Einen Haushalt zu planen, ist in diesen unsicheren Zeiten teilweise wie ein Blick in die Glaskugel. Das macht Gottmadingens Kämmerer Andreas Ley deutlich, wenn er trotz soliden Wirtschaftens die großen Unbekannten aufzählt, die auf die Gemeinde im Jahr 2023 zukommen könnten. Eigentlich wäre alles in Butter, wenn nicht der fortdauernde Ukraine-Krieg die Weltordnung auf eine harte Probe stellen würde. „Wir müssen damit rechnen, dass die guten Haushaltszahlen im Frühjahr 2023 deutlich korrigiert werden müssen und es dann zu spürbaren finanziellen Einschnitten kommen wird“, so die persönliche Einschätzung des Kämmerers.
Trotzdem spricht er von einer guten Ausgangslage, zumal Gottmadingen im Landkreis bei der Haushaltsplanung neben Singen eine von nur zwei Gemeinden ist, die noch ein positives Ergebnis erzielen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Prozess der zweiten Haushaltskonsolidierung für den Neubau der Eichendorff-Realschule bereits abgeschlossen ist. Ein weiterer Grund sind die immer noch niedrigen Zinsen für aktuelle Kredite. Und schließlich haben sich die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie weniger auf die finanzielle Entwicklung der Gemeinde ausgewirkt, als zunächst befürchtet wurde.
Der aktuelle Haushaltsplan-Entwurf gehe von einer guten Konjunkturlage aus, so der Kämmerer. Auf dieser Grundlage wurde auch die Einkommenssteuer für 2023 und die Folgejahre kalkuliert. Und hier ist sie wieder, die Glaskugel, von der man nicht weiß, ob die Prognosen tatsächlich eintreffen werden.

Immerhin hat Andreas Ley einen kleinen Überschuss von 149.000 Euro im Ergebnishaushalt ermittelt. Dass ein Haushaltsplan immer wieder überarbeitet werden muss, zeigte die jüngste Ratssitzung vor Weihnachten. Darin wurde der Zahlungsmittelüberschuss, der im Finanzhaushalt aus der laufenden Verwaltungstätigkeit erwirtschaftet wurde, von 2,8 Millionen Euro auf 2,4 Millionen Euro herabgesetzt. Das sind 486.000 Euro (mehr als noch 2022 angesetzt), die die Gemeinde als Umlage an den Landkreis abführen muss, damit dieser seine Verpflichtungen erfüllen kann.
Ein anderer dicker Posten sind die Personalausgaben, die mit 506.0000 Euro höher ausfallen, als bisher berechnet. Insgesamt hat Andreas Ley die Kosten für Personal für 2023 mit 6,5 Millionen Euro berechnet. Strom und Heizung werden um 89.000 Euro teurer als vorausberechnet, und die Umlage für den Finanzausgleich steigt um 117.000 Euro auf knapp 3,5 Millionen Euro. So musste der Kämmerer den vorläufigen Haushaltsansatz für den neuen Entwurf um 809.000 Euro nach unten korrigieren.
Das Erfolgsgeheimnis: Optimismus und ein bisschen Glück
„Wie kommt es zu diesem noch guten Ergebnis, obwohl viele andere Gemeinden in 2023 mit negativen Ergebnissen planen?“ Kämmerer Ley stellt diese rhetorische Frage, um sie dann selbst zu beantworten: Zum einen beruhe das gute Ergebnis auf sehr optimistischen Orientierungsdaten, die einen möglichen Konjunktureinbruch noch nicht berücksichtigten. Der andere Grund ist aber eine glückliche Hand der Gemeinde im Bereich der Versorgungsverträge für Strom und Gas. Vor zwei Jahren habe man einen Drei-Jahresvertrag abgeschlossen, so dass Gottmadingen nur moderate Steigerungen bei den Energiekosten zu verkraften habe.

Gute Erträge können aber auch negative Auswirkungen haben, zum Beispiel auf die Schlüsselzuweisungen. Wenn die Gemeinde mehr Steuern einnimmt, bekommt sie auch weniger vom Land. Das sind für 2023 147.000 Euro weniger als noch vor einem Jahr geplant. Bei der Gewerbesteuer rechnet Andreas Ley mit rund einer halben Million weniger Einnahmen. Und auch die Kita-Förderung liegt mit 1,4 Millionen Euro um 134.000 Euro niedriger als geplant.
Vorsicht, damit 2024 bis 2026 kein blaues Wunder geschieht
Aufgrund der allgemein schwer vorhersagbaren Wirtschaftsbedingungen bleibt der Blick in die Zukunft häufig im Vagen. Ley rät zur Vorsicht, damit die Gemeinde in den Folgejahren 2024 bis 2026 kein blaues Wunder erlebt. Sein Fazit: „In den kommenden Haushalten müssen wir in allen Bereichen aufpassen, dass wir nicht selbst weitere, beziehungsweise zu viele Folgekosten schaffen, die unsere Ergebnisse weiter einschränken, da gute wirtschaftliche Ergebnisse unerlässlich sind für die Finanzierung unseres Investitionsprogramms sind.“
Das Mega-Projekt Schule habe die Gemeinde nur deshalb finanziell bewältigt, weil andere, auch wichtige Pflichtaufgaben der Gemeinde in die Warteschleife geschickt wurden und jetzt auf die Realisierung warteten.
Lob von allen Seiten für die Finanzverwaltung
Dieser Einschätzung hatten die Gemeinderäte wenig entgegenzusetzen. Die Fraktionen verzichteten auf Haushaltsreden. Kirsten Graf bemerkte allerdings für die SPD-Fraktion: „Wir haben als Gemeinde unglaubliches Glück gehabt, dass wir das Schwimmbad und die Schule vor dem Krieg hingekriegt haben“, sagte sie. „Stellt Euch vor, wir müssten jetzt bauen.“ Sie lobte die gute und konstruktive Zusammenarbeit von Gemeinderat und Verwaltung, die von Sachpolitik geprägt sei.

Auch Bernd Schöffling (CDU) sprach in Bezug auf den Haushalt von Glück und lobte die Verwaltung: „Wir haben noch genug Geld. Die Steuer fließt noch. Das Problem ist eher, die Aufgaben mit dem vorhandenen Personal abzuarbeiten.“ Dabei bezog er sich auf die beiden großen Investitionen im Bereich Breitbandausbau und der Unterbringung von Flüchtlingen. Noch sei der Haushalt sehr im Lot, stellt Schöffling fest. Es werde aber noch zu großen Verschiebungen kommen.
Bürgermeister Michael Klinger gab das Lob zurück: „Unsere Arbeit beruht auf gegenseitigem Vertrauen. Dafür danke ich dem Gemeinderat.“ Die Verwaltung gehe sehr offen und zielgerichtet mit den anstehenden Themen um. Das habe sich ausgezahlt.