Die Konstanzer Museen stehen unter Druck. In Zeiten knapper öffentlicher Mittel liegt der Blick auf den Besucherzahlen und die Einnahmen und die Anforderungen beides zu steigern. Dennoch versuchen die Museen in Konstanz, nicht nur das Gefällige zu machen.
„Wir haben einen Bildungsauftrag“, sagt Tobias Engelsing, Leiter der Museen in Konstanz. Er hat Rezepte gegen Sparhaushalte und den Mut, sich gegen die Klischees zu stellen. So arbeitet er zum Beispiel zum Thema Fasnacht und teilt mit: Es gab Zeiten, da hieß das bunte Treiben auch in Konstanz Fasching. Warum, das zeigt eine Sonderausstellung des Rosgartenmuseums im Richentalsaal des Kulturzentrums am Münster ab dem 17. Mai.
Tobias Engelsing weiß, Fasnachtsfreunde werden nicht nur erbaut sein. Denn Themen in der Ausstellung sind auch rassistische Töne im Deutschen Kaiserreich und die Zeit des Dritten Reichs. In der Mitteilung zur Ausstellung heißt es: „Während des Nationalsozialismus erweisen sich die deutschen Humoristen als erstaunlich anpassungsfähig: Terror und Verfolgung herrschen, doch die Narretei produziert unbeirrt gute Laune.“
Museen als Anstoß zum Nachdenken
Engelsing stellt fest: Nicht immer nutzen Narren ihre Narrenfreiheit, vielfach seien sie die Resonanzverstärker der herrschenden Verhältnisse. Er hofft, dass viele Zünfte in die Ausstellung kommen. Sicher sei das aber nicht. Denn sie sei eben nicht nur unterhaltsam. Für Tobias Engelsing sollten Museen den Anstoß zum vertieften Nachdenken über ein Thema geben. Anders als in reinen Freizeiteinrichtungen, die dem Spaß dienen, gebe es in Museen auch unbequeme Geschichts-Fakten, etwa zur Frage, was passiert, wenn das Bürgertum den Pfad der Demokratie verlässt.
„Wir wollen Orientierung geben, wir wollen Reflexion anbieten.“ Das Beschäftigen mit der Heimat diene auch der Identifikation mit der Region, aber ausdrücklich nicht nur für die Menschen, die dort geboren sind, sondern auch für die Menschen, die zugewandert sind, und aber hier ihre Heimat gefunden haben.
Rund zwei Drittel der Besucher der Konstanzer Museen kommen aus der Region, und darunter sind viele Menschen und Schulklassen aus der Schweiz. „Das ist ein ganz wichtiges Publikumssegment“, sagt Tobias Engelsing. Ein Drittel der Besucher nennt der Museenchef „Touristen aus aller Welt. Die Vielfalt der Sprache nimmt zu.“ Im Museum gebe es deswegen tragbare Geräte mit akustischen Informationen (Audioguides). Würde man die Beschreibungen im Museum in viele Sprachen übersetzen, dann stünde man bald vor einem „Schilderwald.“ Rund 75.000 Menschen haben im vergangenen Jahr das Rosgartenmuseum (51.000 Gäste), die Wessenberg-Galerie (13.000 Gäste) und das Hus-Haus (11.000 Gäste) besucht, sagt Tobias Engelsing. Zusammen mit dem Naturmuseum seien es 430.000 Menschen.
200.000 Euro an Drittmittel
Denn die Museen brächten schon einen Sparbeitrag. Für vier Jahre verzichteten sie auf den Etat für Ankäufe und Restaurierungen. Heißt das jetzt, dass vier Jahre Stillstand herrscht? Nein. Ganz im Gegenteil. Die Aufgaben würden mit privaten Beiträgen von Bürgern und Stiftungen bewältigt. Engelsing sagt, die Konstanzer Museen spielten im Jahr rund 200.000 Euro an Drittmittel ein. Diese seien auch dringend notwendig: „Die Sammlungen müssen wachsen und sich entwickeln.“
Die Konstanzer Museen pflegten persönliche Kontakte zu möglichen Spendern. Wesentlich sei auch die Stiftung des Konstanzer Internisten Werner Konrad Siegert. Sie wurde gegründet, damit das Rosgartenmuseum Kunstgegenstände ankaufen, restaurieren und erforschen kann. „Er hat die irdischen Güter dem Rosgartenmuseum überlassen.“ Warum? Weil er das Haus seit seiner Kindheit kenne und schätze, sagt Engelsing. Immer wieder gebe es Zustiftungen. Auch aus der Schweiz kämen Gelder, etwa aus dem Lotteriefonds.
Zudem beantragten die Museen verschiedene Förderungen. Dazu kommen harte Verhandlungen. Als Beispiel führt Engelsing den Poker um ein Ölgemälde des Konstanzer Künstlers Hans Caspar Memberger an, der etwa von 1555 bis 1616 lebte. Das Werk, auf der die Aufrichtung des Kreuzes mit Jesus Christus zu sehen ist, entstand 1605. Ursprünglich sollte es 40.000 Euro kosten. Für 27.000 Euro ging es dann an die Werner-Konrad-Siegert-Stiftung, die das Bild dem Rosgartenmuseum als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt.
In den Konstanzer Museen arbeiten nach Angaben Engelsings rund 140 Menschen, von der Aufsicht bis zum Freiberufler. Zum Kernteam gehörten rund 25 Personen. Wenn nun die Frage auftauche, welchen Beitrag Museen leisten können, um den Anspruch auf eine Ganztagsgrundschule sicherzustellen, sei die Antwort klar. Sie könnten viel machen, müssten dafür aber auch personell und finanziell ausgestattet werden. „Wir haben keine Ahnung wie das die Kommunen stemmen sollen.“
Lernen geht auch interaktiv
Dabei hätten Museen auch jungen Menschen viel zu bieten. „Mit dem interaktiven Detektivspiel SherLook 2.0 versucht zum Beispiel das Rosgartenmuseum Gruppen von Kindern und Einzelspieler jedes Alters zu erreichen“, wie die Historikerin Lisa Foege sagt. Das Gerät dazu bekommen Interessierte an der Museumskasse.
Beim Fahnden nach vermeintlich gestohlenen und gefälschten Ausstellungsstücken lernt der Spieler nebenbei das Haus und seine Exponate kennen. Das Spiel wurde zusammen mit dem Studiengang Literatur-Kunst-Medien an der Universität Konstanz entwickelt. Eine der Praktikantinnen fällt durch ihre Robe auf. Es ist Schwester Maria Paola, ehemalige Leiterin des Klosters in Hegne. Seit Mitte November ist sie bei den städtischen Museen. „Ich lerne viel.“ In Hegne werde sie aber kein Museum zur Klostergeschichte einrichten.
Die Arbeit der Museen geht nach Angaben von Tobias Engelsing über alle Grenzen hinweg: „Wir haben am Bodensee ein Museums-Europa“. Ein wichtiges Instrument des Austausches sei der Verein Museen und Schlösser Euregio Bodensee. Dort informiere man sich über Techniken, die bei Ausstellungen helfen, und unterstütze sich gegenseitig, etwa mit Leihgaben. Im Zentrum stehe die Frage, wie gelingt es, trotz finanzieller Krise, die Aufgaben wahrzunehmen? Im Verein sind 113 Museen und Schlösser rund um den See, Hegau, Thurgau, Appenzell, Allgäu, Vorarlberg und Liechtenstein.