Gleich dreimal Blaulicht ist am Freitagabend an der Ecke Seebodenstraße und Friedrichstraße aufgeflackert: Feuerwehr, DRK und Ordnungsamt probten gemeinsam den Ernstfall.

Das Probeszenario – ein Autounfall mit zwei schwer beschädigten Fahrzeugen und mehreren teils schwer verletzten und eingeklemmten Personen – ist gleichzeitig ein Zeichen für den langfristigen Aufgabenwandel der Freiwilligen Feuerwehr: Wurde früher mehr gelöscht, geht es heute mehr hin zu technischer Hilfe.

Bei Unfällen mit eingeklemmten Opfern kommen der hydraulische Spreizer und die Rettungsschere zum Einsatz. Für dem Umgang mit dem ...
Bei Unfällen mit eingeklemmten Opfern kommen der hydraulische Spreizer und die Rettungsschere zum Einsatz. Für dem Umgang mit dem schweren Gerät werden die Feuerwehrleute extra ausgebildet. | Bild: Julia Becker

„Wir haben eine massive Zunahme an Einsätzen, allein 117 bereits in diesem Jahr“, sagte Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz kürzlich in einer Gemeinderatssitzung.

Immer mehr Einsätze seit 2015

Seit 2015 ist die Anzahl der Einsätze der Wehrer Feuerwehr stark angestiegen – von im Schnitt gut 70 Einsätzen im Jahr im Zeitraum von 2011 bis 2016 auf durchschnittlich rund 140 Einsätze in den vergangenen sechs Jahren. In jüngster Zeit müsse die Feuerwehr fast täglich ausrücken – auf der anderen Seite habe in den vergangenen Jahren der wichtige Ausgleich in Form von geselligen Treffen und gemeinsamen Übungen gefehlt.

Das Unfallauto musste abgestützt werden, da angenommen wurde, dass sich im Fahrzeug eine Person mit Wirbelverletzung befand. Mit der ...
Das Unfallauto musste abgestützt werden, da angenommen wurde, dass sich im Fahrzeug eine Person mit Wirbelverletzung befand. Mit der Rettungsschere trennten die Feuerwehrleute das Dach ab und retteten das angenommene Unfallopfer mit dem DRK. | Bild: Julia Becker

Gelöscht wurde bei den Einsätzen nur selten – wie etwa bei den Großbränden in St. Blasien und Schopfheim oder auch beim Brand einer Gartenhütte in Brennet oder einem Flächenbrand auf dem Dinkelberg im Sommer.

Vom Igel im Kanalrohr bis hin zu Wasserrohrbrüchen, umgestürzten Bäumen und Unterstützung bei Autounfällen wird die Feuerwehr oft für technische Hilfe angefordert. Jeder Einsatz müsse zudem nachgearbeitet werden, erklärt Kommandant Nico Bibbo – im Büro ebenso wie beim Wiederherstellen der Einsatzfähigkeit der Ausrüstung.

In den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr befinden sich nicht nur Schläuche, sondern auch Hilfsmittel für verschiedenste technische Aufgaben.
In den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr befinden sich nicht nur Schläuche, sondern auch Hilfsmittel für verschiedenste technische Aufgaben. | Bild: Julia Becker

„Diese Entwicklung macht nachdenklich“, sagte Bürgermeister Michael Thater im Gemeinderat. „Die Frage ist, wie weit überstrapaziert beziehungsweise missbraucht man damit diesen Dienst?“ In der Tat gebe es viele Schwierigkeiten, stimmte Bibbo zu.

Es habe sich gesellschaftlich viel gewandelt. So gebe es mehr Patienten in Etagenwohnungen, unplanbare Ereignisse wie Hochwasser oder Waldbrände, dazu mehr Unfälle – und eine veränderte Anspruchshaltung den ehrenamtlichen Helfern gegenüber, so Bibbo.

An der gemeinsamen Übung waren 35 Feuerwehrleute, zehn Helfer des DRK und drei Mitarbeiter des Ordnungsamts beteiligt. Lob für die gute ...
An der gemeinsamen Übung waren 35 Feuerwehrleute, zehn Helfer des DRK und drei Mitarbeiter des Ordnungsamts beteiligt. Lob für die gute Zusammenarbeit gab es im Anschluss von Kommandant Nico Bibbo. | Bild: Julia Becker

„Es braucht mehr Eigenverantwortung“, lautete Bürgermeister Michael Thaters Schlussfolgerung. Einen Igel könne man auch selbst aus dem Abfluss befreien und bei zwei Zentimetern Wasser im Keller brauche es nicht die Feuerwehr, so der Bürgermeister. „Wir stellen alles in Rechnung“, erklärte dazu Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz.

Es gebe zudem einen Trend zur Professionalisierung, aber: „Die Feuerwehr ist der Prototyp des Ehrenamts, ohne geht es nicht“, befand Schmitz. Auch in Großstädten seien die Feuerwehren nur zum Teil hauptberuflich aufgestellt.

Eine Idee sei das Einbinden von Bundesfreiwilligendienstlern, wie es bereits in Bad Säckingen praktiziert werde. „Das Ehrenamt hat seine Grenzen. Unsere Feuerwehr ist grandios und hoch motiviert – aber man darf den Bogen nicht überspannen“, lautete das Resümee von Bürgermeister Michael Thater.

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