3000 Meter Höhe in den Schweizer Alpen, blendend weißer Schnee, die Luft hat minus sieben Grad Celcius. Das Wasser eines kleinen, leuchtend blauen Sees ist knapp über dem Gefrierpunkt. Daneben steht ein Kamerateam. Und mittendrin ein laut eigener Aussage „wahnsinniger Surfer“ in Neoprenanzug, der trotz der Gefahr, im Wasser zu erfrieren, waghalsige Sprünge zeigt.
Er, das ist Ben Beholz aus Horn. Und die Sprünge bei eisigen Temperaturen, die man in einem Video auf YouTube bestaunen kann, waren nicht sein einziges Abenteuer auf dem Surfbrett. Denn der 32-Jährige verbringt nur noch wenige Wochen pro Jahr auf der Höri. Die meiste Zeit ist er an verschiedensten Orten der Welt unterwegs – als Sportler und laut eigener Aussage weltweit meistgeklickter Influencer zum Thema Surfen. Wie kam er zu diesem außergewöhnlichen Beruf? Und wie blickt er selbst auf seine oft kritisierte Influencer-Branche?
Als Kind des Bodensees ist Ben Beholz am und im Wasser aufgewachsen. „Ich bin am Ufer groß geworden, habe früh mit dem klassischen Windsurfen angefangen und bei der Schifffahrt Lang in Gaienhofen gearbeitet“, erzählt der 32-Jährige. Nach getaner Arbeit habe er dort wakeboarden dürfen.
Das hatte Folgen: Sein Bruder habe eine Karriere als Profisurfer gestartet, war bis vor drei Jahren Contest-Fahrer im Weltcup. Beholz selbst entschied sich hingegen fürs Kite-Surfen, berichtet er, wo das Surfbrett von einem Lenkdrachen gezogen wird. Nach seiner Schulzeit habe er Anfang der 2010er-Jahre als Surflehrer angefangen, sich zu bekannten Surf-Zielen in Ägypten und anderen Ländern aufgemacht und sei viel herumgekommen.
Wenig später stellte Beholz die ersten Erklärvideos zum Surfen online und fand Sponsoren, berichtet er weiter. Zunächst sei es ums Kiten gegangen. Danach habe er mit Wind-Foiling und Pump-Foiling neue Surftechniken ausprobiert, wo das Brett dank einer speziellen Technik über der Wasseroberfläche schwebt. Die Videos wurden mehr, zeitgleich starteten die ersten Influencer auf YouTube und Instagram in dieser Zeit in Deutschland durch.
So wurde der Hörianer zum Influencer
„Es war Glück, dass meine ersten Videos in diese Zeit fielen, als dieser Trend gleichzeitig losging. So bin ich da irgendwie reingerutscht“, erklärt Beholz seine ersten Erfolge in der boomenden Branche. Zwar studierte Beholz zwischen 2016 und 2019 auch noch Architektur. Doch er entschied sich danach gegen diesen Beruf und für das Surfen. Vor etwa vier oder fünf Jahren gingen erstmals seine Kurzvideos viral, erzeugten also Millionen Aufrufe.

Auf YouTube unterhält Beholz zwei Kanäle: Einen kleineren, SurfWithBen, mit etwa 20.000 Abonnenten, der sich eher an professionelle Surfer richtet; und einen größeren unter seinem richtigen Namen mit rund 300.000 Abonnenten und Millionen Klicks. Der Kanal wachse um 1000 Abonnenten pro Tag und sei einer der größten Kanäle in der Szene, so Beholz. „Wahrscheinlich klicken da aber auch Leute drauf, die nicht einmal schwimmen können, aber die Bilder cool finden“, sagt er lachend.
Sport oder Werbung? Diesen Einfluss haben die Sponsoren auf ihn
Dass Beholz davon leben kann, liegt hauptsächlich an seinen drei langfristigen Sponsoren, die ihn komplett finanzieren. Inzwischen sei er wie eine kleine Firma, er bezahle von seinen Einnahmen auch das Kamerateam und die Reisen. „Reich wird man damit aber nicht. Das, was am Ende hängen bleibt, sehe ich als ein Normalverdiener-Einkommen“, sagt er selbst. Eine genaue Zahl möchte er allerdings nennen.
