Viele Grundstücksbesetzer in Bodman-Ludwigshafen haben Sorgen und Ängste vor Mehrkosten, wenn die neue Grundsteuer kommt. Weil es nach der Bürgerversammlung erheblichen Redebedarf zu den Bodenrichtwerten und der Grundsteuer gegeben hatte, bot der vom Gemeinderat beauftragte Gutachterausschuss nun eine Informationsveranstaltung für die Einwohner an. Die Grundsteuer werde nicht von ihnen bestimmt, erklärte Klaus Gohl, Leiter des Gutachterausschusses. Der Ausschuss ermittelte die Bodenrichtwerte, die Gemeinde lege den Hebesatz fest und den Rest mache das Finanzamt.
Auch Hauptamtsleiter Stefan Burger, der die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses innehat, sowie die Professoren Marco Wölfe und Martin Ingold von der Universität Freiburg als externe Sachverständige sprachen an diesem Abend. Bürgermeister Matthias Weckbach fehlte krankheitsbedingt. Im Ratssaal sowie online nahmen viele Einwohner teil. Allerdings wurde aus Datenschutzgründen nur der Vortragsteil übertragen, nicht die Diskussion.
Einzelfälle sind möglich
Klaus Gohl betonte, die Bodenwerte seien in den vergangenen Jahren extrem gestiegen. „Wir haben versucht, Zonen so zu bilden, dass sie nicht zu klein oder zu groß sind. Die Mehrzahl der Grundstücke hat den ermittelten Bodenrichtwert. Eine Abweichung von plus/minus 30 Prozent ist gesetzlich zulässig. Diese Bandbreite können und müssen wir nutzen.“ Es sei durchaus möglich, dass ein Grundstück nicht den genannten Bodenrichtwert habe. Diesen Fall könne man in einer Einzelbegutachtung klären lassen.
Marco Wölfle erklärte, die Seegemeinde habe eine sehr feingliedrige Struktur mit vielen Spezial- und Sonderfällen. Aus ursprünglich 35 seien 146 Zonen geworden. Auf Basis von 104 Kauffällen zum Stichtag 1. Januar 2022 seien nach normierten Verfahren Werte abgeleitet worden. Zonen, zu denen keine Werte vorlagen, wurde statistisch gefüllt, sagte er.

Ziel war Werte niedrig zu halten
Klaus Gohl schilderte, extreme Einzelwerte seien als Ausreißer eingestuft worden, aber wenn solche Fälle mehrfach vorkamen, konnten sie nicht isoliert werden. Er bekräftigte: „Wir sind angetreten, die Werte so niedrig wie möglich zu halten. Darum haben wir die Gutachter gewechselt. Der Gemeinderat wird den Hebesatz ganz massiv nach unten anpassen müssen.“
Stefan Burger machte deutlich, man könne noch nicht sagen, wie hoch die Grundsteuer für jedes einzelne Objekt ausfallen werde. Ein Grundstück sei so viel wert, wie es an Ertrag kreiere, erklärte Martin Ingold. „Wir haben versucht, in den Zonen einzufangen, ob dort viel Wohnbebauung ist oder Gewerbe. Die alten Werte von 1964 passen nicht mehr. Es wird nicht gerechter, aber es ist die Meinung des Bundesverfassungsgerichts. Manch einer zahlt mehr als ein anderer, das ist politisch gewollt.“
Warum die Seegemeinde den eigenen Ausschuss hat
Eine Einwohnerin wollte wissen, ob es nicht besser gewesen wäre, sich einem gemeinsamen Gutachterausschuss anzuschließen, weil Statistik sich mit mehr Zahlen besser rechnen lasse. Klaus Gohl erklärte, von Stein am Rhein bis Hohenfels habe es proportional weniger Verkaufsfälle gegeben. „Deshalb hatten wir hier im Verhältnis wesentlich mehr Werte für die statistische Sicherheit. Entscheidend ist, wie die Richtlinie angewandt wurde. Kaum jemand hat sich so viel Mühe gegeben wie wir hier.“
Marco Wölfle sagte, man habe Nachbargemeinden betrachtet. Dort lägen die Werte teils stark auseinander. Sein Kollege ergänzte: „Die Menge der Daten macht die Auswertung nicht besser. Die Wertigkeit ist wichtig, viele Richtwertzonen aus vielen Kaufverträgen, um daraus einen Durchschnittswert zu ermitteln.“ Der Hebesatz werde so eingestellt, dass die Gemeinde am Ende nicht reicher werde. Nachbargemeinden hätten dann eben einen höheren Hebesatz.
Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer
Johannes Baron von Bodman fragte, ob man wirklich versucht habe, die Bodenrichtwerte so gering wie möglich zu halten? Es gebe große Auswirkungen auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Dazu hatte auch Gemeinderätin Petra Haberstroh (Freie Wähler) Fragen. Klaus Gohl betonte, 2018 habe man deutlich höhere Werte gehabt. Das hätten viele nur nicht beachtet.
Daraufhin warnte Architekt Tobias Jaklin eindringlich: „Überteuerte Preise sind toxisch für die Ortsentwicklung. Menschen müssen vererben. Es gibt eine gewachsene Dorfstruktur, die von der Bindung an die Parzelle lebt, eine Identifikation mit dem Ort, Engagement in Vereinen – das hängt alles zusammen. Wenn da Fehler gemacht werden, sitzen da in 20 Jahren nicht mehr die Familien wie heute. Prüfen Sie, ob die Grundstücke niedrig genug eingestuft worden sind.“
Ausschuss lehnt sich über den Rand
„Genau das haben wir gemacht. Nichts anderes“, erwiderte Klaus Gohl und Martin Ingold beschrieb: „Es gibt den Teppich der Legalität, dann die Fransen. Wir stehen auf den Fransen und haben uns noch vorn übergelegt.“ Er griff beispielhaft das Linde-Areal mit vielen Wohnungen auf kleiner Fläche auf. Man habe Baupreisindexe angesetzt, die unter dem Index von Baden-Württemberg lagen, um zu erreichen, dass der Abstand zu den umliegenden Zonen nicht zu groß werde.
Alessandro Ribaudo (CDU) bescheinigte dem Gutachterausschuss eine hervorragende Ortskenntnis: „Mehr Fachkompetenz geht nicht. Leider bringt das nicht für alle das positive Ergebnis, das liegt am System.“ Auch Petra Haberstroh lobte die Arbeit des Ausschusses: „Ich glaube nicht, dass ein gemeinsamer Gutachterausschuss das so gemacht hätte.“
Ausschuss kämpfte mit Anfeindungen
Klaus Gohl wies noch auf die 2019 beschlossene Zweckentfremdungssatzung der Gemeinde hin. Eine Auswirkung auf die Zahlen sei noch nicht da, aber bei der nächsten Bewertung 2024 werde es nicht mehr so viele exorbitante Fälle geben. Abschließend sagte er, einigen Landwirte, die sich sehr in den Ausschuss eingebracht hätten, sei vorgeworfen worden, sich dadurch Vorteile verschaffen zu wollen.
Er selbst sei als Verbrecher bezeichnet und übel beschimpft worden. „Das ist niederträchtig, sonst nichts. Ich habe kein Problem mit Kritik, das ist Demokratie. Aber wir haben unseren Job nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Ich bitte dringend darum, Dinge, die ins Persönliche gehen, zu unterlassen.“