Die Stadt Konstanz prüft die Option, den Weihnachtsmarkt ab 2022 und das Seenachtfest ab 2021 in Eigenregie zu führen. Die Idee ist in einer internen Arbeitsgruppe entstanden, die sich vorrangig mit der Zukunft des Seenachtfests beschäftigt. Mitglieder sind neben der stadteigenen Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) auch Mitglieder des Gemeinderats und der Stadtverwaltung.
Idee: Weihnachtsmarkt als sichere Bank, Seenachtfest als Risiko
Wie der Diskussion im Gemeinderat während der jüngsten Sitzung zu entnehmen war, denkt man bewusst über die Übernahme beider Großveranstaltungen im Doppelpack nach. Der Gedanke dahinter: Einnahmen aus dem als finanziell sicherer geltenden Weihnachtsmarkt könnten das risikoreichere Seenachtfest querfinanzieren. Risikoreich insofern, als dass die eintägige Veranstaltung vom Wetter abhängig ist und finanziell ins Wasser fallen könnte.
Junges Forum brachte Antrag ein
So lief die Debatte im Gemeinderat: Die Stadträte sollten den Weg dafür ebnen, dass die Verwaltung prüfen kann, wie ein Weihnachtsmarkt in Eigenregie der Stadt aussehen könnte. Den Antrag gestellt hatte das Junge Forum. Dazu Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU): „Die Idee war, den Weihnachtsmarkt jetzt erst einmal nur bis 2021 zu vergeben. Insbesondere das Junge Forum wollte das.“
Matthias Schäfer (Junges Forum) erklärte daraufhin: „Es geht uns ums Geld. Wir überlegen, das Seenachtfest auszurichten, was sehr risikobehaftet ist. Der Weihnachtsmarkt ist eine sichere Bank. Er geht über Wochen und es ist immer etwas los. Andere Städte betreiben ihre Weihnachtsmärkte schon heute selbst.“ Außerdem sei Konstanz durch Fremdbetreiber die Möglichkeit genommen, nachzujustieren und steuernd einzugreifen. Gerade in puncto Umweltfreundlichkeit. „Wie auch beim Seenachtfest: Nun haben wir auch in diesem Jahr ein Feuerwerk, obwohl die Stadt sich dagegen aussprach“, so Schäfer.
Hintergrund dazu: Das Feuerwerk 2020 ist Bestandteil des Vertrags mit dem bisherigen Seenachtfest-Veranstalter Full Moon. Die Stadt wäre gerne ohne ausgekommen. Zudem hatte in einer Bürgerbefragung die Mehrheit der Konstanzer für das Feuerwerk votiert.
Alle Fraktionen im Gemeinderat einig
Alle anderen Fraktionen im Gemeinderat begrüßten die Beschlussvorlage, die ohne Gegenstimme und mit drei Enthaltungen angenommen wurde. Kein Wunder: Alle Fraktionen sind in der internen Gruppe vertreten, aus der die Idee entstand. Die berät seit Monaten hinter den Kulissen über eine Neuausrichtung des Seenachtfests. Nachhaltiger soll das Konstanzer Großereignis werden, ohne Plastikgeschirr, ohne Feuerwerk. So, dass es einer Stadt, die als erste in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen hat, angemessen ist. Bisher ist wenig über die internen Beratungen in die Öffentlichkeit durchgedrungen. Bis jetzt.
In der Gemeinderatssitzung sagte Alfred Reichle (SPD): „Es ist gut, wenn wir auf die Nachhaltigkeit Einfluss haben. Außerdem müsste man als Stadt nicht nur gewinnorientiert handeln, wie es ein Privatunternehmer täte. Ich bräuchte jedoch Details, wer und welches Personal das übernehmen könnte.“ Eigentlich, so könnte man meinen, wäre der einfachste Weg, das Team der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH mit Großveranstaltungen zu beauftragen.
Aber: Dann müsste der Weihnachtsmarkt national oder europaweit ausgeschrieben werden – so sieht es das Vergaberecht vor. Übernähme die Stadt hingegen den Markt selbst, wäre das juristisch gesehen ein Ausnahmetatbestand. Markt und Seenachtfest müssten dann nicht öffentlich ausgeschrieben werden.
Weiteres Problem: Wer machts?
Die Beschlussvorlage nennt ein weiteres Problem: „Bislang hat die Stadt für diese Aufgabe kein Personal. Insofern gibt es bei der Stadt auch keine Erfahrungswerte mit der Durchführung eines Marktes in dieser Größenordnung.“ Es gibt vieles zu klären. Mit der Verabschiedung des Beschlusses hat der Gemeinderat der Verwaltung eine Menge Arbeit beschert.

Doch was sagt eigentlich der, der den Weihnachtsmarkt 30 Jahre lang betrieben hat? Auf Anfrage des SÜDKURIER meinte Heinrich Stracke: „An die Argumente, die die Stadt ins Feld führt, muss man große Fragezeichen setzen.“
Stracke: Fundamentale Unkenntnis über tatsächliches Arbeitspensum seitens Stadt
Ob der Weihnachtsmarkt Geld in die Stadtkasse spüle, sei keineswegs sicher. Denn: „Geld spielt bei Behörden oft keine Rolle und damit auch die Effizienz. Die machen das, was sie für richtig halten.“ Auch das zweite Argument – die neuen Gestaltungsmöglichkeiten für die Stadt – weist er ab: „Die Stadt hat schon jetzt erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten. In der Ausschreibung ist alles genau vorgegeben, von der Anzahl der Hütten bis hin zum Plastikgeschirr. Meiner Meinung nach spricht aus dem Antrag eine fundamentale Unkenntnis. Wir sitzen allein an der Auswahl der Bewerber das ganze Jahr dran. Das wird sehr viel Arbeit für die Stadt.“