Im Jahr 1992 feierte Wehr einen ganz großen Geburtstag: zum 900-jährigen Stadtjubiläum wurde ein ganzes Jahr gemeinsam gefeiert. „Die ganze Stadt war auf den Beinen“, erinnert sich der damalige Kulturamtsleiter Reinhard Valenta.

Um das große Jubiläum angemessen zu feiern habe man schon Jahre vorher mit der Planung begonnen, so Günter Kramer.
Zusammen mit Heiner Vogt vom Hauptamt war Kramer als Kulturamtsmitarbeiter für die Organisation der Aktivitäten zuständig.

Es wurde ein Festkomitee eingesetzt und der Gemeinderat bewilligte stattliche 80.000 Mark für die Feierlichkeiten – von Vorträgen zur Stadtgeschichte über den Festumzug und ein Theaterstück bis zu einer gemeinsamen Party im Festzelt wurde richtig groß gefeiert. „Das war eine festliche Stimmung, wie ich sie noch nie erlebt habe“, so der damalige Bürgermeister Klaus Denzinger.
Parade durch die Innenstadt
„Viele Vereine waren gleich Feuer und Flame mitzumachen“, erinnert sich Denzinger. Mit viel Liebe zum Detail stellten die Wehrer Vereine 17 historische Wegpunkte aus der Geschichte ihrer Heimatstadt nach – von der Römerzeit bis hin zur Stadterhebung 1950.

Am Sonntag, 28. Juni, war es dann soweit: Dichtgedrängt standen Wehrer wie Besucher entlang der Hauptstraße als die Festwagen, Reitergruppen und insgesamt über 200 Mitwirkenden durch die Innenstadt Richtung Rathaus zogen. „Die Stadt war voll bei dem Umzug. Das war ein Event, ein großes Ereignis!“ so Günter Kramer.
Für die zahlreichen Ehrengäste gab es sogar eine eigene Tribüne auf dem Talschulplatz. Nach dem Umzug wurde gemeinsamen in Stadthalle und Ludingarten gefeiert.
Bunter Bilderbogen auf der Bühne
Der Festumzug war aber nicht der einzige Höhepunkt im Jubiläumsjahr. Rund 80 Laiendarsteller präsentierten die Geschichte Wehrs in acht Akten. „Es gab eine große Bereitschaft mitzumachen“, erinnert sich Günter Kramer. Das Stück hatte der Koblenzer Theaterregisseur Fritz Bockius eigens für diesen Anlass geschrieben.

Bei der Ausstattung kamen der Stadt die guten Verbindungen zum Basler Thater zu Gute: Ohne Leihgebühren wurden die Darsteller mit aufwendigen Kostümen ausstaffiert. Das Bühnenbild in Form eines riesigen Buches wurde von einem Kulissenmaler gestaltet – für jeden Akt gab es eine neue Seite.
Sogar ein eigenes Wehrer Lied wurde von Gerhard Jung für das Jubiläum geschrieben und beim historischen Theaterabend angestimmt: „Schenk allene e gueti Zit in eusem Städtli Wehr!“
Ein Festjahr mit Nachwirkung
Das Jubiläum habe in vieler Hinsicht nachgewirkt: „Es gab ein ganz neues Interesse an der Stadtgeschichte“, freut sich Valenta. Der erste Wehrer Bildband erschien im Jubiläumsjahr und war genauso wie die Festschrift innerhalb kurzer Zeit verkauft. „Das war auch der Beginn der Wehrer Geschichtsarbeit, eine Initalzündung, die neuen Schwung brachte“.

Und so entstanden historische Artikel für die Broschüre zum Jubiläumsjahr, später dann auch Bücher zu verschiedenen stadtgeschichtlichen Themen. „Es hat die eigene Geschichte näher gebracht und es hat sich ein neuer Bürgerstolz entwickelt“, so auch Denzinger.

Das habe auch nach außen gewirkt, so der Altbürgermeister: „Es gab eine Aufbruchstimmung, die ihres gleich suchte. Wehr wurde ganz anders wahrgenommen.“ Die gelungenen Feierlichkeiten hätte Wehr auch für weitere Veranstaltungen in der kommenden Zeit interessant gemacht.