Möglichst rasch aus den Augen und aus dem Sinn: Für kaum ein Thema gilt das wohl mehr als für Abwasser. Jeder produziert es und alle sind froh, wenn es weg ist. "Weg", das ist im Fall von Wehr, Öflingen und der Gemeinde Hasel die Kläranlage in Brennet. Hier wird das Abwasser aufbereitet und dann sauber in den Rhein geleitet. Dafür, dass dieser Prozess reibungslos abläuft, sorgt das Team um Betriebsleiter Frank Lückfeldt. Er selbst ist seit mehr als 22 Jahren in Brennet und wohl niemand kennt die Anlage und Prozesse besser als er.
Wie viel Abwasser kommt hier an?
Baulich ist die Kläranlage in Brennet eine der größten in der Region: "Wir könnten das Abwasser von rund 56.000 Haushalten bewältigen", so Lückfeldt.
Mit solchem Bedarf hatte man einst beim Bau gerechnet, doch mit dem Fortgang der großen Industreibetriebe kam es anders.

"Nun sind es 24.000 rechnerische Einwohner, deren Abwasser wir klären. Da sind Handel, Industrie und Gewerbe mit dabei", so Lückfeldt.
Jeder Einwohner verursache im Durchschnitt jeden Tag rund 120 Liter Abwasser: Beim Duschen, Putzen, Waschen und natürlich auf der Toilette.
Wie wird aus Schmutzwasser sauberes Wasser?
Eine Vielzahl von Becken und Klärstufen sind es, die benötigt werden, damit am Ende das Abwasser gereinigt ist. Ganz grob lässt sich sagen, dass zunächst die festen Teile, die gößer als sechs Millimeter sind, ausgesiebt werden, bevor das Schmutzwasser tatsächlich in die Anlage kommt.

Dann muss sich der Klärschlamm absetzen, der vom Wasser getrennt wird. In weiteren Schritten muss das Wasser beispielsweise von Fetten und Nitrat gereinigt werden. Diese Vorgänge erfolgen durch Milliarden und Abermilliarden von Bakterien. Am Ende wird das klare Wasser in den Rhein geleitet.
"Um zu überprüfen, dass das Wasser auch wirklich sauber ist, werden regelmäßig Proben genommen", sagt Frank Lückfeldt und verweist auf das Labor direkt vor Ort, in dem das Wasser untersucht wird.
Werden Chemikalien zur Reinigung des Wassers eingesetzt?
Bis vor einigen Jahren wurde das Wasser tatsächlich noch mit Hilfe chemischer Zusätze gereinigt, als der Anteil an Industrieabwasser noch höher war. Mittlerweile ist das kaum noch nötig.
Die chemische Reinigungsstufe, welche vor allem für die Industrieabwässer eingerichtet wurde, filtert heute bei Bedarf nur noch Phosphate aus dem Abwasser. Auf die Frage, woher die Bakterien eigentlich kommen, die den Klärschlamm zersetzen, muss Lückfeldt schmunzeln: "Die sind bei dem, was hier ankommt schon dabei."
Derzeit wird eine neue Anlage gebaut: die Klärschlammfaulung. Was wird dort passieren?
Eine neue Anlage soll für rund 2,58 Millionen Euro entstehen. Das Ziel: Hier soll Energie produziert werden. Und das aus Klärschlamm, einem Abfallprodukt, das bislang in großen Mengen teuer entsorgt werden muss.

