Wehr – Gelb-schwarze Absperrbänder mit der Aufschrift „Crime Scene – Do not cross“ ziehen sich über die Bücherregale und die Theke in der Mediathek. Bei der ausverkauften Kriminacht war der Tatort für die beiden Autoren abgesperrt. Zwei prämierte Krimischriftsteller waren zum 25-jährigen Bestehen der Mediathek angetreten: der Basler Raphael Zehnder, der für einen seiner „Müller“-Krimis den Zürcher Krimipreis erhielt, und der Stuttgarter Wolfgang Schorlau, der für seine „Dengler“-Fälle den Stuttgarter und Deutschen Krimipreis abräumte. Sie hatten ihre aktuellen Kriminalromane dabei und teilten sich den Abend auf.
Zuerst war Zehnder an der Reihe mit seinem zehnten und mutmaßlich letzten Fall „Müller und das letzte Gefecht“. Es wurde eine sehr lebendige, in Teilen szenische Lesung. Der Autor bewegte sich gestisch mit seinen Figuren, vor allem mit dem Kriminalkommissär Müller, der bei einem Mord vor einem Rätsel steht, und spielte fast schon die Szenen nach. Der Krimi ist im nahen Basel angesiedelt, wo morgens 6.30 Uhr ein erfrorener Toter am Stadtrand von einem Jogger gefunden wird. Zu viel verraten will der Autor seinem Publikum nicht, nur dass es sich um einen Ex-Banker mit Alkoholproblemen handelt.
Ansonsten erfahren die Krimifans viele Details, etwa über das Obdachlosenmilieu am Bahnhof SBB oder aus der Polizeiarbeit und Ermittlungstechnik, sowie den Hergang der Tat. Es geht auch um einen Junkie und „Bullen, die Kaffee anbieten“ – die Polizei, eine Wohlfühltruppe? Ein bisschen bizarr wie dieser ganze Krimi, denn Zehnder hat literarisch einen sehr eigenen Stil. „Müller darf nicht sterben“, verriet der Autor über das besondere Profil seines Ermittlers, das wäre, wie wenn ein Bruder stürbe: „Müller macht Pause“.
In „Black Forest“ erzählt Wolfgang Schorlau dann zum ersten Mal einen Roman um seinen Privatermittler Georg Dengler in der ersten Person, der Ich-Form. Das ist ein besonderer literarischer Trick, den er da anwendet. Der zweite Trick: Er lässt Denglers Mutter, die im Schwarzwald auf dem Dengler-Hof in Altglashütten lebt, in kernigem alemannischem Dialekt sprechen. Der Autor hat zwar selbst lange in Freiburg gelebt, aber diese Dialogpassagen der Mutter würde er sich nur trauen, in Hamburg zu lesen, nicht aber in Wehr, da hätte er Hemmungen. Und so übernahm diesen Part Buchhändlerin Gabriele Volk, die mit Kittelschürze und Perücke aussah, als würde sie gerade vom Zunftabend kommen. Nicht nur, dass Schorlau die Erzählperspektive geändert hat, tut seinen Hauptfiguren gut, auch das Alemannische macht diesen Schwarzwald-Regiokrimi authentisch.
Natürlich muss es in seinem Krimi um Windräder auf dem Feldberg gehen, auch um den örtlichen Widerstand dagegen. Außerdem um Brägele, das Lieblingsessen von Georg Dengler, ein typisches Arme-Leute-Essen, das schon lange von der Sterneküche entdeckt wurde, und um einen Mord in einer Felsenspalte des Feldbergs. Der Autor verriet, dass es gar nicht so leicht sei, einen Mord am Feldberg zu begehen. Ein Ranger habe ihm dann eine „schöne Stelle“ dafür gezeigt. Auch dass in der Nacht hier der Wolf kommen könnte, passte: zwei tolle Ingredienzen für einen Krimi. Am unterhaltsamsten waren die Tischgespräche zwischen Georg Dengler und seiner Mutter, so richtig urig aus dem Schwarzwälder Bauernleben gegriffen.