Alberto wusste wahrscheinlich gar nicht, wie wichtig er für Konstanz und die Menschen am Bodensee war. Und wenn doch, hätte er es niemals so angenommen – dafür war er zu bescheiden. Der Kubaner war ein Mensch, dem man immer gerne begegnet ist, mit dem man immer gerne Zeit verbrachte.

Danach fühlte man sich besser. Sorgen wurden kleiner, die Freude am Leben größer. Weil Alberto gerne lachte. Weil er gerne redete. Weil er gerne sang. Weil er gerne zuhörte. Weil er gerne mit seinen Armen und Augen Geschichten erzählte. Weil er es liebte, Alberto zu sein. Wer ihn sah, wurde sofort in seinen Bann gezogen. Man konnte gar nicht anders als den Menschenfänger zu mögen.

In Erinnerung an Alberto Video: Schuler, Andreas

Alberto Rodriguez Dominguez ist am 1. Mai im Alter von 59 Jahren viel zu früh gestorben.

Anfang März noch traf der Journalist des SÜDKURIER den Kubaner beim Einkaufen in einem Supermarkt. Nach den üblichen Floskeln in seinem so wunderbaren deutsch-spanisch erzählte er von der Familie daheim auf der karibischen Insel und davon, dass er schon lange nicht mehr dort war.

„Vielleicht dieses Jahr. Vielleicht nächstes“, sagte er und wusste nicht, dass es nicht dazu kommen würde. „Hauptsache, wir sind alle gesund. Alles andere: später.“

„Alles, was ich mache, mache ich mit guter Laune und mit Herz. Mit einem Lächeln geht alles leichter“, sagte Alberto an ...
„Alles, was ich mache, mache ich mit guter Laune und mit Herz. Mit einem Lächeln geht alles leichter“, sagte Alberto an diesem Tag am Hörnle im Jahr 2018. | Bild: Schuler, Andreas/SK-Archiv

Am 11. März traten erstmals die für Covid so typischen Symptome auf, wie seine Frau Yvonne erzählt: „Er bekam Halsschmerzen, hohes Fieber und fühlte sich nicht wohl.“ Alberto hatte keine Vorerkrankungen, trank keinen Alkohol, rauchte schon viele Jahre nicht mehr.

„Er lebte gesund und vorsichtig, war mopsfidel“, sagt Yvonne Rodriguez Dominguez. „Corona macht keinen Unterschied. Jetzt ist er einfach nicht mehr da. Jetzt ist er einfach weg.“ Wo er sich infizierte, konnte nicht nachvollzogen werden. „Der positive Test war ein großer Schock für ihn.“

Alberto liebte die Menschen und die Menschen liebten ihn. Er wird fehlen.
Alberto liebte die Menschen und die Menschen liebten ihn. Er wird fehlen. | Bild: Schuler, Andreas/SK-Archiv

Von Tag zu Tag ging es dem stattlichen Mann schlechter. „Das Virus ist ihm voll auf die Lunge geschlagen“, erzählt seine Frau, die ihren späteren Ehegatten 1993 bei einem Tauchurlaub auf der kubanischen Isla de la Juventud kennen und lieben gelernt hat. „Er kam schließlich ins Krankenhaus, wo es mit einer Sauerstoffmaske versucht wurde.“

Nach einigen Tagen jedoch musste er mit dem Helikopter nach Freiburg geflogen werden, wo er intubiert wurde. Andere Organe waren längst in Mitleidenschaft gezogen. Am Ostermontag wurde er an eine künstliche Lunge und an die Dialyse angeschlossen.

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„Als ich ihm am 1. Mai dort besuchen durfte, offenbarten mir die Ärzte, dass es nicht mehr wird, da die Organe sich nicht mehr erholen“, blickt Yvonne Rodriguez Dominguez traurig zurück. „Ich war darauf nicht vorbereitet. Doch ich hatte die Möglichkeit, mich von ihm zu verabschieden. Ich weiß, dass er spürte, dass ich neben seinem Bett saß.“ Über Corona-Leugner oder -Verharmloser möchte sie lieber nicht reden.

Wenn die Redewendung, einen Raum mit Leben füllen, auf einen Menschen gepasst hat, dann auf Alberto. Freude, Frohsinn und Spaß waren seine steten Begleiter – und er übertrug sein Lebensgefühl automatisch auf seine Umwelt.

Unzählige Konstanzer werden den lebensfrohen und glücklichen Mann aus Kuba in bester Erinnerungen behalten. Dieses Bild wurde im ...
Unzählige Konstanzer werden den lebensfrohen und glücklichen Mann aus Kuba in bester Erinnerungen behalten. Dieses Bild wurde im Frühling 2018 am Hörnle gemacht. | Bild: Schuler, Andreas/SK-Archiv

Alberto war jedoch kein Pausenclown, der zur Belustigung der Menschen herhielt. Nein, dafür war er viel zu tiefgründig und hilfsbereit. Unterschiede zwischen den Menschen machte er niemals, jeder war ihm wichtig. Er holte jeden Menschen dort ab, wo er stand. Für ihn war der Obdachlose auf der Straße genauso wichtig wie der Geschäftsführer in Nadelstreifen.

Alberto liebte Konstanz so sehr wie seine Heimat Kuba. „Das hier ist die Karibik von Deutschland“, hat er immer wieder gesagt. „Die Menschen sind so freundlich. Idioten gibt es überall. Aber hier nicht so viele wie woanders.“

„Mein Bodensee“, sagte er gerne. Konstanz – das war eine Liebe auf den ersten Blick, wie er 2018 erklärte: „Ich ...
„Mein Bodensee“, sagte er gerne. Konstanz – das war eine Liebe auf den ersten Blick, wie er 2018 erklärte: „Ich war sofort verliebt!“ Damals fügte er lachend hinzu: „Natürlich auch in meine Frau.“ | Bild: Schuler, Andreas/SK-Archiv

In den 1990er und frühen 2000er Jahren spielte er in diversen Salsa-Bands Percussions und Posaune. Legendär sind seine Auftritte zum Beispiel in der Destille beim damaligen Wirt Karl-Heinz. Als Arriva-Mann trug er einige Jahre für den SÜDKURIER Post aus – auch das tat er als Entertainer. So kam es immer wieder vor, dass er Briefe mit einer kleinen Lufttrommel-Einlage oder einem Tusch übergab. Seine frohe Botschaft: Nehmt das Leben nicht so ernst, habt mehr Spaß dabei.

Alberto Rodriguez Dominguez. Unvergessen. Bueno haberte conocido, Alberto. Y gracias por todo.

Bild 5: Adios, Alberto... Große Trauer um den Konstanzer Kubaner, der den Kampf gegen das Corona-Virus verloren hat
Bild: Schuler, Andreas/SK-Archiv