„Ha, wer bist denn du?“, ruft eine Passantin in der Münzgasse freudig aus. Sie hat Emma, die junge Berner Sennenhündin, gesehen und begrüßt sie sofort. Eine andere Frau wendet sich direkt an die Hundebesitzerin Carola Paul und meint: „Haben Sie jetzt doch wieder einen jungen Hund?“ Selbstverständlich war das nicht, denn Carola Paul hatte sehr an ihrem Hund Moritz gehangen, den sie aber am 22. Juli hatte einschläfern müssen.

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Eigentlich wollte Carola Paul nach Moritz Tod keinen Hund mehr. Eigentlich. Allerdings hatte sie seit ihrem 21. Lebensjahr immer einen vierpfotigen Gefährten aus den Reihen der Berner Sennenhunde. In ihrer Trauer merkte sie alsbald: Ein Leben ohne Tier ist möglich, aber sinnlos. Sie musste feststellen: „Ohne halte ich es einfach nicht aus.“

Liebe auf den ersten Blick

So schaute sie sich dann doch auf den Internetseiten der Züchter um, sah ein Foto zweier Welpen und war spontan verliebt in eines der kleinen Fellknäuel, obwohl klein bei einem Berner Sennenhund doch eine sehr relative Maßeinheit ist. Das zwölf Wochen alte Hundebaby brachte immerhin schon zwölf Kilo auf die Waage.

So groß war Emma schon mit zwölf Wochen. Da brachte sie auch schon zwölf Kilo auf die Waage.
So groß war Emma schon mit zwölf Wochen. Da brachte sie auch schon zwölf Kilo auf die Waage. | Bild: Carola Paul

Sie nahm Kontakt mit den Züchtern auf, fuhr zu dem Bauernhof und nahm Klein Emma mit, die sich sofort in der Wohnung in Egg und dem Geschäft „Wertvolles“ in der Münzgasse daheim fühlte. „Sie ersetzt Moritz nicht“, stellt Carola Paul fest und fügt an. „Moritz fehlt mir extrem.“ Er war eben ein besonderer Hund, ausgeglichen, liebenswürdig, zuweilen etwas phlegmatisch, lag mitten in der Münzgasse und war ein echtes Sensibelchen.

Emma ist einzig und manchmal auch artig

„Emma fordert alles heraus, ist extrem neugierig, intelligent, gelehrig und sehr selbstbewusst und willensstark. Eine tolle Hündin“, erzählt Carola Paul, die immer nur Rüden hatte und sich jetzt plötzlich für ein Weibchen entschieden hat. Das Warum kann sie sich selbst nicht erklären. Vielleicht aber war es eine eher unterbewusste Entscheidung, damit sie nicht automatisch den Junghund mit dem Vorgänger vergleicht?

Kann man diesem Blick widerstehen? Video: Aurelia Scherrer

„Emma ist grundlegend anders“, stellt Carola Paul fest. Und das ist gut so. Emma hat sich auch schon längst in das Herz von ihrem Frauchen geschlichen, denn vergleichen ist hier zwecklos. Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter, seine eigene Persönlichkeit und ist nicht austauschbar. Emma versteht es gut, sich ihren ganz eigenen, individuellen Platz im Leben von Carola Paul zu sichern. Eines ist ebenso sicher: Emma lenkt Carola Paul von ihrer Trauer um Moritz ab und macht ihr jede Menge Freude.

Emma ist jetzt ein aufgeweckter Teenager.
Emma ist jetzt ein aufgeweckter Teenager. | Bild: Aurelia Scherrer

Das Lumpenmädchen ist schon ein Teeny

Aus dem zwölf Kilogramm leichten Hundebaby ist schon ein zwanzig Kilo schwerer, halbjähriger Teeny geworden; ein richtiges Lumpenmädchen, das es faustdick hinter den Schlappohren hat. Am liebsten liegt sie direkt in der Eingangstüre des Geschäfts, denn so hat sie das Treiben auf der Gasse im Blick, weiß aber gleichzeitig auch, was im Laden los ist. Emma ist eben ein schlaues Tier. Carola Paul lacht wissend: „Da kann sie nicht mehr lange liegen. Bald reicht ihr der Platz nicht mehr, so schnell wie sie wächst.“

Noch ist der Eingang zum Laden Emmas Lieblingsplatz. Doch bald ist damit Schluss, dann ist die Hündin zu groß, um auf den Stufen bequem ...
Noch ist der Eingang zum Laden Emmas Lieblingsplatz. Doch bald ist damit Schluss, dann ist die Hündin zu groß, um auf den Stufen bequem liegen zu können. | Bild: Aurelia Scherrer

Sie hat untypische Eigenschaften

Emma hat aber auch Eigenschaften, die äußerst ungewöhnlich sind für diese Rasse. „Sie liebt Wasser und geht gerne schwimmen“, staunt Carola Paul und fügt an: „Sie schwimmt, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.“ Aber das ist nicht das einzig Ungewöhnliche an Emma. Man könnte Zweifel haben, ob sie wirklich ein Hund ist oder vielleicht möglicherweise ein Nagetier, so gerne wie sie an Schnürsenkeln, Schuhen, Jackenzipfeln und dergleichen nagt.

Die junge Hündin ist ein Nagetier: Sie kaut gerade an allem – auch an Händen.
Die junge Hündin ist ein Nagetier: Sie kaut gerade an allem – auch an Händen. | Bild: Aurelia Scherrer

Möglicherweise war einer ihrer Ahnen auch ein Trüffelschwein. Wenn Emma etwas auf dem Boden erschnüffelt hat, fängt sie sofort an zu graben. Leider gibt es in der Münzgasse keine Trüffel. Deshalb nagt Emma das Unkraut aus den Spalten. Das ist eines ihrer Talente. Vielleicht bekommt sie Anfragen von Terrassenbesitzern, die gerne auf Emmas Hilfe zurückgreifen möchten, um sich selbst die mühsame Arbeit zu ersparen?

Emma bei Pflegearbeiten Video: Aurelia Scherrer

Auf jeden Fall sorgt der junge Wirbelwind namens Emma wieder für Trubel in der Münzgasse. „Alle sind happy hier. Die Resonanz ist enorm“, schildert Carola Paul. Die pfiffige Hündin arbeitet schon an ihrem guten Ruf und ihrem Renommee, die tollste Hündin der Münzgasse zu werden. Ihre Fangemeinde jedenfalls wächst von Tag zu Tag.