Die Not der Kommunen bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen ist groß, denn die Anzahl an Ankommenden reißt seit Monaten nicht ab. Auch in Gottmadingen ist man deshalb auf der Suche nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten. Und schon jetzt kündigt Bürgermeister Michael Klinger bei einem Dorfgespräch an, dass es konkrete Pläne der Gemeinde gebe, ein zusätzliches Wohnhaus in Gottmadingen zu bauen.

Etwa 40 bis 50 interessierte Bürger waren am Donnerstagabend zum Dorfgespräch gekommen, um mehr über das mögliche Vorhaben, das am ...
Etwa 40 bis 50 interessierte Bürger waren am Donnerstagabend zum Dorfgespräch gekommen, um mehr über das mögliche Vorhaben, das am Dienstag, 19. September, im Gemeinderat diskutiert wird, zu erfahren. | Bild: Matthias Güntert

Ein entsprechender Vorschlag soll laut dem Rathauschef dem Gemeinderat in seiner kommenden Sitzung am Dienstag, 19. September, vorgelegt werden. Für Gottmadingen könnte der Neubau demnach nach dem beschlossenen Wohnhaus für Geflüchtete in der Hilzingener Straße – für das es heftige Kritik aus der Bürgerschaft gab – bereits der zweite Hochgeschwindigkeitsbau werden.

Aber Klinger betont: „Die Flüchtlingsströme reißen nicht ab. Deshalb müssen wir weitere Wohnräume bauen, wir wissen sonst nicht, wie wir das Problem vor dem wir stehen, anders bewältigen sollen“, so Klinger.

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Bereits aktuell hat die Gemeinde Gottmadingen ihr Soll deutlich nicht erfüllt und muss bis Ende 2023 rund 100 weitere Personen unterbringen. „Die Gemeinde bleibt bei der Strategie, mit dem weiteren möglichen Gebäude in der Hauptstraße den notwendigen Wohnraum zur Unterbringung von Geflüchteten möglichst dezentral, das heißt verteilt über die einzelnen Bezirke von Gottmadingen und auch über die Ortsteile, zu schaffen“, so Klinger. „Nun werden die notwendigen Schritte für die Bebauung eingeleitet.“

40 bis 50 Menschen kommen zu Dorfgespräch

Etwa 40 bis 50 Bürger sind am Donnerstagabend ans Areal entlang der Hauptstraße B34 in Richtung Bietingen gekommen, um mehr über die neusten Pläne für den Neubau für geflüchtete Menschen zu erfahren. Die Anzahl an Interessierten macht deutlich: Das Thema beschäftigt nicht nur Politik und Verwaltung.

Eindringlich macht Bürgermeister Michael Klinger deutlich, dass die Gemeinde den weiteren Neubau dringend brauche, um die ...
Eindringlich macht Bürgermeister Michael Klinger deutlich, dass die Gemeinde den weiteren Neubau dringend brauche, um die Unterbringungsquote zu erfüllen. | Bild: Matthias Güntert

Laut Bürgermeister Michael Klinger solle auf dem Areal ein Neubau mit 550 bis 600 Quadratmeter entstehen. In neun Wohnungen solle Platz für 40 Menschen geschaffen werden. „Der Neubau orientiert sich dabei an den Plänen für das beschlossene Gebäude in der Hilzinger Straße“, sagt Klinger. Auch mit Blick auf die Kosten orientiere sich die Gemeinde an den dortigen Kosten. Diese beziffert Klinger auf rund 3,2 Millionen Euro. „Gebaut werden Zwei- und Drei-Zimmer Wohnungen, die in der Nachnutzung neben den bereits vorhandenen Wohngebäuden der Gemeinde dann als bezahlbarer Wohnraum vermietet werden können“, betont Klinger.

Auch ein Blick auf einen möglichen Zeitplan macht deutlich, dass der Gemeinde das Wasser bis zum Hals steht: Laut Klinger sei mit einer Fertigstellung bis Mitte/Ende 2024 im besten Fall zu rechnen.

Die alte Eichendorff-Schule hilft – aber nicht lange

Aktuell seien bereits über 300 Menschen in Gottmadingen untergebracht. Da derzeit 180 Menschen in der alten Eichendorff-Schule in einer Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises untergebracht seien, würde man sich als Gemeinde ein wenig Luft verschaffen. „2023 werden wird deshalb die vielzitieren Busse mit Menschen wohl nicht mehr erhalten, aber der Mietvertrag mit dem Landkreis über die alte Schule läuft bis Mitte 2024“, so Klinger.

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Zwar sei eine temporäre Verlängerung denkbar, aber danach bedürfe es Lösungen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die dortige Notunterkunft irgendwann geräumt wird, aber dann haben wir unsere Quote nicht mehr erfüllt“, macht Klinger deutlich. Die Konsequenz sei eine drohende Belegung der gemeindeeigenen Sporthallen, wenn anderer Wohnraum wie durch die Neubauten fehlt. Und das wolle Klinger auf jeden Fall verhindern.

Der Bürgermeister wies auch daraufhin, dass andere Gemeinden im Hegau aktuell an Container-Lösungen wie etwa in Steißlingen arbeiten.

Industriebauten sind nicht gleich Wohnhäuser

Anders als beim hitzigen Dorfgespräch zum Neubau für Geflüchtete in der Hilzinger Straße im April, verlief der jetzige Infoabend ruhig. Eine Bürgerin wollte wissen, ob man anstatt dem Neubau nicht leerstehende Gebäude im Industriegebiet nutzen könnte. Bürgermeister Michael Klinger entgegnete ihr, dass dies nicht so einfach umsetzbar sei – vor allem mit Blick auf den Brandschutz. „Es funktioniert nicht so einfach, ein Gebäude, das nicht zum Wohnen gebaut wurde, umzufunktionieren“, sagt Klinger.

Zudem würden die großen Gebäude oftmals ausländischen Industriefonds gehören, mit denen eine Verhandlung quasi unmöglich sei. Der Landkreis habe versucht, das Fahr-Denkerbüro anzumieten, sei aber letztlich am zu teuren Brandschutz gescheitert.

Roland Fahr vom Helferkreis in Gottmadingen warb indes beim Dorfgespräch dafür, dass Integration keine Einbahnstraße seitens von Verwaltungen sei. „Es gehört auch dazu, dass die Flüchtlinge ehrenamtlich betreut werden und wir helfen, wo wir können“, sagt er. Integration lebe von Menschen, die anpacken – und dies auf beiden Seiten.