Bürgerbeteiligung genießt in Gottmadingen einen hohen Stellenwert. Was nicht unbedingt der bequemste Weg ist, weil viele Menschen mitreden, zahlt sich am Ende aber durch ein hohes Interesse an der Entwicklung der Gemeinde aus. So war es bei der Sanierung des Höhenfreibades und bei der Entscheidung zum Bau der neuen Eichendorff-Realschule; so ist es jetzt auch beim Thema Radverkehr.

Radfahren muss Spaß machen

Seit geraumer Zeit beschäftigt sich eine Gruppe von Menschen mit der Frage, wie die Verbindungen im und um den Ort herum für Zweiradfahrer attraktiver und vor allem sicherer gestaltet werden können. Denn was nützt der Bau eines schicken Fahrradparkhauses am Bahnhof, wenn es aus Mangel an Erreichbarkeit nicht genutzt wird?

Mit dem Radhaus will die Gemeinde einen Anreiz für den Umstieg vom Privatwagen auf öffentliche Verkehrsmittel schaffen und die Mobilitätswende vorantreiben. Das werde jedoch nur gelingen, wenn es Spaß macht, mit dem Rad durchs Dorf zu fahren, sind sich Rat und Verwaltung einig. Doch in Gottmadingen findet man sich – zumindest als Fremder – nicht gut zurecht.

Alle Verkehrsteilnehmer eingeladen

Um herauszufinden, wo die größten Probleme sind, hat es eine Verkehrszählung, Befragungen und Exkursionen gegeben. Die Erkenntnisse flossen in die Erhebungen des beauftragten Ingenieurbüros Fichtner, das die Punkte aus verkehrsplanerischer Sicht einordnen sollte, ein.

In einer ersten Online-Bürgerwerkstatt wurden im Mai 2021 Anregungen aus der Bevölkerung gesammelt. Dazu waren ausdrücklich nicht nur Radfahrer, sondern alle Verkehrsteilnehmer vom Fußgänger bis zum Autofahrer eingeladen.

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„Wir wollen schließlich nicht polarisieren, sondern streben ein friedliches Miteinander an“, kommentiert Volker Rauwolf. Zusammen mit Markus Romer, Hubert Lohr, Jörg Sieg, Petra Petersen, Oliver Denzel, Joachim Dutt von der Gemeindeverwaltung und

Bürgermeister Michael Klinger hat er nun die Ergebnisse der zweiten Bürgerwerkstatt vorgestellt. Wobei sich Klinger nur als Moderator versteht. Nicht anwesend waren Stefan Burger und Günter Speicher. „Auch wenn die Teilnahme am zweiten Workshop wesentlich geringer war, so haben wir doch sehr effektiv gearbeitet“, stellt Joachim Dutt fest.

B 34 ganz oben auf der Liste

Man sei in der Bewertung der Situation einen wesentlichen Schritt weiter gekommen und habe sogar eine Prioritätenliste erstellen können. Die Wunschliste der ersten Bürgerwerkstatt wurde ausgewertet und auf die Realisierbarkeit hin überprüft.

Heraus kam Bekanntes, aber auch Überraschendes: Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die B 34. Über die Hauptstraße rollt tagein tagaus eine endlose Blechlawine aus Richtung Singen nach Bietingen und umgekehrt. Einen Radweg gibt es nicht. Die Bundesstraße soll im kommenden Jahr saniert werden. Und da möchte die Gemeinde auch für die Radfahrer eine Verbesserung erwirken.

Die Arbeitsgruppe schlägt einen einseitigen Radweg in den jeweiligen Steigungsbereichen vor, und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 oder 40. Petra Petersen hält Tempo 40 für verwirrend, weil es dann drei verschiedene Tempobereiche im Ort gebe. Sie plädiert für Tempo 30, das dann auch mit dem Lärmaktionsplan gekoppelt werden könnte.

Radweg in Gewerbestraße

Erstaunlich – auch für die Verwaltung – ist der starke Wunsch nach einem Radweg in der Gewerbestraße. Hubert Lohr schildert die Situation aus eigener Erfahrung: Parkende Lastwagen und ein starker Berufsverkehr stellten für Radfahrer eine Gefahr dar. Der Vorschlag aus der Bürgerwerkstatt lautet nun, den nördlichen Streifen in einen zweispurigen Radweg umzuwidmen.

Auch der Kreisverkehr beim Ortseingang von Singen ist für Radfahrer ein Problem. „Der Radweg liegt so tief, dass die Radler von den Autofahrern zu spät gesehen werden“, sagt Oliver Denzel. Außerdem sei das Anfahren wegen der Steigung nicht jedermanns Sache. Hier könnte eine längere Rampe die Situation vereinfachen.

Viele Wünsche wenig praktikabel

Eine bessere Beschilderung würde Ortsfremden helfen und wäre leicht umzusetzen. Manches, wie eine breitere Brücke über die Biber bei Randegg, eine Radfahrer-Querung am Ortseingang von Bietingen und eine Weiterführung zum Bahnhof wurde ins Reich der Wünsche verbannt. Einen Radweg über den Platz am alten Rathaus halten die Werkstatt-Teilnehmer nach genauer Betrachtung für wenig praktikabel.

Einen Weg am nördlichen Bahndamm zwischen Hilzinger Straße und Gewerbestraße stuften sie als Konkurrenz zum gewünschten Radweg in der Gewerbestraße ein. Und der Wunsch nach einem Online-Radinformationssystem wurde in die Zukunft verschoben.

Wie geht es nun weiter? „Im nächsten Schritt wird sich der Gemeinderat mit den Ergebnissen der Bürgerwerkstatt beschäftigen müssen“, sagt Bürgermeister Michael Klinger.