der Bürger schleppten die Sammler pro Woche bis zu vier Tonnen Papier und Kartonage aus Kellern, Garage oder Schuppen in ihren Transporter – von kleiner Schachtel bis Katalogstapel, über steile Treppen und durch enge Gänge alter Häuser.

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„Die Leute wussten Bescheid, wir waren verlässlich. Das war schon ein besonderes Vertrauensverhältnis“, so Kaiser. Bis zu viermal in der Woche war man unterwegs, mindestens einmal im Monat wurden einzelne Haushalte angefahren. „Auf Anfrage kamen wir auch außer der Reihe und auch mal in Nachbarorten“, so Kaiser. In den vergangenen Jahren schrumpfte die Gruppe auf fünf Helfer zusammen: Der langjähriger Kollege Günter Ohler ist mittlerweile verstorben, andere Mitstreiter wie Herbert Nägele, Hans Himmelsbach und Wilfried Bock mussten aus gesundheitlichen Gründen aufhören und auch Wolfgang Ühlin sei nur noch selten dabei.

40 Jahre ehrenamtliche Arbeit

Gestartet habe alles Ende der 70iger Jahre auf Initiative des mittlerweile verstorbenen Emil Siebold. Damals habe man noch mit dem Auto gesammelt. Später wurde ein ausgemusterter Krankenwagen genutzt, dann ein alter Kleinbus angeschafft. „Alles aus unserer eigenen Kasse“, betont Kaiser. Aus steuerlichen Gründen wurden die Papiersammler 2006 ein eigener Verein, alle Überschüsse kommen dem FC Wehr zugute.

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Auch wenn die Herren keine Zahlen verraten, dank der enormen gesammelten Menge 15 bis 20 Tonnen im Monat kam einiges für die Vereinskasse zusammen. Eine große Unterstützung sei in all den Jahren die Papierfabrik Lenz gewesen: Hier konnte das gesammelte Material abgegeben und gleich in den Schredder geworfen, um aus dem Altpapier neue Papphülsen herzustellen. „Das ganze wurde auch finanziell vom Landratsamt gefördert, die Papierfabrik bekam also einen Zuschuss. Aber uns wurde so die lange Fahrt zur nächsten Abgabestelle erspart“, erklärt Kaiser. Dazu kam ein fester Abnahmepreis, den das Unternehmen auch bei schwankenden Papierpreisen zahlte. Beim Schreddern hätte es fast mal einen Unfall gegeben, berichtet Michael Hoffmann: Von einem Fahrradgeschäft habe man große Kartonagen geholt, jeweils gut gefüllt mit Altpapier: „Erst als mit den Karton auf das Band geworfen haben, haben wir gemerkt dass da noch ein Fahrrad drin ist.“ Der Drahtesel wurde gerettet, Mensch und Maschine blieben wohl auf.

Viel Unterstützung aus Bevölkerung

Auf die Sammelzeit blicken die Herren überaus positiv zurück: Mit einem freundlichen Wort, manchmal auch einen Kaffee zur Stärkung und ein Trinkgeld an Feiertagen zeigten die Wehrer, wie sehr sie den Abholservice schätzen. Auch die Einführung der Blauen Tonnen für Altpapier bremste die Herren nicht aus: „Wir hatten ein Stammpublikum, das hat sich keine Tonne angeschafft!“, so Hoffmann. Untereinander war die Stimmung zumeist gut, so der einhellige Tenor der Runde. „Das war harte Arbeit, aber wir hatten viel Spaß dabei“, so Kaiser. „Und es hat uns fit gehalten“, ergänzt Hoffmann.

Umstellung ab September

Unterstützung gab es auch von den Ehefrauen, sei es Abstellraum oder Telefondienst für individuelle Abholungen. „Unsere Lager- und Annahmestelle in der Zelgstraße wurde von Emil Siebold eingerichtet. Nach seinem Tod hat uns seine Ehefrau den Platz sehr großzügig weiter zur Verfügung gestellt“, so Kaiser. Im August kann hier noch Papier abgegeben werden, ab September wird der Hausmeisterdienst Cengiz übernehmen. Der Wehrer Unternehmer bietet Hausmeisterdienste an und wird zukünftig angeliefertes Altpapier annehmen oder auf Wunsch abholen und zur Papierfabrik bringen.