Ein wichtiger Marker für Bewertungen touristischer Entwicklung ist für die Gemeinden das Vergleichsjahr 2019 – kurz „Vorkrisenniveau“ vor der Corona-Pandemie genannt. Laut dem statistischen Landesamt lag 2022 die Anzahl der Übernachtungen im Land Baden-Württemberg noch um 8,6 Prozent niedriger als zum Vergleichsjahr 2019. Der Landkreis Konstanz übertraf die Ergebnisse aber mit einem Plus von 4,1 Prozent.
Insgesamt sieben Kommunen im Landkreis konnten den Stand von 2019 überflügeln – darunter Gaienhofen mit einem satten Plus von 3,7 Prozent und einem persönlichen Allzeitrekord an Übernachtungen. Allein die – von der Finanzierung der Bodensee Card West bereinigte – Kurtaxe spülte im vergangenen Jahr 415.714 Euro in die Gemeindekasse, gab die Leiterin der Tourist-Information, Sabine Giesler, in der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannt.
Der Landkreis Konstanz habe sich von der Pandemie besonders gut erholt, sagte Sabine Giesler. Der Tourismus-Bericht des statistischen Landesamts habe ihres Erachtens jedoch einen Haken, da er nur Betriebe ab zehn Betten auflisten würde – also nur gewerbliche Betriebe ohne Ferienwohnungen. Diesbezüglich sei die Gemeindestatistik viel genauer. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe es in Gaienhofen einen großen und zwei kleine Einbrüche bei den Übernachtungen gegeben, so Giesler. Sie konnten jedoch 2022 mit einem Höchststand von nahezu 396.000 überwunden werden.
Bodenseecard West und Deutschlandticket
Und die Zahl der Ankünfte in der Gemeinde war bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie kontinuierlich gestiegen. Sie brach aber durch die Maßnahmen zur deren Eindämmung im Jahr 2020 um 28,1 Prozent ein. Der damalige Höchststand von 2019 mit 60.459 Ankünften, also rund 19 Urlauber je Einwohner, konnte 2022 nicht übertroffen werden. Im vergangenen Jahr 2022 übernachteten 57.413 Touristen in Gaienhofen.
Wenig ist das allerdings nicht. Zum Vergleich: Das deutlich größere Radolfzell müsste hochgerechnet auf die Einwohnerzahl etwa eine halbe Million Besucher anlocken, um auf die gleiche Pro-Kopf-Zahl zu kommen. Tatsächlich sind es dort nur 116.000 gewesen. (Anmerkung der Redaktion)
Gäste bleiben länger als in vergangenen Jahren
In Gaienhofen gab es zwar weniger Ankünfte, dafür mehr Übernachtungen. Das bedeute, dass die Gäste nach Corona etwas länger geblieben sind als zuvor, so Giesler. 2019 betrug in Gaienhofen die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste rund 3,5 Tage. Das sei typisch für ein Zweit- oder Kurzurlaubsziel. Durch Corona verwandelte sich der Bodensee zu einem Haupturlaubsziel mit durchschnittlich 4,3 Übernachtungen in der Gemeinde. Aktuell seien es 3,9 Tage.
Die Gäste seien überwiegend in Hotels und in Gasthäusern untergekommen (37 Prozent), gefolgt von Ferienwohnungen (17 Prozent) und Zweitwohnungen (15 Prozent). Dabei haben Privatunterkünfte, Pensionen und Jugendhäuser einen Anteil von zwei und drei Prozent. Auf den Campingplätzen wurden laut Giesler 26 Prozent der Gäste untergebracht – inklusive vier Prozent Dauercamper.
Zahl der Jugendreisen bleibt niedrig
Die großen Gewinner waren gewerbliche Betriebe mit einem Plus von 43 Prozent an Übernachtungen gegenüber dem Vorjahr, respektive 9,8 Prozent zu dem Vorkrisenniveau. Solche extremen Veränderungen gebe es eigentlich nur bei Hotelneubauten wie beispielsweise beim Hotel Hirschen, so Giesler.
Doch noch ist nicht alles wieder auf dem alten Niveau: Durch die Pandemie waren die Jugendreisen stark eingeschränkt. Eine Erholung dieses Segments sei noch nicht ganz gelungen, erklärte Sabine Giesler. Und auch der Wasserstand des Bodensees habe Einfluss auf die Statistik in Gaienhofen: 2022 sei das Campen durch das Niedrigwasser leicht rückläufig gewesen (minus 0,8 Prozent), da der Wasserstand im Juni und Juli 2022 die Badeurlaube unattraktiv gemacht habe.