
Das Bild friert ein, der Ton kommt nur verzögert oder man fliegt komplett aus der Videokonferenz. Das sind Probleme, die das Homeoffice mit sich bringt – vor allem bei schlechter Internetverbindung. Und die findet man in Tengen öfter als in den anderen Gemeinden im Hegau. Das geht eindeutig aus den Daten des Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur hervor.
Laut dem Innenministerium Baden-Württemberg gelten Gebiete, die nicht über eine Internetgeschwindigkeit von mindestens 30 Megabit pro Sekunde verfügen, als unterversorgt. In Singen sind damit sieben Prozent der Haushalte unterversorgt, in Tengen dagegen betrifft die Unterversorgung fast die Hälfte der Haushalte. Damit ist die Gemeinde ganz klar das Schlusslicht im Hegau. „In der Kernstadt und einigen Ortsteilen gibt es eine halbwegs ordentliche Versorgung, aber es gibt auch eine Reihe von unterversorgten Teilen“, beschreibt Bürgermeister Marian Schreier das Problem. Er bezeichnet das Internet bei sich zu Hause als „passabel, sodass man damit arbeiten kann“. Aber er weiß von seinen Bürgern, dass Homeoffice in einigen Gebieten nicht gut möglich ist.
Hilzingen steht bei der Internetversorgung zwar besser da als Tengen, aber auch hier gelten nach der Definition des Innenministeriums noch ein Viertel der Haushalte als unterversorgt. Aber sowohl Hilzingen als auch Tengen wollen das ändern: „Im ländlichen Gebiet ist es so, dass es da öfter Unterversorgung gibt, aber deswegen sind wir da auch dran, das zu verbessern“, so der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer.
Diese Verbesserung ist eigentlich nicht Aufgabe der Gemeinden, sondern der Telekommunikationsanbieter. Und da sieht Marian Schreier auch den Grund für den schlechten Ausbau im ländlichen Bereich: „Die privaten Anbieter bauen natürlich lieber in den großen Städten aus.“
Förderung für Breitbandausbau
Tengen und Hilzingen wollen nicht auf die großen Anbieter warten, sie haben das Problem selbst in die Hand genommen und arbeiten gemeinsam an dem Breitbandausbau. Glasfaser heißt hier die Lösung, „die Daten werden dabei über mehrere Fasern über Licht übertragen und nicht mehr mit Kupferkabeln“, erklärt Bürgermeister Schreier. Für den Ausbau haben die Gemeinden hohe Fördersummen bewilligt bekommen, denn die Bauarbeiten und der Anschluss mit Glasfaser kosten mehrere Millionen Euro.
Für das neue Glasfasernetz kommt die Leitung aus Blumberg nach Tengen. Hinter der Gemeindegrenze von Tengen wird die neue Datenautobahn von Binningen über Hofwiesen nach Hilzingen laufen. Die Trasse ist fertig gebaut und laut Holger Mayer können Ende des Jahres die Daten schon durch die neuen Leitungen fließen. Der Tengener Bürgermeister Schreier ist dagegen zögerlich mit zeitlichen Aussagen: „Es gibt so viele Unwägbarkeiten mit Corona„, sagt er und will sich nicht auf ein Datum festlegen, an dem mit schnellem Internet aus dem neuen Glasfasernetz zu rechnen ist. Das Ziel sei es, die Bauarbeiten dieses Jahr fertig zu bekommen und die Leerrohre verlegt zu haben. Danach müssten allerdings als nächster Arbeitsschritt noch die Glasfaserleitungen in die Rohre kommen.
Ziel: komplettes Glasfasernetz
In Hilzingen wird neben der Trasse, die die beiden Gemeinden verbindet, noch ein zweiter Abschnitt vorbereitet: vom Hilzinger Ortsrand bis ins Industriegebiet. Bis wann dieser Abschnitt fertiggestellt ist, ist noch nicht absehbar, „unser erstes Ziel ist es, Binningen anzuschließen“, so Mayer. Auch wenn es noch einige Jahre dauert, sollen so nach und nach alle Haushalte an das interkommunale Netz von Hilzingen und Tengen angeschlossen werden. Die beiden Gemeinden haben ein klares Ziel, erklärt Marian Schreier: „ein komplettes Glasfasernetz in beiden Gemeinden“.
Gailingen ist Spitzenreiter
Mit einem Glasfasernetz sind Spitzenleistungen bei der Internetgeschwindigkeit möglich. Im Breitbandatlas des Bundesministeriums für digitale Infrastruktur werden 1000 Megabit pro Sekunde als die höchste Geschwindigkeit vermerkt. In Tengen erreicht das noch kein einziger Haushalt.
Ganz anders in Gailingen, 90 Prozent der Haushalte können die höchste Geschwindigkeit bekommen und fast alle mindestens 30 Megabit pro Sekunde. So soll es auch in Tengen und Hilzingen sein, daran arbeiten die Gemeinden fleißig. Doch bis alle Haushalte schnelles Internet haben, können noch einige Jahre vergehen. Bis dahin bleibt das stockende Bild in der Videokonferenz und die Frage „Könnt Ihr mich noch hören?“ wird noch aus einigen Homeoffices im Hegau schallen.
Glasfaser und Anschlussvarianten
- So funktioniert Glasfaser: Internet kann mit Telefon- und Fernsehkabeln, Satellit oder Mobilfunk übertragen werden. Für neuere Internetanschlüsse werden allerdings meist Glasfaserleitungen verlegt. Sie haben eine höhere Datenübertragungsrate als die anderen Möglichkeiten. Dabei werden die Daten mit Lichtimpulsen auf den Fasern übertragen.
- Diese Anschlussvarianten gibt es: Bei der Variante FTTC wird Glasfaser bis zum Verteilerkasten verlegt und von dort geht es mit Kupferkabeln zu den einzelnen Haushalten. Das ist die Variante mit der langsamsten Verbindung, da die Kupferkabel die Daten nicht so schnell übertragen wie Glasfaser. Bei Glasfaser bis ans Haus (FTTB) wird die schnelle Leitung nicht nur bis zum Verteiler, sondern zu jedem Haus gelegt. Die schnellste Variante schließlich ist Glasfaser bis ins Haus (FTTH). Hier wird auch im Haus bis zu den Geräten mit Glasfaser gearbeitet.