Es ist jedes Jahr eine Zitterpartie – für die Eltern und für die Mitarbeiter des städtischen Sozial- und Jugendamts. Denn es gibt immer noch nicht genügend Kinderbetreuungsplätze, obwohl die Stadt diesen Bereich seit Jahren ausbaut und etliche freie Träger daran beteiligt sind.
Kaum verwunderlich ist, dass Eltern nervös werden, wenn sie lange auf einen Betreuungsplatz warten müssen. Heike Kempe, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Kita, kennt die Situation aus eigener Erfahrung. 2016 habe sie einen Betreuungsplatz für ihren Sohn gebraucht, der damals noch jünger als ein Jahr war. „Es war zugegebenermaßen eine Sondersituation“, sagt sie, „ich war selbstständig und hatte ein Projekt fertig zu stellen. Die Zeit drängte und ich hatte keine Alternative.“ Kempe kam dann erst in der dritten Vergaberunde zum Zug, ihr Sohn war gerade ein Jahr alt. Sie sei froh um den Platz gewesen, auch wenn sie eine andere Wunscheinrichtung angegeben habe.
Eltern können aus finanziellen Gründen oft nicht länger warten
Heike Kempe sieht die Bemühungen der Stadt, die Betreuungsplätze rasch weiter auszubauen – nur dauere jedes einzelne Projekt lang. Sie verstehe die Eltern, die auf eine Betreuung angewiesen seien und eine Klage erwägen. „Da geht es schlicht ums Geld“, sagt sie, viele Eltern könnten sich nicht leisten, noch länger bei ihren Kindern zuhause zu bleiben. Für die Zukunft sieht sie ein Problem bei den Kindergartenplätzen. Während viele Krippenplätze neu geschaffen worden seien, gebe es bereits Kinder, die mit dem dritten Lebensjahr keinen Kindergartenplatz bekommen hätten. „Das sollte eigentlich nicht vorkommen“, sagt sie.
Das Jugendamt arbeitet seit Jahren am Ausbau der Betreuungsplätze
Dabei können sich die Zahlen eigentlich sehen lassen: Die Zahl der unter Dreijährigen, die in einer Konstanzer Kindertagesstätte Vollzeit betreut werden, ist auf 681 Kinder gestiegen. Der Trend zur Ganztagesbetreuung setze sich weiter fort, heißt es in dem Bericht zur Bedarfsplanung des städtischen Jugendamts. Auch bei den Kindern von 0 bis 2 Jahren werden mit 281 mehr als im Vorjahr betreut (271). Bei den über Dreijährigen habe sich die Zahl der betreuten Kinder stetig erhöht, von 781 im Jahr 2013 über 869 im Jahr 2018 bis zu 945 in diesem Jahr.
Diese Kinderbetreuungsplätze reichen aber noch lange nicht.
Wie viele Kita-Plätze fehlen in Konstanz?
Auf der Warteliste stehen derzeit 240 Kinder unter drei Jahren und 40 Kinder über drei Jahren, deren Eltern sich in diesem Jahr einen Betreuungsplatz wünschen, antwortet Rüdiger Singer, Abteilungsleiter Jugendhilfeplanung, auf die Anfrage des SÜDKURIER. Die genaue Zahl anzugeben sei schwierig, denn viele Kinder seien bereits versorgt, die Eltern wünschten aber einen Wechsel in eine andere Einrichtung. Die Verwaltung rechne damit, dass diese Zahl noch merklich abnehme, da das Nachrückverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
Die Quote der betreuten Kinder liegt bei 38 Prozent – nötig wären 56
Im Moment liegt die Quote der betreuten Kinder in Konstanz bei 38 Prozent. Das reicht nicht aus, um allen Eltern ihren Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu erfüllen. Der Rechtsanspruch wäre nach der jetzigen Bedarfslage bei einer Versorgungsquote von 56 Prozent im U 3-Bereich erfüllt, schreibt Rüdiger Singer auf Anfrage. Insgesamt bestehe ein Bedarf von 1207 Plätzen in dieser Altersgruppe, es sind aber nur 867 Plätze vorhanden. Die Zahl der Eltern, die eine Betreuung ihrer Kinder wünschen, sei dabei relativ stabil geblieben, geändert hat sich aber die Zahl der Geburten. Es gibt heute etwa 300 unter Dreijährige mehr als noch im Jahr 2014.
