Von grünen Zimmerpflanzen und Ethnologie-Büchern umgeben, sitzt die Soziologie-Studentin Sarah Marquardt an ihrer Bachelorarbeit. Neben der richtigen Literatur hilft ihr auch Chat-GPT dabei, diese zu schreiben. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER verrät sie: „Manchmal kann die künstliche Intelligenz eher überfordernd sein.“

Wie funktioniert das mit der KI?

Chat-GPT ist seit seinem Start im November 2022 das bekannteste Programm für künstliche Intelligenz (KI). Seitdem nimmt es eine immer bedeutendere Rolle im Alltag von Studierenden ein. Die Gebrauchsweise dabei ist denkbar einfach: Nachdem sich ein Nutzer registriert, befindet er sich in einem „Chat“ mit dem Programm. Die Software funktioniert im Prinzip wie WhatsApp: Zwar werden gegenseitig Nachrichten verschickt, nur schreibt eben kein Mensch zurück.

Als sie Anfang 2023 das erste Mal die Technologie ausprobiert, hat sie Zweifel. Die Befürchtung: „Wenn ich es mir dadurch zu leicht mache, denke ich nicht mehr so viel nach und werde unkreativ“, so Marquardt. Heutzutage habe sie einen guten Umgang mit dem Programm gefunden. Ihr helfe die Software gerade dann, wenn sie Bücher zusammenfassen oder Mitschriebe ausformulieren muss.

„Chat-GPT hat mir die Literatur für meine Bachelorarbeit verständlich und in wenigen Sätzen zusammengefasst – ohne das Programm hätte ...
„Chat-GPT hat mir die Literatur für meine Bachelorarbeit verständlich und in wenigen Sätzen zusammengefasst – ohne das Programm hätte ich 40 Texte überfliegen müssen“, so die Soziologie- und Gender-Studies-Studentin Sarah Marquardt. | Bild: Julian Schlecht

Bei kreativer Arbeit hingegen sei das Programm eher hinderlich, gerade wenn es um die Themensuche für ihre Bachelorarbeit gehe: „Bei den ganzen Ideen, die man da vorgesetzt bekommt, habe ich manchmal das Gefühl, dass mich die KI eher unter Druck setzt.“ Sie betont: „Diese Informationsflut kann echt überfordernd sein. Am Ende macht man sich dadurch mehr Arbeit.“

Trotzdem vereinfacht das Programm den Alltag der Studentin: „Als ich meinen Professor etwas fragen wollte, ohne dumm zu klingen, habe ich mir einfach eine E-Mail vorformulieren lassen.“ Es klingt kurios, doch Sarah Marquardt nutzt Chat-GPT auch für die Planung ihres nächsten Spanienurlaubs. Von der KI lässt sie sich eine Reiseroute erstellen, Ausflugsziele empfehlen und findet heraus, was alles in ihr Handgepäck passt. „Dank Chat-GPT weiß ich, dass drei T-Shirts 800 Gramm wiegen“, so die Studentin.

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Für Juristen kann die KI Gerichtsurteile zusammenfassen

Dass künstliche Intelligenz ein hilfreiches Werkzeug sein kann, ist auch im Fachbereich der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz angekommen. Dort sei die Verwendung aber stellenweise schwieriger als in anderen Studiengängen. Die Jurastudentin Corinne Blumer bestätigt: „Ich habe Chat-GPT ausprobiert, aber die Antworten, die herauskamen, waren super unkonkret.“

„Jura ist ein klassischer Studiengang, bei dem man am besten aufgestellt ist, wenn man ein Lehrbuch in die Hand nimmt und damit ...
„Jura ist ein klassischer Studiengang, bei dem man am besten aufgestellt ist, wenn man ein Lehrbuch in die Hand nimmt und damit arbeitet“, so die 25-jährige Jurastudentin Corinne Blumer. | Bild: Julian Schlecht

Sie führt aus, dass sich ihre Studieninhalte oft um konkrete und individuelle Sachverhalte drehen. Für diese brauche sie gezielte und fallspezifische Argumente. Ihrer Meinung nach könne die KI das aber nicht leisten: „Die Antworten sind zwar nicht falsch, aber so oberflächlich, dass man dadurch keine Zeit gewinnt.“ In Einzelfallentscheidungen helfe dort eher eine spezielle Datenbank, die Urteile und Meinungen beinhaltet.

Da Chat-GPT nicht auf die Inhalte dieser Datenbank zugreifen könne, bezweifelt sie den Mehrwert der KI. Dennoch liefere das Programm zu jedem Fall eine Antwort. Sie erzählt: „Die KI präsentiert immer selbstbewusst eine Lösung, die aber nicht so stichfest ist, wenn man sich das am Ende durchliest.“ Chat-GPT sei sinnvoll, wenn es darum gehe, lange Gerichtsurteile zusammenzufassen. Das wäre für die 25-jährige Studentin aber erst im Berufsleben von Nutzen.

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Informatik-Studierende profitieren von künstlicher Intelligenz

Ganz anders sieht es die Informatikstudentin Milena Zepp: „Ohne Chat-GPT wäre mein Studium um einiges schwerer. Manchmal würde ich doppelt solange brauchen ohne die KI.“ Gegenüber dem SÜDKURIER erzählt die Studentin, dass sie Chat-GPT täglich verwende und vor allem beim Programmieren sehr nützlich finde.

Die Informatikstudentin Milena Zepp ist der künstlichen Intelligenz sehr dankbar: „Chat-GPT ist für mich wie ein zweiter Dozent ...
Die Informatikstudentin Milena Zepp ist der künstlichen Intelligenz sehr dankbar: „Chat-GPT ist für mich wie ein zweiter Dozent geworden. Man kann über alles quatschen und bekommt Lösungsvorschläge.“ | Bild: Milena Zepp

Dort gehe es darum, auf Fehlersuche zu gehen. Genau hier sei Chat-GPT stark. Wenn sie einen unbrauchbaren Code hat, fragt sie die KI, was mit diesem nicht stimmt und wie sie ihn verbessern kann. Sie betont: „Wenn gar nichts funktioniert, kann Chat-GPT auch den ganzen Code schreiben.“

Diesen Einsatz sieht die 23-jährige Studentin aber kritisch: „Wenn man programmieren lernen will, muss man sich schon bewusst von den Möglichkeiten der KI fernhalten.“ Sie könne deswegen den Vorwurf gut verstehen, dass Studierende mit KI nicht mehr vollumfänglich lernen. Gerade für faule Leute sei Chat-GPT eine enorme Abkürzung. Sie betont: „Die Sorge, dass künstliche Intelligenz das Lernen verändern wird, war durchaus berechtigt.“