Ende 2019 soll die neue Anlage in Betrieb gehen. Damit ändert sich auch beim Prozess der Wasseraufbereitung einiges. "Bislang sind aeorobe Bakterien im Einsatz, die den Klärschlamm zersetzen. Die benötigen Sauerstoff", sagt Frank Lückfeldt. Um diesen Prozess zu unterstützen, musste Sauerstoff im Klärbecken extra zugegeben werden.
Das werde künftig nicht mehr nötig sein: "In der Klärschlammfaulung arbeiten Bakterien ohne Sauerstoff, der Vorgang ist also aneorob." Die Technik sei mittlerweile Standard, erklärt Frank Lückfeldt weiter. Schwörstadt und Bad Säckingen hätten beispielsweise bereits eine solche Klärschlammfaulung.
Was bedeutet das für die bestehenden Anlagen?
Auch einige Becken der Belebungsstufe werden damit überflüssig: "In der Faulung kommt der sogenannte Primärschlamm, also der Schlamm, der sich im Vorklärbecken absetzt", sagt Lückfeldt. Langfristig werde die Anlage also weniger Becken brauchen. "Was mit diesen geschehen soll, ist aber noch völlig offen."
Ist damit zu rechnen, dass die Geruchsbelästigung steigen wird?
Die hat in den vergangenen Jahren eh stark abgenommen", sagt Lückfeldt und ergänzt: "Wenn die Klärschlammfaulung läuft, wird sie sogar noch weiter zurückgehen." Als Hauptgründe nennt er, dass der zu entsorgende Schlamm „ausgefault ist oder abgebaut ist“ und die geringere Zahl an Abfuhren von Klärschlamm, da die Restmenge nach der Faulung geringer sei, als beim bisherigen Prozess: Derzeit werde etwa fünfmal im Monat Klärschlamm mit einem LKW abgeholt – 1600 Tonnen seien es im Jahr. Wenn die neue Anlage läuft, sollen es nur noch 940 Tonnen sein, die abgeholt werden müssen.
Gibt es weitere Vorteile?
Ja, denn bei der Klärschlammfaulung entsteht Wärme, die wiederum genutzt werden soll, die Anlage zu betreiben und die Energiekosten der Kläranlage insgesamt zu senken. "Beim Vergären werden im Jahr rund 300.000 Kilowattstunden Strom erzeugt. Das ist ungefähr soviel, wie 100 Zwei-Personen-Haushalte im Jahr verbrauchen", sagt der Betriebsleiter.
Aktuell habe die Kläranlage einen Bedarf von 700.000 Kilowattstunden, so Frank Lückfeldt. Falle die Belüftung der Becken für die Sauerstoffversorgung der Bakterien weg, sollen es noch rund 600.000 Kilowattstunden sein. "Davon kann die Kläranlage künftig die Hälfte selbst erzeugen", sagt der Betriebsleiter.
Was bedeutet das für die Kunden?
Die wirtschaftliche Leistung des Eigenbetriebs Abwasser wirkt sich direkt auf alle Verbraucher aus: "Im vergangenen Jahr konnte der Preis für Abwasser von 2,32 Euro auf 1,75 Euro gesenkt werden", sagt Lückfeldt.
Es sei zu erwarten, dass sich mit der Klärschlammfaulung das Betriebsergebnis langfristig wahrscheinlich weiter verbessern werde: Energiekosten werden gespart, es muss weniger Klärschlamm entsorgt werden. Das heißt, die Reinigung des Abwassers soll günstiger werden.
Wohin wird der Klärschlamm aus Brennet gebracht?
"In Baden-Württemberg ist es bereits seit Jahren verboten, den Schlamm landwirtschaftlich zu nutzen", sagt Frank Lückfeldt. Als die Anlage noch im Zweckverband war, wurde der Klärschlamm über die Klärschlammtrocknung in Bad Säckingen in die Schweiz entsorgt. Das habe sich mittlerweile geändert: "Der Klärschlamm aus Brennet wird von einem Entsorger abgeholt und in Zementwerken verbrannt."
Kläranlage
Nachdem 2013 der letzte der drei großen Textilverarbeiter in Wehr die Pforten schloss, reduzierte sich die Abwassermenge deutlich. Der Anteil industrieller Abwässer sank von fast 60 Prozent im Jahr 1990 auf 15 Prozent im Jahr 2016. Seitdem wurden bereits einige Maschinen durch energiesparendere Varianten ersetzt. Der Abwasser-Zweckverband der Wehratalindustrie wurde schließlich nach fast 35 Jahren zum 31.12.2016 aufgelöst, und in den neuen Eigenbetrieb Abwasser überführt.