Die Freude ist groß: Am Montag hat die Kartei der DKMS einen Stammzellenspender für die leukämiekranke Konstanzerin Isabel Allert gefunden. "Es ist eine große Erleichterung", sagt Isabels Vater Steffen Allert – allerdings sei die Familie auch mit viel Optimismus an die Suche nach einem Stammzellenspender herangegangen: "Man muss einfach damit rechnen, dass die Suche erfolgreich ist." Die 18-jährige Isabel benötigt eine Stammzellenspende, weil sie an akuter myeloischer Leukämie (AML) leidet. In ihrem Fall ist es vermutlich eine lebensrettende Nachricht: Die AML in Isabel Allerts Fall sei nur durch eine Stammzellentransplantation heilbar.
Die Nachricht, dass ein passender Spender gefunden sei, erfolgte kurz nach der Typisierungsaktion in Konstanz, bei der sich mehr als 2300 Bürger bei der DKMS registrieren ließen. Trotzdem sind beide Vorgänge voneinander unabhängig und fielen nun nur zufällig zusammen. Der passende Spender stammt nicht aus der Typisierungsaktion. Wer er oder sie ist, teilt die DKMS nicht mit, nach einer Frist von zwei Jahren dürfen Spender und Empfänger aber entscheiden, ob sie sich kennenlernen wollen. Wie viel Glück zusammenkommen muss, damit Spender und Empfänger zueinander passen, erläutert Jennifer Andersen, Sprecherin der DKMS. Bei der Analyse der Stammzellen würden zehn Gewebemerkmale bestimmt, man versuche also Material eines Spenders zu finden, bei dem alle zehn Merkmale übereinstimmen. Bei Geschwistern sei die Übereinstimmung oft hoch. Zudem gebe es ethnische und regionale Übereinstimmungen, erklärt Andersen, in Süddeutschland einen Spender für einen süddeutschen Patienten zu finden, sei also wahrscheinlicher.
"Schon deswegen befürworten wir lokale Typisierungen". Zeitlich sei es unwahrscheinlich, dass bei der lokalen Aktion ein Spender für den Patienten gefunden wird, für den der Aufruf gestartet wird. "Allein die Auswertung der Daten dauert einige Wochen."
Die Patientin selbst habe die Nachricht mit Erleichterung, aber auch mit Respekt aufgenommen, berichtet ihr Vater: "Es kommt jetzt eine harte Zeit auf sie zu". Die Behandlungsphase kurz vor der Transplantation sowie diese selbst ist die kritischste Phase der Krankheit. Im Moment gehe es Isabel sehr gut, sie habe die zweite Chemotherapie gut überstanden und sei im Moment zuhause, um sich zu erholen.
Im Februar wird die Transplantation für die 18-Jährige in der Klinik in Freiburg stattfinden. Voran geht eine einwöchige Chemotherapie, berichtet Steffen Allert. "Das wird die heftigste Dosis bisher sein, das Immunsystem wird auf null heruntergefahren." Ziel der Chemotherapie ist es, dass der Körper des Patienten keine eigenen kranken Blutzellen mehr produziere. Das hat zur Folge, dass das Abwehrsystem des Körpers extrem geschwächt wird: eine Situation, in der jeder Virus zur Lebensgefahr wird. "Die Transplantation selbst wird recht unspektakulär sein", erläutert Isabels Vater den Ablauf weiter, "die Stammzellen des Spenders werden in Isabels Blutkreislauf gespritzt, setzen sich im Knochenmark fest und produzieren nach zehn bis 20 Tagen neue, gesunde Blutzellen." Die kritische Zeit über wird die Patientin auf der Isolierstation in Freiburg bleiben. Dort sind die Regeln streng: Isabel Allert kann Besuch haben, jedoch nur von völlig Gesunden, die Mundschutz und spezielle Kleidung tragen. Sie bekommt eine spezielle Kost, in der keine Pilze und Sporen enthalten sein dürfen.
Isabels Eltern sind optimistisch: "Wir sind alle sicher, dass das gut geht", nach kurzer Pause fügt Steffen Allert an: "Natürlich macht man sich Gedanken." Nach dem Klinikaufenthalt bekommt Isabel eine Reha, danach wird sie Immunsuppressiva einehmen, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. Allmählich wird sie ihr normales Leben wieder aufnehmen – und schrittweise ihre Freiheit zurückerobern können.
Stammzellenspende als Solidarsystem
- DKMS: Die Abkürzung bedeutet Deutsche Knochenmarkspenderdatei, der ehemalige Name des Unternehmens. Ziel ist es, Knochenmarkspenden zu unterstützen und damit die Heilungschancen für Leukämiekranke zu verbessern. In Deutschland sind heute 5 Millionen Menschen bei der DKMS registriert, in weltweit vernetzten Datenbanken sind 30 Millionen Menschen registriert. Statistisch gesehen finden etwa 85 Prozent der Leukämiepatienten einen Spender, erläutert Sprecherin Jennifer Andersen.
- Spender in Konstanz: Bis heute sind 6525 Konstanzer Bürger bei der DKMS registriert. 58 von ihnen hatten bereits Gelegenheit, ihre Stammzellen zu spenden und so einem Patienten das Leben zu retten. Im Kreis Konstanz sind 18 487 Menschen registriert und 197 Personen haben Stammzellen gespendet.
- Die Behandlung: Nach der Transplantation müssen Patienten etwa 100 Tage lang Immunsuppressiva nehmen. Sie verhindern, dass der Patient das fremde Gewebe abstößt. Danach ist es meist möglich, schrittweise auf die Medikamente zu verzichten. Die Transplantation bezeichnet Jennifer Andersen als großen Eingriff, er sei nicht ohne Risiko. "Für akute Leukämiepatienten bedeutet sie aber auch eine zweite Lebenschance."