Wie es um den Ausbau der Betreuung aktuell steht
Die Stadtverwaltung ist intensiv dabei, die Kinderbetreuung auszubauen. Für die kommenden zwei Jahre ist der Ausbau von etwa 60 U 3- und 60 Ü 3-Plätzen geplant, so Rüdiger Singer – sofern das erforderliche Personal gefunden werden könne, ergänzt er. Im Moment ist keine Klage von Elternseite gegen die Stadt Konstanz anhängig. Allerdings gebe es vier bis fünf Klageandrohungen, so Rüdiger Singer.
Was investiert die Stadt in den Ausbau?
Im Doppelhaushalt 2019/20 sind etwa 6,5 Millionen Euro für Neubau und Sanierungsmaßnahmen eingestellt. Darin enthalten seien aber auch Sanierungsmaßnahmen, durch die kein Ausbau stattfindet, berichtet Rüdiger Singer. Das größte Projekt ist in den nächsten Jahren der Neubau der Kindertagesstätte Jungerhalde. Hier sollen etwa 5,7 Millionen Euro bis ins Jahr 2021 investiert werden.
In diesen Kindergärten ist ein Ausbau geplant
- Kindergarten St. Martin: Erweiterung um 20 Kleinkindplätze bei gleichzeitiger Sanierung des Gebäudes.
- Kinderhaus Paradies: Umwandlung einer Gruppe mit verlängerten Öffnungszeiten in eine Krippengruppe. Dadurch werden zehn neue Betreuungsplätze für Kleinkinder geschaffen.
- Betriebskitas: Die Verwaltung ist im Gespräch mit den Investoren des Campus Geländes Seepark und des Campus Geländes Byk-Gulden-Straße. Dort könnten Betriebskitas entstehen, eine konkrete Planung gibt es aber noch nicht.
- Kita Jungerhalde: Der katholische Kindergarten St. Georg ist momentan in einem städtischen Gebäude untergebracht und hat bisher drei Gruppen mit 75 Plätzen. Geplant ist ein Neubau der Kita Jungerhalde. Dort sollen drei Kindergarten- (mit 60 Plätzen) und drei Kleinkindgruppen (30 Plätze) entstehen. Die Kosten des Ausbaus liegen bei etwa 5,7 Millionen Euro. Der Kindergarten St. Georg besteht weiter.
- Kita Arche: Hier soll durch einen Anbau neue Krippenplätze geschaffen werden. Geplant sind zwei Krippengruppen mit 20 Plätzen.
- Kinderhaus Chérisy: Im Kinderhaus gibt es einen als Lagerraum genutztes Untergeschoss. Hier kann eine Krippengruppe mit zehn Betreuungsplätzen geschaffen werden. Beginn der Maßnahme soll im Sommer 2019 sein.
- Kindergarten Bruder Klaus: Der Kindergarten soll um eine Krippengruppe mit zehn Plätzen ausgebaut werden. Dazu stellt die Kirchengemeinde Räume zur Verfügung, die im Moment als Mehrzweckräume genutzt werden.
- Waldkindergarten: In Konstanz wird ein neuer Waldkindergarten eröffnet. Der Haupt- und Finanzausschuss hat der Einrichtung einer neuen Gruppe der Wurzelkinder im Hockgraben zugestimmt. Dort sollen 20 Plätze für Kinder über drei Jahre entstehen. Eine Schutzhütte oder ein Bauwagen sowie sanitäre Einrichtungen werden errichtet.