Wie groß das Engagement angesichts der Ukraine-Krise in Bodman-Ludwigshafen ist, zeigte sich nicht nur in der jüngsten Gemeinderatssitzung, sondern ist auch an laufenden Aktionen zu sehen. Ein Teil der Ideen und Anregungen ist bereits Realität geworden:
Jugendtreff soll Ort der Begegnung werden
Der Jugendtreff in der Hauptstraße in Ludwigshafen soll mehr werden, als sein jetziger Name beinhaltet. Die Jugendtreff-Initiatorin Bettina Jäger-Gönner regte in der Einwohnerfrageviertelstunde der jüngsten Gemeinderatssitzung an, die Räume unter anderem für die Ukraine-Flüchtlinge zu öffnen. So könnten sich zum Beispiel jugendliche Flüchtlinge an einem neutralen Ort treffen oder auch andere Altersgruppen könnten zusammenkommen.
Bettina Jäger-Gönner könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass sich vormittags Senioren in den Räumen treffen und mittags Schüler. Wenn sich Helfer melden, um diese Öffnungszeiten zu betreuen, würde sie die Einsätze der Ehrenamtlichen koordinieren. „Es wäre schön, wenn sich Betreuer melden. Der Jugendtreff kann das nicht selbst abdecken“, sagte sie.
Alle Sachspenden jetzt auf einen Blick im Gemeindezentrum
Bettina Jäger-Gönners Bitte, die Empore des katholischen Gemeindezentrums für die Sachspenden, die in den vergangenen Wochen im Jugendtreff zusammengekommen sind, nutzen zu dürfen, ist seit dem gestrigen Mittwoch umgesetzt. Die Flüchtlinge sollen sich dort umschauen und mitnehmen können, was sie brauchen, sagte sie bereits im Rat zu dieser Idee. Zum Sortieren der Sachen kamen einige Helfer, Gemeindemitarbeiter und Jugendliche zusammen.
Unter den vorhandenen Spenden ist vor allem viel Spielzeug und Kleinkinderkleidung. Davon mussten die Helfer bereits Wintersachen aussortieren. Es seien allerdings unter den Flüchtlingen in der Gemeinde eher ältere als jüngere Kinder, sagte Regina Renner vom Hauptamt während der Sortieraktion auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Es müsse nun noch organisiert werden, wie genau es abläuft und wann es möglich sei, dass Flüchtlinge sich die Sachen ansehen können. Wer sich als Helfer zur Verfügung stellen möchte, könne sich per E-Mail an ukraine@bodman-ludwigshafen.de oder bei Regina Renner unter der Telefonnummer (0 77 73) 93 00 14 melden. Und was wird noch gebraucht? „Man weiß nicht, wer genau kommt. Wir müssen auf Sicht fahren“, erklärt Regina Renner zum Bedarf an Spenden.
Im Schaufenster des Jugendtreffs hängt laut Bettina Jäger-Gönner und Regina Renner immer eine aktuelle Liste. Am Mittwoch standen zwei oder drei Wasserkocher und ein Staubsauger darauf. Die Frauen freuen sich, dass der Jugendtreff nun wieder frei ist, nachdem die Spenden im Gemeindezentrum sind. So sei einerseits wieder die gewohnte Nutzung am Mittwoch sowie Freitag von 15 bis 18 Uhr möglich und andererseits könne die Idee der Begegnungsstätte umgesetzt werden (siehe oben).
Jugendtreff spendet Geld
Helferkreis plant weiteren Transport
Erika Zahn und Maryna Hrynyuk vom Helferkreis aus Bodman und Umgebung gaben im Gemeinderat einen Überblick über ihre aktuelle Arbeit. Erika Zahn sagte, es brauche Ansprechpartner, da viele Ukrainer schwer traumatisiert seien. Die Sprachbarriere sei ein Hindernis, auch wenn einige der jungen Leute gut Englisch sprechen könnten und beim Übersetzen helfen würden. Sie berichtete weiter, dass eine Trauma-Therapeutin ihre Hilfe angeboten habe.
