Zum zweiten Mal wird der Gemeinderat sich für die Gemeinderatssitzung am heutigen Dienstag, 5. Mai, von zu Hause beraten. Die nächste Sitzung am 26. Mai soll dann in der Stadthalle abgehalten werden, so Bürgermeister Michael Thater.
Die Gemeinderäte bewerten das Umlaufverfahren mehrheitlich positiv, allein die FDP-Fraktion protestierte in der vergangenen Woche deutlich gegen das Verfahren und für eine Sitzung in der Stadthalle, die genug Platz für die Abstandsregeln bietet.
Kommunalpolitik per E-Mail
„Aus Vorbildgründen wird der Gemeinderat am 5. Mai nochmals digital tagen“, so Bürgermeister Michael Thater auf Anfrage. „Am 26. Mai wollen wir in jeden Fall öffentlich in der Stadthalle tagen – mit Abstand“, so Thater. In der Klausursitzung am 14. März hatte der Gemeinderat einstimmig entschieden, die nächsten beiden Sitzungen am 7. April und 5. Mai im elektronischen Umlaufverfahren durchzuführen.
Hierfür erhalten alle Gemeinderäte die Sitzungsunterlagen zwei Wochen vor dem Sitzungstermin per E-Mail zugestellt. Es können Rückfragen untereinander und auch an die Verwaltung gestellt werden. Bei Abstimmungen muss das Ergebnis am Sitzungstag bis 18 Uhr vorliegen.
Die Diskussion per E-Mail bei der jüngsten Sitzung sei aus Sicht von Bürgermeister Michael Thater sehr angeregt gewesen, „fast wie öffentlich“.
Das sagen die Gemeinderäte
- Karin Gallmann (SPD): „Ich fand das Umlaufverfahren vollkommen in Ordnung und angemessen in diese Situation“, so die Stadträtin. „Jeder konnte fragen stellen und hat per E-Mail oder Telefon sofort Antwort von der Stadtverwaltung bekommen.“ Auch seine alle Stellungnahmen im Sitzungsprotokoll hinterlegt worden, E-Mails seien an alle Gemeinderäte weitergeleitet worden. Die Bevölkerung werde über die Sitzung durch die Protokolle und die Presse informiert: „Sonst interessiert sich ja auch keiner vor Ort für die Sitzung, außer man ist persönlich betroffen.“ Die Sicherheit geh vor, das vorsichtige Handeln des Bürgermeisters begrüßt sie Stadträtin darum sehr. Die Kritik von Hans-Peter Zimmermann hingegen könne sie darum nicht nachvollziehen: „Das war anders abgemacht.“
- Claudia Arnold (Grüne): „Aus meiner Sicht hat das Umlaufverfahren gut funktioniert“, so Arnold. Der Austausch habe Diskussionscharakter gehabt, es habe gute E-Mails gegeben, in denen die Stadträte ihre Argumente dargelegt hätten. „In Wehr hatten wir relativ viele Todesfälle und Erkrankungen. Da gilt es größtmögliche Vorsicht walten zu lassen“, so Arnold. Gerade als Gemeinderat sei es wichtig, keine Ausnahme zu machen und ein Vorbild zu sein. Das Umlaufverfahren sei aufwendig gewesen und mehr Arbeit, „aber das bringt dieses Amt eben mit sich“, so die langjährige Stadträtin. Die Kritik von Hans-Peter Zimmermann habe sie überrascht, schließlich sei die Abstimmung einstimmig gewesen. Auch die Form der Kritik verwunderte: Es habe keine Diskussion gegeben, auch sei kein Antrag gestellt worden.
- Christoph Schmidt (FW): „Wir Freien Wähler sehen die Sinnhaftigkeit dieser Einschränkungen“, so Christoph Schmidt. Der Gemeinderate habe eine Vorbildfunktion. Für eine begrenzte Zeit sei es vertretbar, die Aufgaben im Umlaufverfahren wahrzunehmen. Diskussionen und Austausch seinen weiterhin möglich, denn man bekomme die Stellungnahmen der anderen Fraktionen per E-Mail und könne sich weiterhin austauschen. Einen Punkt hebt Schmidt besonders hervor: „Man kann sein Votum auch nach dem Austausch untereinander noch bis am Dienstag um 18 Uhr ändern – das finde ich gut.“
- Stefan Tussing (CDU): „Wir haben das Umlaufverfahren in der Klausursitzung beschlossen, und es hat meiner Meinung nach gut funktioniert“, so Stefan Tussing. Der Gemeinderat habe ein hohes Durchschnittsalter, da habe man kein Risiko eingehen wollen. Jeder habe seine Meinung sagen können und die Diskussion sei zwar eingeschränkt, aber möglich gewesen. Das Hans-Peter Zimmermann nun sofort eine Änderung verlange, könne er nicht nachvollziehen: „Ich sehe da keinen Bedarf, das jetzt sofort zu machen und es ist zeitlich auch gar nicht mehr machbar.“
- Hans-Peter Zimmermann (FDP): „Die Einschränkungen der Informations- und Entscheidungshoheit des Gemeinderates müssen sofort beendet werden“, so Hans-Peter Zimmermann für die FDP-Fraktion. Kurz vor der nächsten Gemeinderatssitzung verlangt der Stadtrat im Namen seiner Fraktion nun, dass bereits die nächste Sitzung in der Stadthalle abgehalten werde. Das er selber noch im März dafür gestimmt hat, die nächsten beiden Sitzungen im Umlaufverfahren durchzuführen, kommentiert der Stadtrat: „Das war vor sechs Wochen, jetzt ist eine andere Situation.“ Die Diskussion per E-Mail laufe nicht richtig, Zimmermann befürchtet auch Missverständnisse durch die Schriftform. Der Gemeinderat sei auf diese Weise nicht entscheidungsfähig, denn die Entscheidung liege nun beim Bürgermeister. Er sorge sich um die Einschränkung der Freiheitsrechte und zweifele daran, dass die Sitzung Ende Mai tatsächlich in der Stadthalle stattfindet: „Das ist ja noch nicht beschlossen.“ Sicherheitsbedenken hat Zimmermann wenige: „Noch ist nicht klar, ob überhaupt jemand in Wehr an dem Virus gestorben ist und ob wir mehr Sterbefälle haben als letztes Jahr.“