„Man muss früh anfangen, sonst schafft man das gar nicht“, sagt Erhard Pfeil (91) mit einem verschmitzten Lächeln. Und dieses Lächeln überträgt sich sofort auf seine Frau Christel (89). In herzlicher Eintracht sitzen die beiden in ihren Lieblingssesseln in ihrer gemütlichen Wohnung mitten in Gottmadingen. Christel und Ehrhard Pfeil sind seit 70 Jahren verheiratet und noch immer spürt man ihre gegenseitige Zuneigung. Wie haben sie das geschafft in einer Zeit, wo durchschnittlich jede dritte Ehe in Deutschland geschieden wird? Wenn die Pfeils von ihrem gemeinsamen Leben erzählen, wird das absolute Vertrauen spürbar.

Es begann 1954 im Ruhrpott

Begonnen hat alles per Zufall auf dem Tanzboden in Wanne-Eickel im Ruhrgebiet. Erhard Pfeil arbeitete 1954 in einer Gießerei und war eines Abends mit einem „Kumpel“ unterwegs. Auf dem Heimweg kehrten sie noch bei einer Tanzveranstaltung ein. Und da war sie: Christel, 19 Jahre, aus Wanne-Eickel. Beide verliebten sich, und schon eineinhalb Jahre später wurde geheiratet. „Es war eine bescheidene Hochzeit“, erzählt Christel Pfeil heute. „Wir waren ja Kriegskinder und Entbehrungen gewohnt. Dass es so schnell gehen musste, lag daran, dass unsere Tochter unterwegs war.“

Die kleine Familie lebte zunächst in Recklinghausen. Doch es sollten noch viele weitere Stationen folgen. Der gelernte Gießereifachmann und Former-Meister kletterte auf der Karriereleiter in Leitungspositionen und war an verschiedenen Standorten gefragt: Siegerland (wo der Sohn geboren wurde), Schaffhausen, München, Kohlberg in der Oberpfalz.

Neue Heimat in der Nähe der Tochter gefunden

„Wir sind elfmal umgezogen“, erzählt Christel Pfeil. In Gottmadingen sind sie vor zwölf Jahren sesshaft geworden. Sie selbst sei ganz in der Rolle als Hausfrau und Mutter aufgegangen. Die beruflichen Entscheidungen überließ sie ihrem Mann. „Für uns war es jedes Mal wie Urlaub. Es gab immer wieder Neues zu entdecken“, sagt sie über die Ortswechsel.

Nach Gottmadingen zog es sie, weil sie in der Nähe ihrer Tochter sein wollen, die mit ihrer Familie in Schaffhausen lebt. Zehn Jahre haben sie selber in Schaffhausen gelebt. „Das war unsere schönste Zeit“, sind sie sich einig. Verliebt schauen sie sich an, wenn sie von den Wanderungen und Ausflügen in der Schweiz erzählen.

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Doch das Schönste in ihrem Leben sei die Geburt ihrer Kinder gewesen, sagt Christel Pfeil. Mittlerweile gibt es auch Ur-Enkel. Sie ist stolz auf ihre Kinder und auf ihre Familie. Christel Pfeil liebte die Besuche bei und von Verwandten und Freunden.

Vertreibung und Flucht prägen bis heute

Wenn die beiden erzählen, so wird auch Dankbarkeit für die guten Jahre spürbar. Beide haben in ihrer Kindheit Vertreibung und Flucht erlebt: Sie kam aus Ostpreußen, er aus Sachsen-Anhalt. „Wir können das Leid und den Schmerz der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nachempfinden“, sagt Christel Pfeil. „Diese Zeit prägt uns bis heute.“