Wie kamen Sie zur SPD und wurden Ortsvereinsvorsitzender in Engen?
Ich bin seit drei Jahren Mitglied in der SPD. Im Bundestagswahlkampf interessierten mich Gerechtigkeitsfragen, auch Fragen der Gleichheit. Für mich war es beispielsweise nicht vorstellbar, warum homosexuelle Paare nicht heiraten dürfen sollen. Diese Themen haben mich in der SPD angesprochen, hinzu kommt die Verbindung von sozialer Orientierung und wirtschaftlicher Vernunft. Ich habe mich dann bei den Jusos engagiert und Kontakt zu Tobias Volz bekommen, der mich sehr unterstützt hat. Als Jusos beginnen wir nun im Kreis, uns vermehrt bei der SPD einzumischen. In Engen gab es im Ortsverein Probleme, dort herrschte eine Art Stillstand. Ich wurde gefragt, ob ich bereit wäre, ihn zu übernehmen. Mir liegt daran, in der Stadt, in der ich seit 18 Jahren lebe, etwas in der SPD zustande zu bringen. Das hat mich bewogen, Ortsvereinsvorsitzender zu werden.
In welchen Medien informieren Sie sich denn über politische Themen?
Das ist natürlich nicht ausschließlich die Zeitung, es läuft viel über die sozialen Medien, auch über amerikanische Publikationen, über Artikel der New York Times oder CNN. Ich habe viele Medien auf Facebook abonniert und bekomme einiges mit. Wenn ich Zeit habe, beschäftige ich mich intensiv mit politischen Fragen.
Für viele Ihrer Altersgenossen spielt sich das Leben in sozialen Netzwerken ab. Was stellt für Sie der Reiz einer etablierten Parteistruktur dar?
Man wächst da rein, wenn man Parteimitglied ist. Durch persönliches Engagement versuche ich aber, alles etwas offener zu gestalten. Ich finde eine etablierte Struktur nicht schlimm: Ortsverband, Kreisverband, Landesverband. Ob man eine Mitgliederversammlung macht oder eher informelle Treffen, das bleibt einem vor Ort selbst überlassen. Man kann im Freundeskreis oder der Familie auch über Politik diskutieren. In einer Partei geht es zusätzlich darum, Verbesserungsvorschläge zu machen und für diese zu werben. In der SPD im Kreis ist viel politischer Sachverstand versammelt. Die Auseinandersetzung mit diesen Genossen ist darum sehr bereichernd.
Was fehlt der heutigen SPD, um Eindruck auf junge Leute zu machen?
Ich denke, es ist eher ein generelles Problem des politischen Systems. Wir haben Angela Merkel lange Zeit als Bundeskanzlerin und in dieser Zeit zwei große Koalitionen. Das kommt das Gefühl auf, dass sich nicht viel verändert. Es wirkt, als könnten die Abgeordneten alles durchwinken, wozu sie Lust haben. Es wäre nicht schlecht, von diesem Konstrukt wegzukommen. Ein bisschen mehr Streit bekäme dem System gut. Durch die Altersstruktur der großen Parteien werden vielleicht viele junge Leute abgeschreckt. Aber das ändern wir gerade!
Was bringt Martin Schulz ein, das die SPD attraktiv für junge Menschen macht? Und was trauen Sie ihm zu?
Für mich ist toll, dass er eine Alternative darstellt und wir mit ihm in den Bundestagswahlkampf gehen und er eventuell etwas reißen kann. Er war bisher in der Bundespolitik nicht sehr präsent, das ist ein Riesenvorteil. Er gilt als „das Gesicht Europas“ und er tritt deutlich gegen Rechtspopulismus ein, ein starkes Zeichen! Wir werden eher mehr Europa als weniger brauchen.
Kommunalpolitik bedeutet auch Sitzungen in verstaubten Hinterzimmern oder Ratsverhandlungen zu Kanalsanierungen. Ist das für junge Menschen mit eigenen Vorstellungen kompatibel?
Ich würde mir auch mehr jüngere Menschen in der SPD wünschen, mehr Frauen, auch im Gemeinderat. Bei den Jusos in Konstanz tut sich jetzt etwas, wir haben viele neue Mitglieder. Man muss den Leuten natürlich eine Chance geben, mitzugestalten. Bei mir hat es im Ortsverein Engen gut geklappt: alle waren froh, dass jemand Junges kam und bereit war, Verantwortung zu übernehmen. Im Ortsverein vertreten Ältere und Jüngere auch unterschiedliche Meinungen, wir sehen uns aber als ebenbürtig an und kommen gut miteinander klar.
Wie schätzen Sie die derzeitige Weltlage ein und an welchen Konfliktherden brennt es am gefährlichsten?
Sicherlich geht es im Moment nicht in eine wünschenswerte Richtung. Beunruhigend sind die Konflikte in der Ukraine, in Syrien, ebenso der Terrorismus, der nicht eingedämmt ist. Das sind die Hauptprobleme. Auf politischer Ebene gibt es keine einfachen Partner: Donald Trump auf der einen, Wladimir Putin auf der anderen Seite. Da muss Europa eine größere Rolle spielen.
Fragen: Claudia WagnerZur Person
Tim Strobel wurde am 5. Februar 1997 in Biberach an der Riß geboren. Seine Familie stammt aber aus Engen, deshalb zog sie wieder nach Engen, wo Tim Strobel aufwuchs. Strobel studiert Politik- und Verwaltungswissenschaften in Konstanz. Bei den Jusos ist Tim Strobel seit Dezember 2013 engagiert, in der SPD ist er seit Februar 2014 Mitglied. Seit Dezember 2016 ist er Ortsvereinsvorsitzender in Engen und war zuvor schon im Kreisvorstand der SPD Konstanz aktiv. Beruflich möchte er seine Interessensfelder Politik und Medien später miteinander verbinden.