Es sieht nach einem Schildbürgerstreich aus. Vor den Schulen am Zähringerplatz gilt zeitweise Tempo 30. Doch knapp 100 Meter weiter, kurz vor der neuen Querungshilfe für Fußgänger und der Bushaltestelle, werden Autofahrer faktisch wieder zum Beschleunigen aufgefordert. Hier zeigt ein Schild Tempo 50 an.

Raimund Blödt hat einige Vorschläge für den Fußgänger- und Radverkehr am Zähringerplatz.
Raimund Blödt hat einige Vorschläge für den Fußgänger- und Radverkehr am Zähringerplatz. | Bild: Oliver Hanser

Der frühere Architekten Raimund Blödt hält aber noch mehr Regeln am Zähringerplatz für falsch. Er schlägt kostengünstige Provisorien vor, um Enge und Chaos für Fußgänger und Radfahrer zu beseitigen. Und er ist mit seiner Kritik nicht allein: Mindestens seit dem Jahr 2015 gilt der Platz als offizielle Gefahrenstelle.

Kommunalpolitiker und Bürger mahnen seit Jahren, an diesem Brennpunkt müsse es Verbesserungen für die schwächsten Verkehrsteilnehmer geben. Doch eine Lösung wurde aus Finanzierungsgründen immer wieder aufgeschoben.

Bitte aufstellen! Die Radwege am Zähringerplatz sind völlig überlastet.
Bitte aufstellen! Die Radwege am Zähringerplatz sind völlig überlastet. | Bild: Jörg-Peter Rau | SK-Archiv

Blödt hält es für dringend geboten, den gesamten Platz bis zur Theodor-Heuss-Straße zu betrachten. Die Wegeführung für Radfahrer halte mit der Masse der Radler schon lange nicht mehr Schritt. In Richtung Universität würden sie „in einen völlig beengten Wartebereich vor der Ampel in Richtung Friedrichstraße/Wollmatinger Straße gelotst“.

In Schlangenlinien um den Kiosk

Auch auf der gegenüberliegenden Seite, also von der Wollmatinger Straße kommend in Richtung Altstadt, gehe es vor der Ampel sehr eng zu. Radfahrer würden weiter in Schlangenlinien um den Kiosk und über die Kreuzung Moltkestraße geführt. Auch entlang der Theodor-Heuss-Straße gebe es wenig Platz. Radler bewegten sich neben parkenden Autos und könnten jederzeit durch aufgehende Autotüren verletzt werden.

Eine weitere Engstelle. Hier geht es am Sankt-Gebhard-Platz von der Moltke- in die Theodor-Heuss-Straße.
Eine weitere Engstelle. Hier geht es am Sankt-Gebhard-Platz von der Moltke- in die Theodor-Heuss-Straße. | Bild: Aurelia Scherrer | SK-Archiv

Raimund Blödt spricht sich dafür aus, den Verkehr am Zähringerplatz zu beruhigen. Ähnlich wie vor dem Hauptbahnhof solle dort eine 20er-Zone entstehen und Tempo 30 in der Theodor-Heuss-Straße eingeführt werden. Weiter schlägt er vor, den Radverkehr in Richtung Innenstadt auf die Fahrbahn zu verlegen. An den beiden Kreuzungen an der Jahnstraße und an der Moltkestraße schweben Blödt zwei Kreisverkehre vor.

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Er sagt: Solche Kreisel seien sehr leistungsfähig, das zeige sich in der Nachbarstadt Kreuzlingen. Diese funktionierten etwa am stark frequentierten Löwenplatz oder auch an den stark befahrenen Durchgangsstraßen zwischen Kreuzlingen und Romanshorn. Wie in der Schweiz üblich, sollten dann hier auch Radfahrer und Fußgänger über die Kreisel gelenkt werden.

Raimund Blödt ist überzeugt: Dies alles wäre mit einem „überschaubaren Etat vorläufig umsetzbar“ und würde keine Millionensummen erfordern. Er gibt zu bedenken, dass die Kosten für Ampeln und deren Steuerung künftig entfallen würden. Blödt fordert dazu auf, sich auf die neuen Lösungen einzulassen. Die Stadtverwaltung kann ihm aber nur teilweise folgen.

