Mit Sorge haben Hannes Vehrke und Roman Döppler beobachtet, wie sich Gailinger Grundstücke in Steinwüsten verwandeln. Die beiden Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wollen aber nicht die moralische Keule schwingen, sondern mit Informationen und Beispielen für pflegeleichte Alternativen werben.

Ein solches Beispiel ist das sogenannte Schwalbenhotel, das sich im Frühjahr mit seinen vielen Blüten in ein wahres Insektenparadies verwandelt. Als Basis dient hier ein sehr magerer Untergrund, bestehend aus Sand, Kies und Schotter. Auf dem Gelände befinden sich auch Totholz, Natursteine und Tonziegel. Dort finden Wildbienen und andere Insekten ihre Lebensgrundlage. „Hier können wir zeigen, wie man Schottergärten wieder zum Leben erwecken kann“, sagen die beiden Naturschützer. Einmal angelegt sei ein solcher Naturgarten sehr pflegeleicht.

Mit Leidenschaft und ohne Verbote für mehr Natur

Unterstützung finden die beiden Gailinger, die sich sonst um die Pflege des jüdischen Friedhofs kümmern, beim Gartenberater des Baden-Württembergischen Verbandes für Wohneigentum, Sven Görlitz. Von Verboten hält der nicht viel. Er will die Menschen überzeugen. Und das macht er mit Leidenschaft. Als Angestellter des Verbandes muss er keine teuren landschaftsplanerischen Gestaltungsideen verkaufen. „Ich muss keine Umsätze generieren, sondern kann meine Empfehlungen nach bestem Wissen weitergeben“, sagt er. Dieses Wissen basiert auf seiner Ausbildung als Landschaftsgärtner und aus der Weiterbildung an der Technikerschule Hohenheim bei Stuttgart.

Seit 22 Jahren berät der gebürtige Rielasinger die Wohneigentum-Ortsgruppen im Land in Sachen Gartengestaltung. Er hat miterlebt, wie sich der Umgang der Hausbesitzer mit ihren Gärten verändert hat. Das spiegelt sich auch in der aktualisierten Namensgebung wider. „Wir sind aus dem Siedlerbund hervorgegangen“, erinnert sich Görlitz. Die damaligen Mitglieder hatten große Nutzgärten mit Kleintieren und Obst- und Gemüseanbau.

Echte Nutzgärten gibt es kaum noch

Solche Gärten sind aber rar geworden. Weil Bauland immer knapper und teurer wird, werden auch die Grundstücke kleiner. An Gemüseanbau ist dabei kaum noch zu denken, abgesehen davon, dass oft auch die gärtnerische Erfahrung fehlt. Manche Bauherren sind mit der Gestaltung eines Ziergartens überfordert und entscheiden sich für vermeintlich pflegeleichte Stein- oder Schottergärten. Eine Entwicklung, die laut Landesbauordnung Baden-Württemberg bereits seit Jahren verboten ist.

Gartenberater Sven Görlitz vom Verband Wohneigentum Baden-Württemberg kommt aus Rielasingen und hat bei Kurt Burkhart in Singen eine ...
Gartenberater Sven Görlitz vom Verband Wohneigentum Baden-Württemberg kommt aus Rielasingen und hat bei Kurt Burkhart in Singen eine Lehre als Landschaftsgärtner gemacht. | Bild: JanaViola Löczi

Es sei ein Irrtum zu glauben, dass Schottergärten keine Pflege bräuchten, sagt Sven Görlitz. Ihn haben die BUND-Vorsitzenden für Montag, 18. November, um 19.30 Uhr zu einem Vortrag „Mein VorGarten – artenreich und einladend“ in den Gailinger Schlosskeller eingeladen. Dort will der Gartenberater mit praktischen Beispielen, Bildern von blühenden Staudengärten und Pflanztipps Mut zur Umgestaltung machen.

Pimpernelle, Färberkamille, Blutstorchenschnabel: Roman Döppler könnte die ganze Liste von heimischen Pflanzen herunterspulen. Aber die muss man sich gar nicht alle merken, denn es gibt heimische Samenmischungen oder Pflanzenarrangements, die man bestellen kann.

Im grünen Garten bleibt‘s im Sommer kühl

Hannes Vehrke hat bei all diesen Vorschlägen vor allem das Klima im Sinn. Schottergärten speichern im Sommer die Hitze und tragen so noch mehr zur Erwärmung der Umgebung bei. „Weil kein Unkraut wachsen soll, wird unter dem Schotter eine Folie oder ein Vlies verlegt“, erklärt er. „Der Boden darunter geht kaputt. Da ist dann kein Leben mehr.“ Und auch Feuchtigkeit könne nicht versickern, was bei Starkregen zum Problem werde.

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In Gailingen entstehen im Baugebiet Erlenwies neue Einfamilienhäuser. Mit den Tipps vom Gartenberater wollen die BUND-Vorsitzenden Impulse geben, um Fehler zu vermeiden. Deshalb haben sie Sven Görlitz mit ins Boot geholt. Er wird zeigen, wie man im Vorgarten für Artenvielfalt und für ein besseres Mikroklima sorgen kann, um einen Beitrag gegen Wetterextreme zu leisten. „Man kann auf kleinem Raum viel Natur reinbringen“, sagt er. „Und solange kein Frost herrscht, kann man auch im Winter pflanzen, was im Frühjahr blühen soll.“ Er nennt Glockenblume, Fetthenne, Zwiebelknollen. Aus vorhandenen Steinen könne man Wälle anlegen.

Görlitz will Mut machen und spricht dabei noch ein Thema an: „In den vielen Krisen fühlen sich die Menschen machtlos. Im eigenen Garten können sie selber handeln.“ Es mache Freude zu sehen, was man auf einer kleinen Fläche umsetzen kann. Mehr dazu verrät er am 18. November um 19.30 Uhr im Gailinger Schlosskeller.