„Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin“, skandieren Fans, die ihre Teams gerne im Fußballpokal-Finale im Olympiastadion der Bundeshauptstadt sehen würden. Sportlich hat die Reise-Mannschaft, die sich von Konstanz über Gottmadingen in die deutsche Metropole per Busfahrt aufmacht, wenig zu bieten. Dafür aber viel Gemeinschaftsgeist: Die Gottmadinger Gerstensack-Narrenzunft stellt das Gros der Fahrgäste.

Mit dabei auch Vertreter von anderen Vereinen des Dorfes. Und ein paar Konstanzer, die auf der Warteliste für eine Berlin-Bildungsreise der regionalen FDP-Bundestagsabgeordneten Ann-Veruschka Jurisch standen. Sie reist selbst nicht mit, da die Familie nach beruflichem Stress lange auf sie warten musste und die Sommerpause des Bundestages für einen Heimat-Besuch bestens taugte.
Zu weit weg vom Alltag? Kritik an Politikern
Die Berlin-Reise schafft Eindruck. Veranstaltungen im Bundesnachrichtendienst, beim Bundestag und bei der deutschen Gesellschaft lassen aufhorchen. Auch weil die Teilnehmer der Reise in durchaus gewollten Diskussionen das Wort ergreifen. Und das auch ziemlich kritisch. Weit weg seien die Politiker von den Bürgern, Anliegen würden nicht ernst genommen.

Der Gottmadinger Arzt Christoph Graf formuliert angesichts einer Gesetzesvorlage, der den Praxen das Aus verschreibe, weil sie nun beispielsweise auch Notdienste von Kliniken übernehmen müssten: „Im Landkreis Konstanz sind 45 Prozent der Allgemeinmediziner mehr als 60 Jahre alt. Kommt das neue Gesetz, werden die meisten schließen“, prognostiziert Graf. Auch in Sachen Zusammenwachsen von Menschen aus West- und Ostdeutschland gab es viele kritische, aber konstruktive Beiträge.

Die Teilnehmer der Berlinfahrt ziehen dennoch ein positives Fazit: „Die Reise hat sich gelohnt. Wir waren nahe am politischen Geschehen“, sagt Tanja Hitzler. Sie findet bemerkenswert: „Nun wissen wir, dass die Plenar-Sitzungen teils schwach besucht sind, weil die Abgeordneten ja tagsüber arbeiten müssen und es spezielle Ausschüsse gibt“, betont sie.
Junge Teilnehmer zeigen großes Interesse
Imponierend sei für sie auch, dass die jungen Reise-Teilnehmer sich sehr interessiert gezeigt haben. „Die Reise war sehr aufschlussreich. Und die Stadtrundfahrt hat mir imponiert. Es gab auch einen guten Austausch. Bin überrascht, wie sauber Berlin ist“, erklärt Andreas Handloser.
„War etwas schade, dass Frau Jurisch nicht dabei war. Es gab aber viele interessante Aspekte und es gelang auch, innerhalb der Reisegesellschaft gute Gespräche zu führen“, betont Ralf Weber.
Politiker sollen reagieren statt agieren
Ein Kritiker bleibt kritisch: „Leider haben unsere regionalen Polit-Vertreter auf konkrete Anfragen, die Probleme im Gesundheitswesen betreffen, nicht geantwortet, sondern sie nur an ihre Parteien weitergeleitet“, sagt Christoph Graf. Die politische Bildungsreise wertet er aber als positiv. „Ich würde mir aber wünschen, dass Politiker mehr agieren statt wie derzeit reagieren“, betont Graf.