Anfang Juli hatte der Gemeinderat Wehr entgegen des Vorschlags der Stadtverwaltung die Zuschüttung des Gewerbekanal beschlossen, um dort eine Blühwiese anzulegen. Allerdings geht das offenbar nicht so ohne weiteres. Denn: Der Gewerbekanal, erstmals im Zusammenhang mit dem Eisenwerk im Jahr 1494 urkundlich erwähnt, steht unter Denkmalschutz. Julia Fohmann-Gerber vom Landratsamt Waldshut bestätigt dies.
Bevor der Kanal zugeschüttet werden könne, müsse zunächst eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung vom Landratsamt erteilt werden, so die Pressesprecherin. Die Stadt Wehr müsse diese Genehmigung bei der Unteren Denkmalschutzbehörde am Landratsamt beantragen.
Stadt hat Genehmigung für Zuschüttung bereits beantragt
Für Wehrs Bürgermeister Michael Thater ist dies jedoch keine Überraschung. Er sei für ihn von vorneherein klar gewesen, dass die Zuschüttung des Kanalteilstücks beim Alten Schloss nicht ohne Genehmigung erfolgen dürfe. Die Stadt habe deshalb den entsprechenden Antrag bei der Unteren Denkmalschutzbehörde bereits gestellt, sagt er.
Thater geht davon aus, dass es vom Landratsamt grünes Licht gebe und die Stadt den Gewerbekanal dann zuschütten könne – „so wie es der Gemeinderat entschieden hat“, fügte der Bürgermeister hinzu, der mit dem Beschluss des Gremiums nicht ganz glücklich ist. In der Sitzung Anfang Juli hatte die Stadtverwaltung dem Gemeinderat nämlich vorgeschlagen, das betreffende Teilstück des Kanals nicht zuzuschütten, sondern zu renaturieren.

Bürgermeister Thater hätte das historische Kanal-Teilstück lieber renaturiert
Mit der Renaturierung des kleinen Teilabschnitts als Biotop mit Pflanzen und geschwungenem Bachlauf wollte die Stadt neuen ökologischen Lebensraum schaffen. Thater. „Unser Vorschlag lautete, ein Teilstück von 50 Metern zu erhalten, um so ein historisches Zeitzeugnis der Stadt zu bewahren.“

Das hätte laut Thater um die 95.000 Euro gekostet, was aber der Mehrheit im Gemeinderat zu teuer gewesen sei. Deshalb werde der Willen des Rates nun umgesetzt. Thater geht davon aus, dass der städtische Antrag vom Landratsamt auch unkompliziert genehmigt wird.
Pragmatische Lösung in Sicht
Eine Einschätzung, die Julia Fohmann-Gerber vom Landratsamt teilt. Sie ist ebenfalls zuversichtlich. Die Untere Denkmalschutzbehörde werde nun gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege den Antrag der Stadt prüfen und entscheiden, ob die Zuschüttung des Kanals denkmalschutzrechtlich möglich ist.
„Mit der Stadt Wehr stehen wir in gutem Austausch und sind zuversichtlich, dass eine pragmatische Lösung gefunden werden kann,“ so die Pressesprecherin.
Brennet-Chef Stephan Denk schreibt ironischen Brief zum Thema Denkmalschutz
Vor dem Hintergrund der Diskussion um Gewerbekanal und Denkmalschutz machte dieser Tag auch Brennet-Chef Stephan Denk mit einer eher ironischen Wortmeldung auf sich aufmerksam. In einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Thater forderte er den Rathauschef scherzhaft auf, das neue Ärztehaus abzureißen. Der Grund: Es stehe direkt auf einem denkmalgeschützten Kanalteilstück, das erhaltenswert sei.
Denk schreibt wörtlich: „Guten Tag Herr Bürgermeister Thater, Sie erinnern sich sicher, dass das Gasthaus zum Kreuz in Brennet nach 150 Jahren im Jahre 2008 unter Denkmalschutz gestellt wurde, nachdem Nachtlokal, Spielkasino und Freudenhaus von dannen gezogen waren.“ SÜDKURIER-Leser erinnern sich, dass Denk das Gebäude 2023 dennoch abreißen ließ. Nun sollen ihn 150.000 Euro Bußgeld daran erinnern, dass dieses Gebäude ursprünglich ein Fall für den Denkmalschutz war. „Aus diesem Grunde“, so spottet Denk weiter „bleibt mir jetzt beim Gewerbekanal nichts anderes übrig, als Sie hiermit aufzufordern, das Ärztehaus auf unserem Grundstück in Wehr unverzüglich abzureißen, da der Gewerbekanal, der darunter lief und teilweise auch noch Bestand hat, bereits unter Denkmalschutz stand, als Ihr Ärztehaus errichtet wurde“ – nach dem Motto: Der eine reißt Denkmalgeschütztes unerlaubt ab, der andere überbaut es.