Auch auf dem Konstanzer Weihnachtsmarkt werden in diesem Jahr die Sicherheitsvorkehrungen deutlich erhöht. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Wir erinnern uns: Am 19. Dezember 2016 steuerte der Tunesier Anis Amri einen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz und tötete dabei zwölf Menschen, verletzte etwa 70 weitere Personen. Vor rund zehn Tagen hat die Polizei wegen Terrorverdacht in mehreren deutschen Städten sechs Syrer festgenommen. Die Männer im Alter von 20 bis 28 Jahren sollen als Mitglieder der Terrormiliz IS einen Anschlag in Deutschland geplant haben, so die Generalstaatsanwaltschaft. Die Anschlagsplanungen waren demzufolge noch nicht abgeschlossen, sollen sich aber gegen ein öffentliches Ziel gerichtet haben. Mittlerweile ist durchgesickert, dass es sich dabei um den Weihnachtsmarkt in Essen handeln soll.
Unterführung ohne Stände
"Wir müssen der neuen Situation Rechnung tragen", sagt der Konstanzer Veranstalter Levin Stracke. Zwei gravierende Neuerungen im Namen der Sicherheit gibt es bei dem am Donnerstag beginnenden Weihnachtsmarkt: Einerseits wird die Unterführung zwischen Hafen und Markstätte komplett frei bleiben von Ständen. "Das ist für den Publikumsstrom günstiger und für die Entfluchtungsmöglichkeiten besser", so Levin Stracke. Gravierender sind die insgesamt zwölf Betonpoller, die an Zugängen zum Weihnachtsmarkt verhindern sollen, dass Fahrzeuge in die Menschenmenge fahren können. "Die stehen an der Brotlaube, an der Ecke Marktstätte/Sparkasse sowie am Bahnübergang am Konzil", erklärt Levin Stracke. Zehn der Quader wiegen jeweils zwei Tonnen, zwei davon jeweils eine Tonne.

Damit folgen die Konstanzer Macher den Vorbildern von bereits gestarteten Märkten in Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Zuletzt gab es Befürchtungen, dass diese Poller selbst zu Waffen mutieren könnten, wenn man ein Lastkraftwagen mit voller Wucht in sie hineinfahren würde. "Das ist hier nicht das Fall", beschwichtigt der Veranstalter. "Denn diese Gefahr kommt immer auf Anfahrt und Gewicht an, mit der LKW auf die Poller fährt. Bei uns hätte er nicht die Möglichkeit, Schwung zu holen. Außerdem ist genügend Abstand zwischen den Sperren und dem Markt." Die Entscheidung für die insgesamt 2000 Euro teuren Poller sei richtig, ist Levin Stracke überzeugt: "Es geht doch darum, im Sinne aller Beteiligten einen ruhigen und friedlichen Markt durchzuführen. Daher sorgen wir ja für die Sicherheit und deswegen muss es auch niemandem mulmig sein." Standbetreiber Claudio Lungo geht gelassen in den vorweihnachtlichen Trubel: "Man sollte nicht daran denken, was passieren könnte. Ich habe ein gutes Gefühl, denn die Vorkehrungen sind sehr gut."
Keine akute Gefährung
Konkrete Hinweise für eine Gefährdung des Konstanzer Weihnachtsmarktes gibt es nicht. Polzeisprecher Bernd Schmidt sieht keinen Grund zur Beunruhigung: "Wie in den vergangenen Jahren besteht für den Weihnachtsmarkt aufgrund der bundes- und europaweiten Ereignisse eine abstrakte Gefährdungslage. Vor diesem Hintergrund findet eine kontinuierliche Lageeinschätzung statt, die fortlaufend aktualisiert wird. Polizeiliche Maßnahmen werden entsprechend dieser Erkenntnislage abgestimmt und angepasst."
Das Polizeipräsidium Konstanz wird Polizeipräsenz gewährleisten, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Besucher entsprechend zu stärken – aus taktischen Gründen werde die Stärke dieser Präsenz jedoch nicht veröffentlicht. Außerdem seien auch Zivilkräfte im Einsatz und auf Streife, die sich auch dem Thema Taschendiebstähle widmen würden. Zu Hochbetriebszeiten setzen die Organisatoren vier Doppelstreifen ein, die mit ihren Westen erkennbar sind. Dazu komme die Bewachung der Zufahrtsstellen.
Die Polizei bittet alle Besucher des Weihnachtsmarktes um Aufmerksamkeit und Mithilfe. "Die Menschen sollen achtsam, aber nicht ängstlich sein", so Polizeisprecher Bernd Schmidt. "Auffälligkeiten oder verdächtige Gegenstände sollten sofort der Polizei oder dem Sicherheitspersonal gemeldet werden, um entsprechende Überprüfungen vornehmen zu können."
Gesamte Sicherheit im Blick
Und auch die Stadtverwaltung ist involviert in diese Thematik. Stadtsprecher Walter Rügert informiert: "Wie in den vergangenen Jahren ist elementarer Bestandteil der Sicherheitskonzeption die Sicherheitsorganisation – Betreiber und Behörden treffen sich täglich zu einer Lagebesprechung und in Notfällen kann in einer Koordinierungsgruppe innerhalb kürzester Zeit ein organisationsübergreifend abgestimmtes Vorgehen organisiert werden." Walter Rügert betont aber auch, dass es nicht nur um eventuelle terroristische Bedrohung geht.
Wichtig sei, dass dies nur eine Facette der Sicherheitsplanung ist: "Flucht- und Rettungswege, Brandschutz, die medizinische Notfallversorgung, die Kriminalprävention, Schutz bei Wind und Wetter, eine ausreichende Infrastruktur mit Beleuchtung, Beschallung, elektrischer Versorgung, Toiletten und Hygiene bilden weitere Schwerpunkte einer funktionierenden Veranstaltungsplanung", erklärt er.
Budenzauber
Der Weihnachtsmarkt findet vom 30. November bis 22. Dezember statt. Er ist von 11 bis 20 Uhr, freitags und samstags bis 21.30 Uhr geöffnet. Der Budenzauber erstreckt sich von der Marktstätte über den Gondelehafen bis in den Stadtgarten hinein. In diesem Jahr bleibt die Unterführung an der Marktstätte aus Sicherheitsgründen frei. Etwa zehn Stände fallen dadurch weg, sodass 157 Buden auf geschätzte 450 00 Besucher warten. Darüber hinaus finden mehrmals Weihnachtskonzerte oder andere Aktionen statt.