Gehölz raus und Material rein: In der gesperrten Marienschlucht geht es jetzt richtig zur Sache. Die Vorarbeiten für die neue Treppen- und Steganlage laufen auf Hochtouren. Am Dienstag war dazu auch ein Hubschrauber im Einsatz – nur der Nebel direkt über der Schlucht sorgte für stundenlange Verzögerungen beim Start. Ohne den Lufttransport wären einige Arbeiten nicht oder zumindest nicht schonend für die Vegetation möglich.
Pilot Udo Ramm sah sich auch extra alles vor Ort genau an, um zu wissen, wie er manövrieren muss, damit alles klappt und niemand verletzt wird.

Zwei Zeitfenster in zwei Jahren
Das Material, das in die Schlucht eingeflogen wird, ist für die Bohrungen in den Felsen. Dort braucht es an zahlreichen Stellen Verankerungen für die Steganlage. Bis Ende November sollen diese fertig werden. Die eigentliche Steganlage komme dann im Sommer 2023, sobald die Brutzeit des geschützten Wanderfalkens vorbei ist, erklärt Christian Seng vom Planungsbüro 360 Grad in Überlingen, der die ökologische Baubegleitung inne hat.
Jan Steiert von der Firma Hochleitner aus Bodman erklärt vor Ort, es habe bereits zwei Wochen lang Schnitt- und Fällarbeiten gegeben. Die alte, morsche Treppenanlage befinde sich momentan noch in der Schlucht und werde vorsichtig für die Arbeiten genutzt. Aber sie müsse irgendwann raus.

Naturschutz ist wichtiger Aspekt bei den Arbeiten
Architekt und Stadtplaner Thomas Hirthe betont, wie empfindlich das Terrain der Marienschlucht in Bezug auf den Naturschutz sei. Es sei nur zwischen Oktober und Jahresende möglich, dort Baumaßnahmen umzusetzen. Deshalb reiche ein Zeitfenster für Vorbereitungen und Stegbau nicht, sondern müsse auf zwei Jahre verteilt werden.
„Wir haben ein Konzept entwickelt, das so wenig wie möglich in Felsen und Natur eingreift“, schildert er bei einer Begehung mit dem SÜDKURIER, die an einer Absperrung endet, wo weitergehen zu gefährlich wäre. Deshalb solle das Gestrüpp auch so schonend wie möglich abtransportiert werden, um Flurschäden zu vermeiden.
Christian Seng betont, die Gehölze seien nicht gerodet, sondern auf den Stock gesetzt worden. Dies bedeute, dass der Rückschnitt zehn bis 15 Zentimeter oberhalb des Geländes erfolge. „Das Wurzelwerk bleibt weiterhin in Takt und sichert die Humusauflage auf dem Fels vor Rutschungen“, so Seng. „Die Gehölze werden in nächsten Frühjahr wieder ausschlagen und weiter wachsen.“
Rund 180 Felsanker werden gesetzt
Die Bohrpunkte für die Felsanker der Steganlage seien genau geplant worden. Auf rund 35 Achsen sollen laut Hirthe im Rahmen dieser Gründungsmaßnahmen bis Ende November jeweils fünf Felsanker gesetzt werden – also insgesamt rund 180. Diese Felsanker seien rund sechs Meter lang, ergänzt Christian Seng.

Ein Mitarbeiter der Spezialfirma schilderte auf Nachfrage, dass erst die Löcher gebohrt würden, dann kämen die Felsanker hinein und schließlich würden sie mit Emulsionsbeton darin fixiert werden. An diesen Ankern werde später die Ankerplatte befestigt und an dieser Wiederrum die Steganlage.
Hubschrauber kommt mehrfach zum Einsatz
Zum Hubschraubereinsatz erklärt Seng, dieser werde maßvoll eingesetzt. Die ökologischen Störungen sollen so gering wie möglich gehalten werden. Zudem seien solche Einsätze teuer. Es seien extra Bienenstöcke weggebracht worden und der Hubschrauber müsse die Pferdekoppel meiden.

Nach dem Abtransport von Holz und Reintransport von Material werde der Hubschrauber erst wieder Ende November genutzt, wenn die Geräte, die zwischenzeitlich zum Einsatz kommen, wieder weggebracht werden. Im kommenden Jahr wird der Hubschrauber die vorproduzierten Teile der Steg- und Treppenanlage einfliegen. Thomas Hirthe erläutert, einzelne Stücke könnten maximal acht bis zehn Meter lang sein.

Bohrungen, Vermessungen und Plananpassung
Bei den Bohrungen in den kommenden Wochen, die eine Spezialfirma aus der Schweiz macht, würden die Arbeiter an einem Seil gesichert aus der Hand bohren, so Seng und Hirthe.
Die Bohrungen müssen zuvor eingemessen werden. Zudem stehe anschließend eine weitere Messung an, nachdem die Felsanker gesetzt sind. Auf Basis dieser Messung würden dann die Stege vorgefertigt, die im kommenden Spätsommer eingeflogen und verbaut werden, schildert Seng. Hirthe erläutert, die Planung der Steganlage werde nochmal zentimetergenau nach der zweiten Messung angepasst. „In genau einen Jahr wird sie montiert“, kündigt er an.
Schöne Aussicht und so viel Sicherheit wie möglich
Hirthe schildert zu der Anlage, die Erich-Pohl-Kanzel, die im Anfangsbereich der alten Treppen einen Ausblick biete, werde erneuert. Auf dem ersten Abschnitt nach unten werde die Treppe auf dem alten Fundament erneuert.
Ab einer scharfen Linkskurve beginnt dann in rund zehn Metern Höhe über dem tiefsten Punkt der Schlucht die neue Steg- und Treppenanlage. Diese schlängelt sich durch die Schlucht und bietet Ein- und Ausblicke. Ein Treppenturm am Fuß der Schlucht in der Nähe der Schiffsanlagestelle überbrückt die Höhe zum Boden.

Die Stege werden mit Abstand zu den Felsen installiert, damit loses Gestein zwischen Fels und Steg durchfallen könne. Dies hatte Bürgermeister Matthias Weckbach auch schon in seinen Präsentationen zur speziellen Stegkonstruktion erklärt.
Auch Maßnahmen am Mondfelsen
Aber nicht nur in der Schlucht ist viel im Gang. Im September gab es im Bereich des Mondfelsens bereits verschiedene Arbeiten. Dort wurden zum Beispiel die geplanten Neigungssensoren als Bestandteil eines Warnsystems vor Felssturzgefahren installiert. Im gleichen Zuge gab es dort auch eine Begutachtung für eine Durchforstung.