In der Kinderklinik des Konstanzer Krankenhauses macht sich der Pflegenotstand deutlich bemerkbar. Seit November des vergangenen Jahres können aufgrund des Personalmangels zehn von 25 Betten nicht belegt werden. Das Pflegepersonal weist auf das Problem hin und will selbst aktiv werden. „Zum Wohl unserer kleinen Patienten bis hin zu den Jugendlichen hoffen wir, dadurch neue Kollegen oder Kolleginnen zu gewinnen“, sagt Gesundheits- und Kinderkrankenschwester Vera Zeiher.
Engpässe auch durch Infekte
„Wir haben einen großen Durchlauf und die Bettenzahl ist begrenzt. Gerade sind es noch 14 statt 25 Betten“, erklärt Gesundheits- und Kinderkrankenschwester Sandy Schell. Die Oberärztin und kommissarische Leiterin der Kinderklinik, Karin Waldecker, betont, sie unterstütze den Aufruf des Personals, denn es täte dem ganzen Team sehr leid, junge Patienten abweisen zu müssen, die geplant und einbestellt waren.
„Aber Akutfälle gehen vor, wir müssen die Grundversorgung aufrechterhalten. Und momentan gibt es viele Infekte, da kann es zu Engpässen kommen“, so die Oberärztin in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Manche Absagen kommen recht kurzfristig, das ist für die Eltern oft ein Problem, weil sie alles organisiert haben. Wir versuchen daher, möglichst wenige Termine abzusagen“, wirbt sie um Verständnis.
Kinderklinik vereint viele Fachrichtungen
Ihr Kollege Andreas Böckmann, ebenfalls kommissarischer Leiter und Oberarzt, sagt, die enge Personaldecke habe sich schon vor dem Herbst 2019 abgezeichnet. Ärzte kämen nach, doch mit der Pflege gebe es Probleme. Das liege nicht daran, dass Pflegepersonal abwandere – im Gegenteil. „Wir haben eine riesengroße Konstanz, ich arbeite mit vielen seit 25 Jahren zusammen. Einige gingen in Rente, andere wurden langzeitkrank oder schwanger.“
Er beschreibt die Kinderklinik als Abteilung mit Riesenbreite. Dies bedeute für Schwestern und Ärzte eine Herausforderung, sei aber gleichzeitig auch sehr interessant. Vera Zeiher und Sandy Schell arbeiten gerne hier. Sie schätzen die gute Zusammenarbeit mit den Stationsärzten.
„Wir sind ein familiäres Haus, das viele Fachrichtungen unter einem Dach vereint“, sagt Vera Zeiher und führt aus: „Wir haben Kinder aus der Allgemein-, Unfall- und Kieferchirurgie, HNO, Neuro-Pädiatrie, Urologie und Kardiologie, Akutpatienten, aber auch chronisch kranke und psychosomatische Krankheitsbilder. Außerdem bieten wir Schulungen für Diabetiker.“
Neue Kollegen werden intensiv eingearbeitet
Vera Zeiher selbst war in der Zeit, als ihre Kinder klein waren, zehn Jahre raus aus der Kinderkrankenpflege. Sie gibt offen zu, dass sie vor dem Wiedereinstieg überlegt habe, ob sie sich die Arbeit noch zutraue. „Aber die Grundlagen, die man einmal gelernt hat, gehen nicht verloren“, stellte sie damals fest.
Und sie betont: „Die intensive Einarbeitung ist das A und O. Wir sind alle offen dafür, neue Kolleginnen und Kollegen da abzuholen, wo sie stehen.“ Ihre Kollegin Sandy Schell kam vor zwei Jahren nach einer längeren Pause zurück. „Klar hatte ich erst auch Ängste, aber meine Sorgen waren unbegründet. Es gab zwar viele neue Themen, aber alle notwendigen Kenntnisse wurden mir vom Team gut vermittelt.“
„Wir tun das alle gerne“
Die Mitarbeitenden bringen seit Monaten persönlichen Mehreinsatz und übernehmen spontan weitere Schichten. Vera Zeiher und Sandy Schell sagen übereinstimmend: „Wir tun das alle gerne, weil uns daran gelegen ist, dass die Kinderklinik erhalten bleibt.“
Doch alle wünschen und hoffen auf Unterstützung von Berufsanfängern oder Wiedereinsteigern. Die Kinderkrankenschwestern bieten interessierten Pflegekräften an, unverbindlich vorbeizukommen und sich die Station anzusehen. Zudem gebe es die Möglichkeit, auch mal einen Tag mitzuarbeiten, um die Atmosphäre kennenzulernen.
Das Team wolle auch weiterhin Eltern die Sicherheit geben, dass ihre Kinder auf der Station gut aufgehoben seien. Bei Patienten unter sechs Jahren bleibt meist ein Elternteil dabei. Dadurch haben die Pflegekräfte auch viel Kontakt mit den Eltern.
Andreas Böckmann sagt, die Schwestern seien inzwischen pflegerisch und beratend tätig. Dafür bekämen sie sehr gute Rückmeldungen von den Eltern. Einige Schwestern kommen aus dem weiteren Umland und nehmen lange Wege in Kauf, um hier zu arbeiten. Der Oberarzt bedauert daher umso mehr, dass dieses engagierte Team zu wenig Betten anbieten kann.