Der Rheinabschnitt zwischen Schaffhausen und Stein am Rhein gilt als schönste Flussfahrt überhaupt. Geht es nach Enthusiasten des Vereins Pro Dampfer, soll dort in ein paar Jahren ein Dampfschiff verkehren. Doch die Verantwortlichen der hiesigen Schifffahrtsgesellschaft sehen das kritisch und kündigten jüngst sogareine gemeinsame Absichtserklärung. In einer Sitzung des Schaffhauser Kantonalparlaments prallten diese beiden Welten aufeinander – mit dem besseren Ende für die Dampferfreunde.
Vor bald 13 Jahren gründete sich ein Verein mit einer Vision, die für viele realitätsfremd klang: Ein Dampfschiff zu bauen, das auf dem Rhein und Untersee fährt. Im Februar 2012 gab die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein zwar bekannt, dass ein Dampfschiff zwar schön für die Touristen, aber viel zu teuer im Betrieb wäre. Das schreckte den Vater der Idee, Eduard Joos, nicht ab. Von 106 Personen erhielt er bei der Gründung des Vereins Pro Dampfer Zuspruch, inzwischen hat die Idee über 1500 Unterstützerinnen und Unterstützer.
Seither arbeiten und planen die Mitglieder des Vereins auf ehrenamtlicher Basis. Es gibt inzwischen ein Modell des Dampfers, unzählige Berechnungen und Dokumente und sogar einen Businessplan, wie der Schaufelraddampfer betrieben werden kann. Und einen Zeitplan, der vorsieht, das Schiff 2028 einzuwassern.
Hier: Eine Vision, die nun Rückenwind erhält
Der Verein steht mittlerweile auch in Kontakt mit drei Gemeinden, die sich für die Anlegestelle für den Dampfer interessieren. Um welche Orte es genau geht, will Vereinspräsident Raimund Hipp noch nicht verraten.
Die Unterstützung kommt aber nicht nur von privaten Gönnern. Auch die Politik hat positive Signale ausgesendet: Der Kanton Thurgau hat dem Verein rund 3 Millionen Franken zugesichert. Eine Leistungsvereinbarung zwischen Verein und Kanton werde dieses Jahr abgeschlossen. Und es gibt auch in Schaffhausen politische Unterstützer: Matthias Freivogel, Kantonsrat der Schaffhauser Sozialdemokraten, hat einen Auftrag für die Schaffhauser Regierung verfasst. Sie soll prüfen, wie der Bau und Unterhalt eines Dampfschiffs durch den Kanton Schaffhausen finanziell unterstützt werden könne.
Technikverständnis und Rettung bei Niedrigwasser
Was sind die Vorteile und worin liegt die Faszination für ein Dampfschiff? In Freivogels Augen hat der Schaufelraddampfer ökologische Vorteile. Für Maurus Pfalzgraf (Grüne) gilt das, wenn das Dampfschiff ein heutiges, mit Diesel betriebenes Schiff ersetze. Doch der ökologische Vorteil ist nicht der einzige, den der Verein und seine Befürworter hervorheben. Auch für die in Zukunft wohl immer häufiger auftretenden Niedrigwasserperioden im Rhein sei der Dampfer eine Lösung. Das betonte Stein am Rheins Stadtpräsidentin Corinne Ullmann. Stein am Rhein leide, wenn die Schiffe nicht fahren könnten, mahnte sie. „Die Vorarbeit des Vereins muss genutzt werden.“

Was das konkret heißt, erklärt Jürg Hochstrasser von Pro Dampfer: „Die URh hatte 2023 einen Betriebsunterbruch von mehr als zwei Monaten. Das Dampfschiff braucht einen 25 Zentimeter weniger hohen Wasserstand, um zu fahren. Wir hätten den Betrieb also nur an sieben Tagen unterbrechen müssen.“ Raimund Hipp beschreibt die Faszination folgendermaßen: „Sie können auf irgendeinen Dampfer gehen, als Erstes schauen die Leute immer auf die Maschinen. Warum machen sie das? Es gibt keine andere Maschine, bei der man so genau sieht, wenn sie läuft. Da kann man verstehen, was technisch passiert.“
Nachdem sich das Parlament knapp für die Unterstützung des Dampfschiffs ausgesprochen hatte, wussten die Mitglieder von Pro Dampfer nicht, wie ihnen geschah. „Ich habe nicht damit gerechnet“, sagt Hipp. Doch es sei schön, dass die Schaffhauser Idee in ihrem Heimatkanton wieder Anklang finde.
Dort: Ein Risiko, das der Zukunft im Weg steht
Dass die Verantwortlichen der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) der Idee von Pro Dampfer nicht viel abgewinnen können, war schon länger erkennbar. Doch vor wenigen Tagen kam es zum endgültigen Bruch. Denn am 25. Februar kündigte die Schifffahrtsgesellschaft eine gemeinsame Absichtserklärung aus dem Jahr 2015 auf. Darin hatten der Verein und die Schifffahrtsgesellschaft vereinbart, den Dampfschiffbetrieb zu prüfen.
Im Kantonsparlament brachte Raphaël Rohner (FDP) die Kritikpunkte des URh-Verwaltungsrats zur Sprache: „Es ist eine sehr gute Idee, aber sie ist nicht zu Ende gedacht“, sagte er. „Wenn ein Verwaltungsrat Ja sagt zu einem Projekt, dann muss er die Konsequenzen für das Unternehmen bedenken.“ Er betonte, dass es neben Anschaffungskosten von 14 Millionen Franken auch wiederkehrende Betriebskosten gebe.

Das Dampfschiff passt denn auch nicht ins Konzept der Flottenerneuerung, in welcher die URh steckt. Die URh will ihre Flotte dekarbonisieren, indem sie die Antriebe elektrifiziert – teilweise mit dem Einsatz von Hybridmotoren. Und das werde richtig teuer, machte Rohner am Montag klar. Vor den Kosten warnten die Kritiker im Parlament: „Wenn dieser Schaufelraddampfer ein Goldesel wäre, müsste es ein Leichtes sein, private Investoren zu finden. Doch das ist er eben nicht“, sagte SVP-Kantonsrat Walter Hotz. Der Kanton sei nicht die Sparkasse für romantische Träumereien.
Schifffahrtsgesellschaft URh setzt auf anderen Kurs
Und was hat der Erfolg des Vorstoßes für Folgen? URh-Geschäftsführer Remo Rey teilt mit: „Die beschlossene und kommunizierte Flottenplanung sowie Dekarbonisierungsstrategie werden wie angegangen weitergeführt.“
Dieser Artikel erschien zuerst bei den ‚Schaffhauser Nachrichten‘.