Die klimaneutrale Wärmeversorgung ist ein zentraler Baustein der Wärmewende. Sie zielt darauf ab, fossile Brennstoffe wie Erdgas und Heizöl durch erneuerbare Energien zu ersetzen und die CO2-Belastung bis in das Jahr 2040 drastisch zu reduzieren. Die Gemeinde Gaienhofen steht hier vor einer besonderen Herausforderung. Denn sie deckt den Wärmebedarf ihrer privaten, öffentlichen und gewerblichen Gebäude mit 77 Prozent aus fossilen Brennstoffen. Dies geht aus einer Untersuchung der Greenventory GmbH hervor, die jüngst in der Sitzung des Gemeinderats vorgestellt wurde.

Das Unternehmen führte eine Bestands- und Potentialanalyse durch, erarbeitete ein Zielszenario, definierte dafür die Versorgungsgebiete und entwickelte eine Umsetzungsstrategie zur Wärmewende. Es stellte einen Katalog aus sieben Maßnahmen für die Gemeinde vor, um dieses Ziel zu erreichen. Dieser ist mit Abstand der größte Katalog aller am Konvoi beteiligten Gemeinden zur kommunalen Wärmeplanung rund um die Höri.

Das meiste CO2 entsteht bei den Privathaushalten

Ziel der kommunalen Wärmeplanung sei es, verschiedene technische Optionen für die Wärmeversorgung zu untersuchen und erneuerbare Energiequellen sowie die Einsparpotenziale durch eine Gebäudesanierung zu identifizieren, heißt es aus der Verwaltung: Da die Wärmeversorgung künftig vermutlich weitgehend auf strombasierten Lösungen – zum Beispiel durch Wärmepumpen – beruhen werde, werden parallel der Ausbau erneuerbarer Stromquellen mit betrachtet. Anhand dieser Ergebnisse wurden Gebiete identifiziert, in denen entweder Wärmenetze oder individuelle, gebäudespezifische Lösungen bevorzugt angegangen werden können.

Das könnte Sie auch interessieren

In Gaienhofen wurden insgesamt 1570 Gebäude analysiert. Der Großteil, nämlich 78,2 Prozent, besteht aus Wohngebäuden. Es folgen das Gewerbe, der Handel und die Dienstleistungen mit 13,9 Prozent sowie die Industrie mit 5,4 Prozent und die öffentlichen Bauten mit 2,5 Prozent. Für deren gesamten Wärmebedarf werden 55 Gigawattstunden an Energie im Jahr aufgebracht. Obwohl die öffentlichen Gebäude den kleinsten Anteil in der Gemeinde ausmachen, sind sie an den CO2-Emissionen mit 11,7 Prozent beteiligt. Das ist Platz zwei im Ranking innerhalb der Gemeinde. Spitzenreiter sind die privaten Haushalte mit einem Anteil von 75,3 Prozent.

Schlechte Wärme-Effizienz bei vielen Gebäuden

Nahezu die Hälfte aller Wohngebäude haben eine schlechte Wärme-Effizienz (Klasse F). Im Vergleich zu anderen Gebäuden benötigen sie deutlich mehr Energie und verursachen damit höhere Heizkosten. Weitere 11,4 Prozent der Wohnhäuser haben noch schlechte Werte erzielt. Sie gehören zur Klasse unsanierte Altbauten.

Über die Hälfte aller Heizsysteme sind mehr als 20 Jahre alt – davon mehr als ein Fünftel über 30 Jahre. 73 Prozent der Gebäude wurden vor 1979 errichtet. Der größte Anteil an Wohngebäuden stammt aus den Jahren 1949 bis 1978 (58,3 Prozent) und weist das größte Sanierungspotenzial auf. Die ältesten Gebäude (vor 1948) befinden sich im Ortskern, während jüngere Bauten an den Außengrenzen liegen.

Was kann Gaienhofen tun?

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es technisch möglich sei, den künftigen Wärmebedarf pro Jahr mit Wärme aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Hierfür stellte der Geschäftsführer von Greenventory, Sven Killinger, sieben potentielle Maßnahmen vor. Zwei davon betreffen eine Machbarkeitsstudie über den Ausbau eines Wärmenetzes in Gaienhofen Mitte sowie in der Ortschaft Hemmenhofen.

Das könnte Sie auch interessieren

Als eine dritte Maßnahme sieht er die Möglichkeit sogenannter „Insel-Wärmenetze“ in der Teilortschaft Horn Süd und Horn Nord. Inselnetze bezeichnen lokale Wärmenetze, die eine begrenzte Anzahl von Gebäuden oder Wohneinheiten mit Wärme versorgt. Weitere Maßnahmen betreffen ein Konzept zur Erschließung des Wärmepotentials aus der Kläranlage Gaienhofen – ein solches Projekt soll auch in Radolfzell realisiert werden -, die Erweiterung der Energie-, Sanierungs- und Förderberatung und vor allem die Dekarbonisierung der kommunalen Energieversorgung samt Sanierung der öffentlichen Gebäude sowie den Ausbau von Dach- und PV-Großanlagen.