Blick von oben auf den Zähringerplatz. Von rechts kommt der Verkehr aus Richtung Fürstenberg/Wollmatingen, für den es geradeaus weiter ...
Blick von oben auf den Zähringerplatz. Von rechts kommt der Verkehr aus Richtung Fürstenberg/Wollmatingen, für den es geradeaus weiter in Richtung Theodor-Heuss-Straße geht. Hinten in der Mitte beginnt die Fahrradstraße, die fast bis zum Döbele führt, und hier zunächst Jahnstraße heißt. | Bild: Michael Buchmüller | SK-Archiv

Für eine große Lösung, so wie Blödt sie sich vorstellt, sieht sie keinen Spielraum, durchaus aber für kleine Verbesserungen. Sprecher Benedikt Brüne teilt auf Anfrage mit, dass die Stadtverwaltung prüfen wolle, ob Tempo 30 nicht weiter gezogen werden könnte, sodass das Limit auch die Querungshilfe an den Bushaltestellen am Zähringerplatz umfasst.

Brüne schreibt: Die zeitweilige Begrenzung der Geschwindigkeit vor einer Schule könne eine Strecke von 300 Metern umfassen. „Nach aktuellem Stand wurde diese Länge noch nicht komplett ausgereizt. Eine Prüfung bezüglich der weiteren rechtlichen Voraussetzungen und der entsprechenden Umsetzung wird vorgenommen.“

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Ebenfalls in Prüfung sei Tempo 30 für die Theodor-Heuss-Straße aus Gründen des Lärmschutzes. Sprecher Brüne stellt fest: Diese sei zwar eine Landesstraße, die den Durchgangsverkehr aufnehmen soll, und sie gehöre zum Netz der Vorbehaltsstraßen (auch Vorfahrtsstraßennetz genannt – Anm. d. Red.). Tempo 30 sei aber in speziellen Fällen möglich, etwa wenn der Lärmschutz ein Eingreifen erforderlich mache. „Der Lärmaktionsplan Stufe 3, der derzeit erarbeitet wird, prüft die Ausweisung von Tempo 30 unter anderem in der Theodor-Heuss-Straße.“

Vor den Schulen am Zähringerplatz wird der Verkehr ausgebremst. Hier gilt zeitweise Tempo 30.
Vor den Schulen am Zähringerplatz wird der Verkehr ausgebremst. Hier gilt zeitweise Tempo 30. | Bild: Claudia Rindt

Für Tempo 20 am Zähringerplatz und auch die von Blödt vorgeschlagenen Kreisverkehre sieht die Stadtverwaltung aber keine Möglichkeiten. Durch die Zuordnung als vorrangige Straße, die den Durchgangsverkehr aufnehmen soll, sei die Einrichtung einer Begegnungszone mit Tempo 20 nicht möglich.

Kreisel für Stadt kein Thema

Auch den vorgeschlagenen Kreiseln erteilt Brüne eine Absage. Mit Blick auf die Kreuzung Zähringerplatz/Jahnstraße sagt er: „Bei der vorliegenden Verkehrsbelastung und vor allem den extrem hohen Radfahr- und Fußgängerzahlen ist ein Kreisverkehr keine Lösung. Zebrastreifen wie in der Schweiz würden die Abwicklung des Kfz-Verkehrs in verträglicher Form nicht mehr zulassen, die Bevorrechtigung der Busse wäre außer Kraft gesetzt.“

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Schon der vor Jahren wegen einer Baustelle provisorisch eingerichtete Kreisel habe große Probleme bereitet – eine Darstellung, der Raimund Blödt widerspricht. Die Stadtverwaltung ist sich zudem sicher: Auch am Knotenpunkt Moltke-/Theodor-Heuss-Straße brächte ein Kreisverkehr keinerlei Vorteile. Denn die Verkehrsbelastung aus der Moltkestraße sei im Vergleich zu der auf der Theodor-Heuss-Straße eher gering.