Eigentlich heißt Angelina Patchouli mit richtigem Namen Angelina Bader. Sie ging in Radolfzell zur Schule, hat in Konstanz Wirtschaftsinformatik studiert, in der Pharmaindustrie gearbeitet und ist nun hauptberuflich in der Schweiz tätig, weshalb sie inzwischen in Schaffhausen lebt. Doch nebenbei hat sie in ihrer Wohnung ein eigenes Parfümzimmer mit 600 Düften, begeistert seit dreieinhalb Jahren über 300.000 Follower mit Parfüm-Tipps, hat Videos mit mehr als 1 Million Klicks auf YouTube, Instagram und Tiktok und bekommt Einladungen zu Messen in Cannes und Mailand. Wie wurde aus Angelina Bader die bekannte Angelina Patchouli?
Ihr erster Versuch als Influencer scheiterte
„Die schönen Flakons, die unterschiedlichen Düfte, die wie ein weit entferntes Luxusgut auf mich wirkten: Schon seit ich ein kleines Kind war, bin ich von Parfüm fasziniert“, erzählt die Influencerin. In Einkaufsläden und an Flughäfen sei sie daher immer zwischen den Parfümregalen herumgeschlichen. Doch um über Neuerscheinungen fachsimpeln zu können, gab es in der Familie und im Bekanntenkreis niemanden – außer ihrer „ähnlich parfümverrückten“ Tante, die etliche teure Düfte zuhause hatte. „So hat alles begonnen“, sagt sie.
2019 habe sie daher einen ersten Versuch gewagt, in einem Video über die Geschichte des berühmten Parfüms Chanel No 5 zu sprechen – und ist gescheitert. „Ich fand es komisch, meine eigene Stimme zu hören, die Qualität der Videos war schlecht und es hat mir nicht gefallen“, sagt Angelina Bader.
Als sie während der Corona-Beschränkungen plötzlich sehr viel Zeit hatte, unternahm sie einen zweiten Versuch mit besserer Technik. In ihrem Bekanntenkreis sagte sie davon zunächst niemandem etwas, aus Angst vor negativen Reaktionen. Seither ist sie nebenberuflich selbstständig in den sozialen Medien unterwegs – mit viel Erfolg.
Sie verwendet täglich mehrere Dürfte
In ihren täglichen Videos mit teils markigen Titeln wie „Hot oder Schrott“ und „FSK 18“ bewertet sie als Angelina Patchouli Neuerscheinungen, reagiert auf Anfragen ihrer Follower oder gibt ihnen Geheimtipps. Ihre Videos sind für Männer und Frauen. „Für mich ist aber ohnehin jeder Duft unisex“, sagt die 33-Jährige. Sie selbst trage täglich Parfüm, meist sogar mehrere. „Ich habe verschiedene Düfte für verschiedene Anlässe oder Outfits. Für mich ist Parfüm das i-Tüpfelchen vom Outfit“, sagt sie.
Denn mit dem richtigen Parfüm könne man in verschiedene Rollen schlüpfen. „Mit einem dunklen Mystik-Duft bin ich eine andere Person, als wenn ich einen leichten, floralen, femininen Duft trage“, erklärt sie.
Positive Reaktionen von Parfüm-Herstellern
Einen Geruch über das Internet zu vermitteln, sei aber gar nicht so einfach. „Viele sagen, es ist schade, dass man übers Internet keinen Duft schicken kann“, erzählt sie aus dem Influencer-Alltag. Sie versuche in ihren Videos daher, ein Bild oder die Wirkung eines Parfüms zu beschreiben. „Zum Beispiel beschreibe ich, wie eine Person, die das Parfüm trägt, aussieht: Etwa eine Frau mit dunklem Kleid und rotem Lippenstift in einer Pariser Bar, die so anmutig wirkt, dass Männer Angst haben, sie anzusprechen“, erklärt sie.
Wenn sie ein Parfüm schlecht bewertet, gebe es von den Herstellern aber keine Kritik. Patchouli macht eher gegenteilige Erfahrungen: „Auf Messen wurde ich schon angesprochen, dass meine Videos einen kleinen Hype um einen Nischenduft ausgelöst hätten“, erzählt sie. In der Parfümerie Gradmann in Radolfzell spürt man von durch Influencer erzeugten Hypes hingegen nichts, wie Geschäftsführer Sebastian Raetz berichtet. „Das ist aber vielleicht auch eher in größeren Städten wie Hamburg oder Berlin realistisch, Radolfzell ist dafür zu klein“, erklärt er.
Auf die Duft-DNA kommt es an
Doch was macht ein gutes Parfüm überhaupt aus? Angelina Patchouli sagt: „Ganz wichtig ist für mich die Duft-DNA. Das heißt, er sollte einzigartig und nicht so Mainstream, aber dennoch tragbar sein. Ein gutes Parfum muss eine Seele haben. Wenn es jeder trägt, geht die Seele schnell verloren.“ Viele bekannte Düfte seien so angelegt, dass sie niemandem nicht gefallen. Allerdings hätten sie nichts Besonderes. Sie selbst bevorzugt daher unbekannte, aber teure Nischendüfte, nichts von bekannten Marken.
„Wenn ich keine fünf Meter laufen kann, ohne ein bestimmtes Parfum zu riechen, dann ist das für mich ein Anschlusskriterium, es zu kaufen oder zu empfehlen“, sagt sie. Ein aktuelles Beispiel dafür sei Baccarat Rouge, das Angelina Bader sehr mochte, aber nun zu bekannt sei. Zudem sollte das Parfüm laut der Influencerin zum Outfit passen und natürlich lange halten. „Wenn man es nach einer Stunde nicht mehr riecht, kann man es direkt lassen“, sagt sie.
Was gerade angesagt ist, hängt laut ihr von der Jahreszeit ab: Im Sommer eher leichte und frische Düfte, im Winter dafür schwere, dunkle. Laut Sebastian Raetz sei die Jahreszeit hingegen immer weniger wichtig. „Ich finde es sinnvoller, etwas zu mir Passendes zu kaufen – unabhängig von der Jahreszeit“, sagt er.
Influencerin rät von billigen Kopien ab
Doch was, wenn man ein sehr teures Parfüm hat, das plötzlich jeder trägt oder einem nicht mehr gefällt? „Dann kann man es einfach mit anderen kombinieren, das nennt man Parfüm-Layering“, rät die 33-Jährige. Grundsätzlich könne man alles miteinander mischen, solange es einem gefalle. Allerdings seien Parfüms aus der selben Duftfamilie, also mit Parfüms mit derselben Duftnote, einfacher kombinierbar.
Eine weitere Möglichkeit, um den Geldbeutel zu schonen, sind so genannte Klons: billigere Kopien teurer Nischenparfüms. In ihnen werden teure Zutaten wie Iris, Rosenessenz, Ambra oder Oud, von dem ein Kilo wertvoller ist als Gold, durch künstliche Stoffe ersetzt. Die Parfüm-Influencerin rät davon allerdings ab. „Eine Kopie ist nie so gut wie das Original. Ich war damit nie glücklich, denn den Unterschied riecht man immer. Man sollte sich lieber ein teures und seltenes Parfüm leisten, als fünf oder sechs günstigere“, sagt sie.