In den ersten drei Jahrzehnten seit der Erhebung zur Stadt hatte Wehr ein beeindruckendes wirtschaftliches Wachstum erlebt. Mit der Fusion von Ciba und Geigy Anfang der 70er-Jahre war das Chemie-Unternehmen größter Arbeitgeber der Stadt geworden und sorgte mit seiner Gewerbesteuer für einen stets gut gefüllten Stadtsäckel.
„Die Stadt Wehr war viele Jahre von der Industrie geprägt“, erinnert sich Klaus Marksteiner, viele Jahre CDU-Gemeinderat. Neben der Ciba-Geigy waren es vor allem die Betriebe der Textilindustrie, die Arbeitsplätze boten: Neben Brennet und der Teppichfabrik Wehra AG im Ortszentrum gab es im Norden die Irisette (früher „Zell-Schönau“), oder die Dreiländereck im Süden. Nachholbedarf hatte die Stadt hingegen beim Bauland: „Die Stadt hatte natürlich die Hoffnung auf weiteres Wachstum und brauchte deshalb neue Wohngebiete„, so Marksteiner.
Im Gegensatz zu heute war Wehr in den 80er-Jahren Einpendler-Stadt: Von auswärts kamen mehr Menschen zum Arbeiten nach Wehr als umgekehrt. Oder anders formuliert: Im Verhältnis zur hohen Zahl an Arbeitsplätzen gab es zu wenig Wohnraum in der Stadt. Schon in den 70er-Jahren begann die Stadt deshalb mit der Planung neuer Wohngebiete, um auch die Bevölkerung wachsen zu lassen. Mit dem Meierhof entstand am östlichen Ortsrand ein kleiner Satelliten-Ortsteil, der im Laufe der Jahre immer weiter wachsen sollte. Stadtplaner Hermfried Richter wollte hier sogar einige Hochhäuser errichten, um der großen Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden. Eine Idee, die sich – aus heutiger Sicht: glücklicherweise – nicht durchsetzte. Der Meierhof blieb ein reines Wohngebiet, ohne jede Nahversorgung, Kindergärten oder andere städtische Einrichtungen.


Anders die Planung für das zweite große Baugebiet der 80er-Jahre, das im Wehrer Norden entstand: Der Seeboden, westlich der Zelg gelegen. Zelg- und Realschule waren hier schon wichtige Einrichtungen vorhanden. Weitere sollten folgen: Parallel zur Wohnbebauung baute die Stadt im Jahr 1983 ihre neue Sporthalle. Fast acht Millionen D-Mark ließ sich die Stadt die von Schulen und Vereinen lange ersehnte Seebodenhalle. 1,6 Millionen Mark davon kamen als Zuschuss vom Land. Bis zur Eröffnung gab es in der Kernstadt nur die kleinen Sporthallen an der Tal- und an der Zelgschule aus den 60er-Jahren. Weil diese nicht genormt waren, konnten hier auch keine Sportwettkämpfe ausgetragen werden. Das war in der Seebodenhalle anders: Schon am Eröffnungswochenende im Mai 1983 fand hier mit großem Publikum ein Gauturnfest statt.
Schon wenige Monate später, im September 1983, folgte die Einweihung der nächsten städtischen Großinvestition: Der Kindergarten Seeboden, der Anfang 2020 Opfer der Flammen wurde, kostete die Stadt 1,5 Millionen D-Mark. Wie notwendig der vom Architekten Karl Scherble geplante Bau war, zeigte sich am Eröffnungstag: Die 75 Kindergartenplätze waren sofort belegt.

Die neuen Baugebiete machten sich in der Bevölkerungsstatistik deutlich bemerkbar: In der Dekade zwischen 1980 und 1990 wuchs die Zahl der Einwohner um über 1000 auf 12.500 an. Eine solch starke Bevölkerungszunahme gab es seitdem in Wehr nicht mehr.
Ihre Bilder: Wir suchen Ihre Bilder und Geschichten aus den 80er-Jahren. Wie sah das Leben in den Dörfern und Städten damals aus? Schicken Sie uns Ihre Erinnerungsschätze und Fotos und wir begeben uns für Sie auf Spurensuche.
SÜDKURIER Medienhaus,
Lokalredaktion Bad Säckingen, Hauensteinstraße 60, 79713 Bad Säckingen, Telefon 07761/56 04 51 42,