Wann wird der Stephansplatz autofrei? Im Konstanzer Gemeinderat entfachte jüngst ein Vorschlag von Stadträtin Dorothee Jacobs-Krahnen (Freie Grüne Liste) eine heftige Diskussion. Die Debatte offenbarte, wie schnell sich lokalpolitische Prioritäten in einer Krise ändern können.

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Eigentlich sollten 20 der Parkplätze am Stephansplatz schon heute verschwunden sein. Doch die für das vergangene Wochenende geplanten Aktionstage, mit denen die Veränderung eingeläutet werden sollte, haben die Stadträte wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben. Das Junge Forum Konstanz (JFK) sprach sich kürzlich dafür aus, die 20 Plätze trotzdem abzuschaffen. Der Vorschlag der FGL ging weiter.

Der Vorschlag der FGL ging weiter. Dorothee Jacobs-Krahnen schlug vor, „dass der Stephansplatz sofort komplett autofrei wird“. Die Menschen hätten sich schon daran gewöhnt, dort nicht zu parken, sie sehe kaum noch Autos.

Dorothee Jacobs-Krahnen, Stadträtin der Freien Grünen Liste: „Ich stelle den Antrag, dass der Stephansplatz jetzt komplett ...
Dorothee Jacobs-Krahnen, Stadträtin der Freien Grünen Liste: „Ich stelle den Antrag, dass der Stephansplatz jetzt komplett autofrei wird. Die Menschen nutzen ihn derzeit ohnehin kaum.“ | Bild: Rindt Claudia

Vorübergehend könne er zur Fahrrad-Abstellfläche werden – und zur Aktionsfläche für Einzelhändler. So lange, bis das endgültige Nutzungskonzept, das die Verwaltung derzeit erarbeite, vorliege.

Bild 2: Autofreier Stephansplatz – jetzt, nächstes Jahr, nie? Wie die Corona-Pandemie in Konstanz eine Diskussion neu entfacht
Bild: Eva Marie Stegmann

Heinrich Fuchs (CDU) entgegnete: „Ich finde, wir sollten jetzt alles dafür tun, dass heimische Gastronomie und Handel wieder vorangehen. Und wenn wir mit so einem Konzept dazwischenfahren, das wird niemand verstehen!“ Lieber 2021, mit neuem Schwung, so seine Auffassung.

Parteikollege Manfred Hölzl ergänzte: „Da könnte gleich der Vorschlag kommen, ob wir den Platz komplett grün anstreichen. Ich schelte nicht gerne: Aber was die FGL möchte, ist in der derzeitigen Lage wirtschaftsfeindlich.“

„Es wäre das völlig falsche Zeichen.“

Jürgen Faden (Freie Wähler) schloss sich der CDU an. Ja, der Platz solle der Bevölkerung in absehbarer Zeit zugänglich sein. Doch nicht jetzt in der Krise. Vehement widersprach er dem Vorschlag der FGL: „Es wäre das völlig falsche Zeichen.“ Für die Bevölkerung und vor allem in Richtung der Händler.

Auch Achim Schächtle (FDP) drückte sein Missfallen aus: Den Vorschlag eines autofreien Stephansplatzes könne man nur bringen, „wenn man nicht bemerkt hat, dass Gastronomie und Läden zu sind“, sagte er über die zum Zeitpunkt der Diskussion noch geltenden Regeln. Auch er hielt den Zeitpunkt des Vorschlags für falsch.

Bild 3: Autofreier Stephansplatz – jetzt, nächstes Jahr, nie? Wie die Corona-Pandemie in Konstanz eine Diskussion neu entfacht
Bild: Eva Marie Stegmann

Frank Neu betreibt gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin direkt gegenüber des Parkplatzes ein Bekleidungsgeschäft. Zur Debatte sagt er auf Anfrage: „So etwas können nur Leute fordern, die nicht aus der Wirtschaft kommen. Ich habe absolut kein Verständnis für so ein Thema, wir haben ganz andere Probleme.“

Der Handel, die Gastronomie, die Hotels bluteten aus. Dringend müssten die Schweizer und Touristen wieder in die Stadt kommen.

Frank Neu, Händler am Stephansplatz: „Wir brauchen die Autos mit den Touristen. Umwelt ja, aber nicht zulasten und auf Kosten der ...
Frank Neu, Händler am Stephansplatz: „Wir brauchen die Autos mit den Touristen. Umwelt ja, aber nicht zulasten und auf Kosten der Wirtschaft! Ohne das Geld aus der Wirtschaft sind auch keine Umweltprojekte möglich.“ | Bild: Claudia Wagner

Frank Neu: „Wir wollen die Autos mit den Touristen, wir brauchen sie jetzt. Ohne Umsatz, ohne Steuereinnahmen ist auch kein Geld für Umweltprojekte da. Umwelt ja, aber nicht zulasten und auf Kosten der Wirtschaft.“ Neu sagt, er könne sich den Stephansplatz ohne Pkw vorstellen – mit einem funktionierenden Gesamtverkehrskonzept in der Hinterhand.

Die Händler miteinbeziehen und Alternativen zum Parken in der Innenstadt zu schaffen, das wollte der Gemeinderat ohnehin. So soll etwa am Döbele ein zentraler Verkehrsknotenpunkt entstehen. Mit einem Parkhaus und Umsteigemöglichkeiten in Busse, Taxen oder auf Leihräder.

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Diese Linie bekräftigte Oberbürgermeister Uli Burchardt in der vergangenen Gemeinderatsitzung: „Wir wollten sukzessive Parkplätze rausnehmen und den Platz erlebbar machen.“ Jetzt, teilte er dem Rat mit, sei nicht der Zeitpunkt, die Parkplätze zu entfernen. Natürlich halte man am Plan der autofreien Innenstadt fest.

Das Ziel sei, diesen Weg gemeinsam mit Bürgern und der Wirtschaft zu gehen. Diese Diskussion müsse man nun verschieben. Zudem merkte er an: Dass der autofreie Stephansplatz vor allem ein Symbol sei und klimapolitisch wenig Auswirkungen habe, sei allen klar. Die Debatte wurde, wie so vieles in diesen Tagen, verschoben.