Doch obwohl er den Hauptteil seines Einkommens von seinen drei Sponsoren bekommt, sieht Beholz sich in keiner Abhängigkeit. „Mit denen arbeite ich sehr lange zusammen, aber ich mache nicht aktiv Werbung für sie. Was ich in meinen Videos zeige und was nicht, entscheide ich selbst“, sagt er. Aber: „Es ist ein schwieriger Spagat, einerseits in den Mainstream zu kommen, aber sich dabei nicht komplett zu verkaufen“, gibt er zu. Er müsse immer wieder Angeboten für Werbevideos widerstehen. Vielen gelänge das jedoch nicht.
So funktioniert die Branche hinter den Kulissen
Die harte Kritik an Influencern kann er daher nachvollziehen. „Ich verstehe die Kritik an der Branche komplett. Es gibt Influencer, die werben jede Woche für ein anderes Produkt gegen direkte Bezahlung. Schon der Begriff Social Influencing bedeutet ja, dass man Menschen gegen Geld sozial in eine Richtung beeinflusst. Das finde ich fraglich“, erklärt er.
Solche Influencer würden laut Beholz einige Tausend Euro erhalten, wenn sie etwas bewerben. Von den Einnahmen kauften sie sich in Asien gefälschte Klicks auf Instagram, um die Vorgaben der Firmen, was die Reichweite angeht, zu erfüllen. Es gebe Marketing-Agenturen, die sich genau auf diese Verbindung zwischen Unternehmen und Influencern spezialisiert hätten. Diese sprächen aktiv Kanalbetreiber wie ihn an.
Bei seinen eigenen Videos sieht Beholz solche Probleme nicht. „Ich lehne solche Dinge ab. Mir ist es wichtig, in erster Linie Sportler zu sein und Erklärvideos mit coolen Bildern zu produzieren, anstatt Werbevideos zu drehen“, stellt er klar. Aber: Manchmal würden Hotels in bekannten Surf-Regionen ihn gezielt kontaktieren und kostenlos einladen. „Die erwähne ich den Videos dann natürlich schon“, räumt der Surfer ein.
Eines seiner Videos rief genau solche Kritik hervor. Beholz ist darin oberkörperfrei surfend vor der Skyline von Dubai zu sein. Dabei ist Dubai eine muslimisch geprägte Stadt, die gezielt Influencer anlockt, um im Gegenzug positiv von diesen erwähnt zu werden und damit von Schattenseiten wie eingeschränkte Menschenrechten abzulenken. Beholz sagt aber: „Ich war mir dessen gar nicht bewusst davor. Ich dachte nur, vor dieser Skyline zu surfen, würde bestimmt tolle Bilder hergeben.“ Eingeladen oder bezahlt habe ihn dafür niemand.
Nomadenleben im Wohnmobil
Doch ob in Dubai oder an anderen Orten – sein Dasein als Sportler und Influencer ist ein Nomadenleben. An seinem Hauptwohnsitz in Horn verbringt Beholz inzwischen kaum noch Zeit. „In Europa bin ich mit meiner Freundin und meinem Hund immer im Wohnmobil unterwegs. Das mag ich am liebsten“, erzählt er. In Übersee lebt er in Hotels.
Meist drehe er zehn Tage pro Monat an einem Ort. In der restlichen Zeit sei er selbst am Kiten, bereite die Videos nach oder entwickle neue Ideen. Die Drehorte liegen überall – mal an klassischen Surf-Orten wie Brasilien oder Sardinien, mal vor der Skyline von Dubai oder wie zuletzt in den Schweizer Bergen.
„Ich mag es einerseits, mich einfach beim Surfen zu verbessern. Aber andererseits liebe ich auch Grenzerfahrungen, bei denen man seine Angst überwinden muss“, erklärt der Surfer seinen Antrieb. Und natürlich habe er im Eiswasser auf 3000 Metern Höhe Angst gehabt. „Aber es ist wahnsinnig schön, dieses Unbekannte kennenzulernen. Ich spüre dabei, dass ich am Leben bin“, sagt er.