Die meisten Störche aus der Region sind mittlerweile auf dem Weg in den Süden. Darunter auch die, die im Hohenfelser Ortsteil Minderdorf ihre Nester haben. Und vor allem auch die mehr als 100 Störche, die sich über Wochen im 450-Einwohner-Dorf Mindersdorf gesammelt hatten. Doch Fragen und Unmut bleiben. Nachdem der Brief von Bürgermeister Florian Zindeler an das Landesumweltministerium bundesweit negative Presse ausgelöst hat, habe der Storchenbeauftragte Josef Martin sogar mit dem Gedanken gespielt, sein Amt niederzulegen. Doch nach einem Gespräch gibt es nun erste Lösungsansätze.

Zindeler hatte kürzlich das Umweltministerium um einen ‚Masterplan zum Umgang mit geschützten Arten‘ gebeten, denn in Mindersdorf waren zu dem Zeitpunkt rund 100 Störche auf der Durchreise und allgemein nimmt die Zahl der Nester im Ort zu. In den Tagen danach gab es bundesweit negative Schlagzeilen und Unruhe. Medien und Tierschutzorganisationen aus ganz Deutschland interessierten sich plötzlich für das Thema, ob es in Hohenfels zu viele Störche gibt.

Drei Störche Anfang September auf dem Mindersdorfer Kirchturm.
Drei Störche Anfang September auf dem Mindersdorfer Kirchturm. | Bild: Löffler, Ramona

Kritik an dem Alleingang

Josef Martin hätte sich gewünscht, dass der Bürgermeister erst mit ihm geredet hätte, ehe er einen solchen Brief losschickt. In dem Gespräch, in dem die drei Mindersdorfer kritische Anmerkungen zu überregionalen Berichten äußerten, erläuterte Zindeler zum Beispiel, seine Worte seien von einem Boulevard-Blatt falsch dargestellt worden. Zudem klärten sich auch Missverständnisse unter den Anwesenden auf.

Zindeler versicherte, er habe nichts gegen Störche – ihm gehe es nur darum, vom Land eine Antwort zu erhalten, was getan werden könne, damit die Stimmung nicht kippe, wenn den Einwohnern Störche zu viel seien. „Ich habe das Ehrenamt gelobt und kein böses Wort über den Storch verloren.“

Der ehrenamtlich arbeitende Josef Martin betonte, die alteingesessenen Bewohner würden die Störche überwiegend mögen. Es gebe nur eine Hand voll Personen, die gegen Störche seien. Er war vor allem fassungslos, wie er seit dem Bekanntwerden des offenen Briefs bundesweit dargestellt werde. Er kritisierte, was das Schreiben allgemein losgetreten habe. Anwohner Theo Rütter, bestätigte, Störche würden bei Kindern große Begeisterung auslösen.

„Mindersdorf ist für mich ein schönes Naturwunder“

Rütter, der mit seiner Frau Susanne im Jahr 2003 nach Mindersdorf gezogen war, erzählte von seiner Begeisterung über Störche im Ort. Als Störche noch seltener gewesen seien, seien sie extra dorthin gefahren, wo es Störche gebe, um welche zu sehen. „Ein paar Meckerer machen alles schwer“, lautet seine Einschätzung. „Unser Leben mit den Störchen wird von Sommer zu Sommer schöner. Mindersdorf ist für mich ein schönes Naturwunder“, fasste Rütter zusammen. Er bot sogar an, Lernmaterial über die Störche für Kinder zu erstellen.

Mindersdorf gehört zu den Orten, in denen sich im August Störche für den Flug in den Süden sammeln. Da können es schon mal hundert oder ...
Mindersdorf gehört zu den Orten, in denen sich im August Störche für den Flug in den Süden sammeln. Da können es schon mal hundert oder mehr auf einem Feld werden. Inzwischen sind sie auf dem Weg in den Süden. | Bild: Löffler, Ramona

Zindeler beschrieb, dass Rückmeldungen aus dem Ort zu seinem offenen Brief geführt hätten. Er zeichnete nach, wie Störche im Jahr 2016 noch selten gewesen seien und er verschiedene Maßnahmen rund um das Thema Störche begleitet habe, zum Beispiel eine Besenderungsaktion mit dem Max-Planck-Institut.

Gute Co-Existenz von Mensch und Tier

Auf der Sachebene müsse die Frage gestellt werden, wie es weitergehe. Deshalb habe er vom Umweltministerium einen Masterplan gefordert, da es in manchen Orten eine sehr starke Storchenpopulation gebe, so Zindeler. Das erklärte Ziel sei es, auf lange Sicht eine gute Co-Existenz zu bewahren. So ein Masterplan könne vieles sein, zum Beispiel Aufklärung oder die Entlastung von Ehrenamtlichen. Er betonte, er habe nicht davon gesprochen, dass es zu viele gebe.

Theo Rütter warf dazu ein, dass Störche ihre Population von Natur aus ohnehin selbst regulieren würden. Das gelte für alle Tierarten. Er sah den Wunsch nach einem Masterplan grundsätzlich als gut an, doch die damit im offenen Brief verbundenen Fragen hätten einen negativen Tenor in den Schlagzeilen zur Folge gehabt.

Der Blick nach vorne

Schließlich kamen die vier zur konkreten Lösungssuche für Mindersdorf, um Freunde und Gegner der Störche zusammenzubringen. Das Ehepaar wünschte sich ein deeskalierendes Eingreifen des Bürgermeisters. Theo Rütter fragte sich zudem, was genau an den Störchen störend sein solle. Seine Frau ergänzte, bei draußen aufgehängter Wäsche könne zwar mal Vogelkot drauf landen, das sei bei ihr aber noch nie von Störchen gewesen, sondern anderen Vögeln. Ihr war es sehr wichtig, dass Josef Martin weiterhin Storchenbeauftragter bleibt und aufgrund der hochgekochten Situation nicht aufhört. Zindeler sagt ohne Zögern seine weitere volle Unterstützung für Martin zu.

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Susanne Rütter schlug schließlich vor, einen neutralen Experten in den Ort zu holen und Befürworter sowie Gegner der Störche an einen Tisch zu bringen. So könnte ein Angebot für alle geschaffen werden, um sich zu unterhalten und Fragen zu klären.

Infoveranstaltung soll helfen

Zindeler befürchtete zwar verhärtete Fronten, doch die vier wurden sich schließlich einig, dass ein Termin für eine solche Infoveranstaltung im Dorfgemeinschaftshaus gefunden werden soll. Dabei soll es um die Population der Störche in Mindersdorf gehen und Hilfestellung für Grundstückseigentümer. Alle Interessierten sollen so ins Gespräch kommen. „Wenn es ein Angebot gibt und jemand es nicht wahrnimmt, den muss ich als Bürgermeister dann im Fall von Kritik wegschicken“, sagte Zindeler zu Martins Zögern über eine solche Veranstaltung.

Die mit Abstand meisten Störche in einem Ort im Landkreis Konstanz gibt es übrigens in Böhringen. Wolfgang Schäfle, der dort wohnt und als Storchenvater bekannt ist, ordnet die Situation dort im Gespräch mit dem SÜDKURIER als entspannt ein.