Maryna Hrynyuk, bei deren Haus in Bodman eine Sammelstelle für Transporte in die Ukraine ist und die Familie in der Ukraine hat, zeigte sich davon beeindruckt, was bisher schon alles zusammengekommen ist. Sie drückte allen Spendern und der Gemeinde ihren Dank aus. „Ich versichere, es kommt dort an, wo es dringend gebraucht wird“, sagte sie. Bürgermeister Matthias Weckbach lobte die große Hilfsbereitschaft und bedankte sich für das Engagement der Helfer. Bis Donnerstag, 21. April, 15 Uhr können noch Dinge wie haltbare Lebensmittel, Verbandsmaterial und Hygieneartikel für den bevorstehenden Transport, den ihr Vater macht, in der Straße Im Gries 30 abgegeben werden.
Einwohner stellen Wohnraum zur Verfügung
Matthias Weckbach informierte die Zuhörer im Rat darüber, dass die Gemeinde Schreiben an Zweitwohnungsbesitzer verschickt habe. Es gebe viele positive Rückmeldungen und es sei auch ein Teil der ehemaligen Uhrenfabrik zur Verfügung gestellt worden. „Da sieht man, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement ist“, fasste er im Hinblick auf alle Aktionen und die Hilfsbereitschaft zusammen.
Hauptamtsleiter Stefan Burger erklärte, es habe bisher noch keine offizielle Zuteilung von Flüchtlingen gegeben, doch im Falle der Anwendung des Königssteiner Schlüssels für eine Aufteilung der Ukrainer auf die Gemeinden in Deutschland gab es ein Beispiel: Kommen eine Million Flüchtlinge nach Deutschland, die zugewiesen werden, müsste Bodman-Ludwigshafen mit 70 Personen rechnen.
Auf eine Rückfrage im Gemeinderat erklärte die stellvertretende Hauptamtsleiterin Bettina Donath, der Gemeinde seien hauptsächlich Drei- oder Vier-Zimmer-Wohnungen angeboten worden. Wie diese genutzt werden könnten, hänge von den familiären Konstellationen ab. „Uns fehlen kleinere Wohnungen mit ein oder zwei Zimmern“, so Donath. Zum Zeitpunkt der Sitzung habe es mehr als 20 Wohnungsangebote gegeben. Außerdem habe die Gemeinde zwei eigene Wohnungen, die eingesetzt werden könnten. Auf Nachfrage nach Ostern erklärte sie, dass nun inklusive der Gemeindewohnungen 25 Wohnungen in Ludwigshafen und sechs in Bodman zur Verfügung stünden und fast voll belegt seien.
Wohnungen sind inzwischen voll
Auf SÜDKURIER-Nachfrage sagten Stefan Burger und Bettina Donath, inzwischen seien rund 40 Personen hier und am Donnerstag würden neun weitere erwartet. Es sei wichtig, dass die Flüchtlinge angemeldet würden, damit sie Anspruch auf Sozialleistungen hätten. Regina Renner von Hauptamt erklärte näher, diese neun seien bisher in einer Noteinrichtung in Konstanz und kämen von dort nach Ludwigshafen. Sie seien miteinander verwandt und könnten in ehemaligen Büroräumen untergebracht werden, die nur für eine große Familie geeignet seien. Nächste Woche seien weitere Besichtigungen für Wohnraum vorgesehen.
Im Gespräch erläuterte Regina Renner, wie es mit den Wohnungen funktioniert. Die Gemeinde miete die Räume an und weise die Flüchtlinge ein. Manche Ferienwohnungen seien bereits ausgestattet. Bei leeren Räumen habe die Gemeinde für die wichtigsten Dinge wie Möbel, Geschirr und Bettwäsche gesorgt. Die Möbel kämen unter anderem aus Haushaltsauflösungen. Was darüber hinaus gehe, könnten die Ukrainer zum Beispiel durch die Sachspenden erhalten, die im Gemeindezentrum aufgebaut sind (siehe oben). Gemeinde und Helfer arbeiten so Hand in Hand und es sei alles miteinander verzahnt.