Eine gewisse Unruhe liegt in diesen Tagen auf dem Gießberg in der Luft. Der 22. Mai rückt immer näher – und damit steigt die Anspannung: Es ist der Tag, an dem die Exzellenzkommission in Bonn ihre Ergebnisse verkündet. Die Uni Konstanz kann viel gewinnen. Oder Menschen und Strukturen verlieren, die in knapp 20 Jahren als Exzellenzuniversität gewachsen sind.

Es geht um gewaltige Fördersummen, um Arbeitsplätze, um Spitzenforschung. Und um die Frage, ob die Uni weiterhin das Güte-Siegel „Exzellent“ tragen darf. An besagtem Donnerstag entscheidet eine bundesweite Kommission über die Förderung der Exzellenzcluster. 98 Anträge deutscher Hochschulen liegen vor, 70 davon können gefördert werden.

Die Uni Konstanz möchte ihre Cluster „Politics of Inequality“ und „Collective Behaviour“ behalten – sie hofft auf Gelder von jeweils über 50 Millionen Euro in der Förderphase von 2026 bis 2032. Davon hängt auch die Bewerbung auf das Programm Exzellenzuniversität ab: ohne Cluster kein Titel.

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Fehlt das Geld, trifft das die Uni besonders hart

„Wir sind der kleine Benjamin in diesem Exzellenzgeschäft“, soll der ehemalige Uni-Rektor Gerhart von Graevenitz einmal gesagt haben. Seit 2007 trägt die Uni Konstanz den Titel der Exzellenzuniversität, konnte sich in dieser Zeit hunderte Millionen Euro an Fördergeldern sichern. Die Reform-Uni vom Bodensee bewegt sich in einem Kreis von Schwergewichten wie der TU München und der RWTH Aachen.

Doch darin liegt auch die Krux: Fehlt das Geld, spürt das die „kleine“ Uni besonders stark. Andere Hochschulen könnten die Fördermittel leichter ausgleichen, erklärt Rektorin Katharina Holzinger, sie verfügten über einen größeren Haushalt. Konstanz würde ein negativer Entscheid hart treffen. „Wir würden mehrere Jahre in der Forschung verlieren“, sagt Dirk Leuffen, Prorektor für Forschung und Transfer. Deshalb sind alle dann doch ein bisschen angespannt.

Und wenn kein Zuschlag kommt? „Wir würden mehrere Jahre in der Forschung verlieren“, sagt Dirk Leuffen, Prorektor für Forschung, ...
Und wenn kein Zuschlag kommt? „Wir würden mehrere Jahre in der Forschung verlieren“, sagt Dirk Leuffen, Prorektor für Forschung, Forschungsinfrastrukturen und Transfer. | Bild: Inka Reiter

„Wir gehen selbstbewusst rein – aber ein gewisses Restrisiko bleibt“, sagt Holzinger. Am 22. Mai soll mit der Cluster-Zusage die erste Hürde genommen werden. In einem Cluster schließen sich Wissenschaftler zusammen, um gemeinsam an einem Thema Spitzenforschung zu betreiben.

In Konstanz sitzen seit 2019 zwei davon, nach dem Willen der Uni soll diese Förderung weiterlaufen. „Politics of Inequality“ forscht zu Ungleichheit in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. „Collective Behaviour“ untersucht Schwarmverhalten, verfolgt zum Beispiel Zugvögel mit Satelliten und Tracking-Systemen.

„Wir gehen selbstbewusst rein – aber ein gewisses Restrisiko bleibt“, sagt Rektorin Katharina Holzinger über die Entscheidung am 22. Mai.
„Wir gehen selbstbewusst rein – aber ein gewisses Restrisiko bleibt“, sagt Rektorin Katharina Holzinger über die Entscheidung am 22. Mai. | Bild: Inka Reiter

Förderung schafft Spitzenforschung und Arbeitsplätze

Für beide Cluster hat die Uni jeweils über 50 Millionen Euro beantragt, das Programm würde über weitere sieben Jahre laufen. Doch nicht nur diese Summen stehen auf dem Spiel: Nur wenn beide Cluster den Zuschlag erhalten, darf sich die Universität im August auf die Förderlinie „Exzellenzuniversität“ bewerben. Neben viel Prestige und einem schicken Namen geht es wieder einmal um Geld: In der letzten Periode erhielt die Hochschule dafür 89,5 Millionen Euro, zusätzlich zu den Clustern.

Damit kann die Uni Bedingungen für Spitzenforschung schaffen. Das geht von teuren Forschungsprojekten bis hin zu neuen Arbeitsstellen: Rund 200 Personen an der Uni werden durch die Mittel finanziert, manche nur aus dem Exzellenz-Budget, andere in Mischfinanzierung. Mit dem Forum Konstanz entsteht zudem ab Herbst ein neues Gebäude auf dem Campus, finanziert aus den Mitteln der Exzellenzstrategie.

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Durch die vielen Arbeitsplätze sei diese Förderung auch für Konstanz bedeutend, sagt Dirk Leuffen, doch er betont auch den immateriellen Wert: „Die Region kann stolz sein, dass hier Spitzenforschung betrieben wird, die in die ganze Welt hinausstrahlt.“

Was passiert, wenn diese Mittel fehlen würden? „Wir überlegen beim Personal für den Worst Case, auch wenn wir nicht daran glauben“, sagt die Rektorin. Viele Stellen seien befristet, die fehlenden Gelder könne man nicht so einfach kompensieren. Doch man suche nach Lösungen, um in einem solchen Fall möglichst viele Mitarbeiter zu halten.

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Zwischen Bangen und Hoffen: Die Anträge sind gestellt

„Da hängen schon viele Menschen dran, die sich einen anderen Arbeitsplatz suchen müssten“, sagt Dirk Leuffen. Zudem gebe es erhebliche Konsequenzen für die Forschung, mühsam müsste man andere Wege zur Finanzierung suchen. Kein schönes Szenario – auch wenn der Prorektor betont: „Wir bleiben natürlich trotzdem ein Standort für Spitzenforschung.“

Einen ersten Misserfolg mussten sie schon hinnehmen: Eigentlich wollten sie sich mit drei neuen Clusterskizzen bewerben, diese wurden in einer Vorauswahl abgelehnt. „Das schmerzt uns – aber das ist auch ein sehr harter Wettbewerb, da wurde stark gesiebt“, sagt Leuffen. Dafür hätten sie nun mehr Energie in die zwei Cluster stecken können, betont Rektorin Katharina Holzinger, ihr Team sei sehr zufrieden mit den Anträgen.