Was nützen all die Parkverbote, wenn sie nicht kontrolliert werden? In Binningen fragen sich das die Dorfbewohner in diesem heißen Sommer immer öfter. Obwohl der Baggersee am Ortsrand eigentlich rundum abgeriegelt ist und Verbotsschilder darauf hinweisen, dass hier nicht gebadet werden darf, scheint das niemanden zu kümmern. Mit den steigenden Temperaturen steigt auch die Zahl der illegalen Badegäste und mit ihnen die Falschparker im angrenzenden Naturschutzgebiet.
Bis zu 100 Autos sollen in diesem Sommer täglich im Binninger Ried unerlaubt abgestellt worden sein, bestätigt der ehemals ehrenamtliche Naturschutzwart Dietmar Hiestand. Er hat sein Ehrenamt abgegeben, weil er sich vom Landratsamt im Stich gelassen fühlt. Zwar seien im vergangenen Jahr verschärfte Kontrollen nach dem Naturschutzrecht vereinbart worden; in diesem Jahr habe man davon aber nur wenig gespürt. „Nur am vergangenen Wochenende war die Polizei im Einsatz, nachdem der Landwirt Alarm geschlagen hat“, berichtet Hiestand.

Naturschutzwart gibt auf
Das Naturschutzrecht macht die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht ganz leicht. Im Unterschied zum öffentlichen Straßenverkehr wird bei Parkverstößen nicht der Fahrzeughalter, sondern der Fahrzeugführer zur Verantwortung gezogen. „Bei den langen Bearbeitungszeiten zwischen Beanstandung und dem Bescheid ist es teilweise sehr schwer nachzuvollziehen, wer der Fahrer des Wagens war“, weiß Dietmar Hiestand. Mit dem Landratsamt sei ein Bußgeld für das unerlaubte Parken im Naturschutzgebiet in Höhe von 55 Euro vereinbart worden, aber an der Nachverfolgung scheitere das Verfahren. Hiestand versteht nicht, warum nicht das Badeverbot kontrolliert werde.

Immerhin handle es sich um ein offenes Grundwasser, aus dem die Stadt Tengen Trinkwasser bezieht. Ganz zu schweigen von der Partykultur, die in Corona-Zeiten sämtliche Hygiene- und Abstandsregeln am Baggersee missachtet habe.
Angler sammeln tonnenweise Müll
Davon kann auch der Vorsitzende des Gottmadinger Angelsportvereins, Stefan Heinermann, ein Lied singen. Der Verein ist Pächter der Fischereirechte und ärgert sich schon seit Jahren über die illegalen Badegäste und vor allem über den Müll, den sie hinterlassen. „Wir räumen hier jedes Jahr zwei bis drei Container Müll mit acht Kubikmetern vom Gelände. Von Essensresten über Fahrräder bis hin zu Zelten haben wir hier schon alles eingesammelt“, erzählt Heinermann. „In Corona-Zeiten ist das Aufräumen noch erschwert, weil wir nur in Kleingruppen und mit Abstand unterwegs sein dürfen.“
Auch die Zerstörungswut ärgert die Angler. Die Fenster des Vereinsheims wurden eingeschlagen, Eigentum entwendet, Sitzbänke abgefackelt. Es habe sogar einen tätlichen Angriff gegeben, als ein Vereinsmitglied Badegäste darauf angesprochen habe. „2019 war es besser, weil da stärker kontrolliert wurde“, bestätigt der Vereinsvorsitzende. „Doch in diesem Jahr unternimmt das Landratsamt nichts.“
Fremde parken die Dorfstraßen zu
Nico Merkt wohnt im Dorf und engagiert sich auch im Ortschaftsrat. Er weiß, dass alle Verbotsschilder nichts bewirken, wenn die Kontrollen fehlen. Rund um das Gelände gibt es Trampelpfade, die an den Zäunen vorbei zum See führen. „Gegen ein paar Schwimmer aus der nahen Umgebung hätte ich nichts einzuwenden“, sagt er. Er sei selbst in seiner Kindheit im See geschwommen. Aber die Diskussion über einen geordneten Badebetrieb wurde bereits mit einer Ablehnung beendet. Einen entsprechenden Vorstoß aus Hilzingen hatten die Tengener strikt abgelehnt.

Nico Merkt stören besonders die vielen Fremden, die nicht nur die Dorfstraßen zuparken, sondern auch „regelmäßig mit mehr als 50 Fahrzeugen in der S-Kurve an der Kreisstraße 6126 im Naturschutzgebiet stehen“. Hier habe es schon mehrere Unfälle gegeben. „Der Eigentümer müsste aktiv gegen die illegalen Badegäste vorgehen“, sagt Merkt und weiß im selben Moment, dass das einem Kampf gegen Windmühlen gleicht.
Eigentümer arbeitet an Lösungen
Eigentümer ist die Firma Meichle & Mohr. Ein Anruf in der Zentrale in Immenstaad zeigt, dass sich Rolf Mohr seiner Verantwortung sehr wohl bewusst ist. Er hat schon einiges unternommen, um dem unerlaubten Badebetrieb ein Ende zu setzen: Absperrungen, Verbotsschilder, Behördengespräche. „Vor zwei Jahren hatten wir einen runden Tisch mit dem Landratsamt, der Gemeinde Hilzingen und der Polizei“, sagt er. „Wir haben Verschiedenes in die Wege geleitet. Zum Beispiel haben wir an der Straße nach Weil Schranken installiert und Steinquader aufgestellt.“ Es sei etwas besser geworden, aber noch nicht zufriedenstellend. „Die Leute fahren über den Acker an den Schranken vorbei. Deshalb wollen wir im nächsten Jahr noch mehr Hindernisse einbauen.“
Mohr selbst hat kein Problem mit Schwimmern aus der Nachbarschaft, die mit dem Fahrrad zum See radeln. Was er jedoch „gemein und unverschämt“ findet, sind Partys in Coronazeiten, bei denen am Ende noch Unmengen Müll hinterlassen wird. Im Herbst oder Frühjahr 2021 will Rolf Mohr sich erneut mit dem Landratsamt und dem neuen Bürgermeister von Hilzingen an einen Tisch setzen, um zu beraten, wie man weiter vorgehen kann.
Reaktion des Landratsamtes
Die Reaktion der zuständigen Aufsichtsbehörde fällt recht kurz aus. „In der Umgebung des Binninger Baggersees finden auch in der Sommersaison 2020 Kontrollen von Parkverstößen nach straßenrechtlichen Bestimmungen und in Natur- oder Landschaftsschutzgebieten statt. Dem Landratsamt Konstanz ist die Situation bekannt und es arbeitet nach wie vor an einer Gesamtlösung“, schreibt die Pressesprecherin Marlene Pellhammer in ihrer Erklärung auf Anfrage des SÜDKURIER.