„Die erste Generation pflanzt den Wald, die zweite pflegt ihn und die dritte erntet“, lautet ein Sprichwort. Wenn alles in geregelten Bahnen verläuft, hat diese Lebensweisheit seine Gültigkeit.

Christian Kiefer aus Rippolingen gehört zur dritten Generation. In seinem schlagbaren Baumbestand hat Orkan Lothar am Stephanstag, 26. Dezember 1999, den Erfolg jahrzehntelanger Pflege in wenigen Sekunden vernichtet.

Bis zu dem Zweiten Weihnachtstag war für Christian Kiefer aus Rippolingen die Welt noch in Ordnung. Er gehörte mit zehn Hektar Wald auf der Gemarkung Willaringen-Jungholz, Gewann „Baslerwald“ zu den größeren Privatwaldbesitzern.

1999: Über mangelndes Brennholz brauchte sich Christian Kiefer nicht zu beklagen. Der Sturm Lothar hat dafür gesorgt.
1999: Über mangelndes Brennholz brauchte sich Christian Kiefer nicht zu beklagen. Der Sturm Lothar hat dafür gesorgt. | Bild: Archiv Christian Kiefer

Seit Generationen befand sich die Waldfläche mit einem erntereifen Fichtenbestand in Familienbesitz. Ob als Altersversorgung für sich selbst und seiner Familie, oder für die nachfolgende Generation, für Christian Kiefer hatte der Wald neben dem finanziellen auch einen ideellen Wert. Der naturverbundene und engagierte Waldbesitzer, besuchte Fortbildungen und bewirtschaftete seinen Wald nach anerkannten forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Maschinentechnisch war er auf dem neusten Stand.

1999: Ein trostloser Anblick: der Wald nach dem Sturm. Das Bild zeigt eine belgische Forstfirma beim Aufarbeiten des Sturmholzes.
1999: Ein trostloser Anblick: der Wald nach dem Sturm. Das Bild zeigt eine belgische Forstfirma beim Aufarbeiten des Sturmholzes. | Bild: Archiv
2022: Der wieder aufgeforstete Wald heute.
2022: Der wieder aufgeforstete Wald heute. | Bild: Hans-Walter Mark

Doch am 26. Dezember veränderte der mächtige Sturm Lothar seinen Lebensentwurf schlagartig. Mit voller Wucht, fegte er von Öflingen herkommend über seinen Wald und zerstörte in Sekunden seinen gesamten wertvollen Waldbesitz. Als Mitglied der Feuerwehrabteilung Rippolingen war Christian Kiefer an diesem Tag im Einsatz, um sturmgeschädigten Mitmenschen zu helfen oder Bäume von den Straßen zu entfernen, damit diese wieder befahrbar waren. Noch wusste er nicht, welch großen Schaden die Gewalt des Sturmes in seinem 100.000 Quadratmeter großen Waldareal angerichtet hat.

„Ich war den Tränen nahe und am Boden zerstört, als ich sah, dass mit Ausnahme weniger Bäume, der gesamte Baumbestand kreuz und quer im Wald am Boden lag. Meterhoch lagen die Bäume wie Mikadostäbe übereinander, als ob eine Bombe eingeschlagen hat. Das gesamte Ausmaß des Schadens konnte ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht erfassen“, schildert Kiefer seinen ersten Eindruck und sein Entsetzen, als er nach dem Sturm den Wald besichtigte.

Das gesamte Bild der Verwüstung, das der Orkan in seinem Wald angerichtet hat, wurde erst nach und nach deutlich, als die Waldwege wieder passierbar waren. Zirka siebzig Prozent des Baumbestandes war zerstört, das bedeutet 3500 Festmeter Holz lagen am Boden. „Der Schock, insbesondere der finanzielle Verlust, saß tief. Diese Katastrophe musste ich erst einmal verarbeiten“, gibt Kiefer seinen damaligen Gemütszustand wieder.

1999:Das Nasslager in Hottingen schützte das Holz vor Qualitätsverlust.
1999:Das Nasslager in Hottingen schützte das Holz vor Qualitätsverlust. | Bild: Archiv

Da das Sturmholz aufgrund sofort eintretenden Qualitätsverlustes schnell aufgearbeitet werden musste, wendete er sich an den damals zuständigen Revierförster Werner Gebhardt. Eine Forstfirma aus Belgien kaufte das Holz ab Stock. Bevor die Forstleute mit der Arbeit beginnen konnten, mussten zuerst die Wege für die Forstmaschinen angelegt werden. Welchen finanziellen Verlust Christian Kiefer verloren hatte, wird deutlich, dass Kiefer pro Festmeter Stammholz symbolisch eine DM ausbezahlt bekam. Der wirtschaftliche Schaden war immens. Er bewegte sich im sechsstelligen Bereich. Die Einnahmen reichten nicht aus, die Aufforstungsmaßnahmen zu finanzieren.

Dem Sturmschaden folgte der Borkenkäfer

Was Christian Kiefer nach dem Wirken der Vollerntemaschinen bleibt, ist ein Waldgebiet voll mit Ästen, Baumwipfeln und entwurzelten Baumstümpfen. Doch damit nicht genug. Die noch stehenden Bäume fallen in den nächsten Jahren teilweise dem Borkenkäfer zum Opfer. Bei der Wiederaufforstung achtete Kiefer auf einen zukunftsfähigen und strapazierfähigen Mischwald, auch im Hinblick auf die Klimaerwärmung. Bei der Wiederbegründung vertraute er teilweise auf den Naturwuchs. Wildverbiss, drohende Dornen und überwuchernde Büsche, nahmen den heranwachsenden jungen Bäumen das Licht und waren Nährstoffkonkurrenten. Gerade in den ersten Jahren musste Christian Kiefer und seine Familie viel Zeit für die Pflegemaßnahmen aufbringen.

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