Heinrich Stracke schlief wie ein Stein, Michael Breuninger dagegen fand vor lauter Adrenalin im Blut kaum Ruhe: Die Entscheidung des Gemeinderats am späten Donnerstagabend wühlte die Gemüter auf. Erst kurz vor Mitternacht stand fest: Heinrich und Levin Stracke dürfen auch die kommenden drei Jahre den Konstanzer Weihnachtsmarkt ausrichten.
"Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, denn die Bewerbung parallel zum laufenden Weihnachtsmarkt glich einer Ochsentour", erzählte der alte und neue Organisator dem SÜDKURIER. Dass er starke Konkurrenz hatte, wusste er. Bürgeramtsleiter Hans-Rudi Fischer bestätigte gestern: "Das Ergebnis fiel sehr knapp aus. Es wurden tolle Ideen eingereicht." Nicht bewertet wurde der Vorschlag von Heinrich Stracke, eine 100 Meter lange Eislaufbahn vom Gondelehafen bis zur Konzertmuschel im Stadtgarten aufzustellen. "Dieses Gebiet befindet sich außerhalb des ausgelobten Festgeländes", begründete Fischer. Außerdem gilt ein älterer Gemeinderatsbeschluss, der besagt: keine neue Großveranstaltung im Stadtgarten. Die zusätzlich geplante quadratische Eisfläche am Gondelehafen könne aber angeboten werden. Überhaupt verlangt Fischer: "Die Strackes müssen nun das umsetzen, was sie versprochen haben, sonst wäre der Wettbewerb eine Farce."
Heinrich Stracke steht zu seinem Angebot. In diesem Jahr soll erstmal das Lichtkonzept gestärkt werden. "Wir verdoppeln die Dekoration", verspricht der Organisator. Unter anderem denkt er an eine Lichterkuppel über dem Rasen des Konzilvorplatzes. Und auf dem Oberdeck des Weihnachtsmarktschiffes soll es ein umfangreiches Kinderprogramm geben. Aber wie will Heinrich Stracke nun seine Kritiker überzeugen, die behaupten, auf dem Konstanzer Weihnachtsmarkt gebe es Jahr für Jahr dasselbe langweilige Angebot? "Das ist eine interessante Sichtweise", antwortet Stracke. "Dass wir eine geringe Fluktuation unter den Händlern haben, ist doch ein gutes Zeichen. Und Artikel wie Wachskerzen oder Christbaumanhänger sind einfach gewünscht."
Dass die Händler sich kurzerhand zu einer Interessengemeinschaft (IG) zusammenfanden und über 10 000 Unterschriften für den Erhalt des Markts in seiner bisherigen Form sammelten, freut Heinrich Stracke: "Das gibt ein Stimmungsbild wieder." So sieht es auch Michael Breuninger vom IG-Vorstand. "Es war eine kluge Entscheidung und ein Dankeschön für unsere bisherige Arbeit, dass für die nächsten drei Jahre am bewährten Konzept festgehalten wird", findet er. Nun aber müssten alle Beteiligten aufwachen: "Wir waren 28 Jahre lang in unserem gewohnten Trott und brauchen jetzt frische Ideen für unsere Bürger", sagt er. "Vielen Konstanzern fällt es immer schwerer, sich mit ihrer Stadt zu identifizieren. Wir müssen ihnen entgegenkommen, anstatt noch mehr Italiener anzulocken." Dabei denkt der umtriebige Händler zum Beispiel an einen Konstanzer Tag, ohne konkrete Ideen zu haben.
Heinz Gebauer vom gleichnamigen Schaustellerbetrieb zeigt sich als fairer Unterlegener: "Wir gratulieren Herrn Stracke und seinen Söhnen zum Gewinn des Wettbewerbs und wünschen viel Erfolg", schreibt Gebauer in einer Stellungnahme. Natürlich sei er enttäuscht: "Wir haben ein zauberhaftes Konzept erarbeitet, mit dessen Umsetzung wir nur zu gerne Konstanz und seine Gäste begeistert hätten." Nur eines habe sein Team irritiert: "Wir haben immer wieder die Behauptung gelesen, dass die bisherigen Standbetreiber bei einem neuen Veranstalter keine Chancen hätten", so Gebauer. Dabei habe er in seinem Konzept festgeschrieben, dass die bisherigen Händler bevorzugt behandelt würden.
Thomas Spörrer von der Konstanzer Firma Event Promotions, der ebenfalls auf einem der vorderen Plätze landete, äußerte sich ähnlich. Auch er gratuliert den Gewinnern und hält sein Konzept für innovativ. Vor allem die Marktstätte hätte Spörrer aufgewertet. Er ergänzt: „Wir sind nun gespannt, welche Neuerungen es auf dem Weihnachtsmarkt geben wird. Den Bürgern ist zu wünschen, dass das Flair noch schöner wird.“
So geht es weiter
Familie Stracke und die Händler setzen 2017 bis 2019 neue Ideen um. Die Verwaltung nutzt die kommenden drei Jahre, um einen ausgefeilteren Anforderungskatalog für kommende Wettbewerbe auszuarbeiten. Ende 2018 will das Rathaus laut Bürgeramtsleiter Hans-Rudi Fischer entscheiden, wie es ab 2020 mit dem Weihnachtsmarkt weitergeht. Künftig werde die Veranstaltung eher für fünf Jahre vergeben. Bei der diesjährigen Entscheidung diente den Konstanzer Stadträten eine Bewertungsmatrix mit verschiedenen Kriterien als Arbeitsgrundlage. 125 Punkte waren insgesamt zu erlangen. "Die drei Erstplatzierten erreichten alle deutlich eine dreistellige Zahl, der Abstand war gering", so Bürgeramtsleiter Fischer. Unternehmer Michael Breuninger bedankt sich bei der Stadt für das Entgegenkommen, denn auf Bitten der Händler zog die Verwaltung die Entscheidung um einen Monat vor. (kis)