Priscilla Ogundipe

Seit er 14 Jahre alt ist, leidet der Konstanzer Moritz Högemann an Narkolepsie. Das ist eine seltene Krankheit, bei der die Betroffenen Probleme haben, wach zu bleiben. „Das fühlt sich an, als hätte man drei Tage lang durchgemacht. Es ist schwer, wach zu bleiben. Gerade bei monotonen Tätigkeiten“.

Moritz Högemann möchte Stereotype und Vorurteile über Narkolepsie aus dem Weg räumen.
Moritz Högemann möchte Stereotype und Vorurteile über Narkolepsie aus dem Weg räumen. | Bild: Priscilla Ogundipe

Deshalb habe er als Jugendlicher fast alles aufgegeben, was das Leben lebenswert macht, erinnert sich der heute 19-Jährige. Lesen, Filme schauen und alles andere, was potenziell müde machen könnte, wurde vom Tagesplan gestrichen. Stattdessen habe er sich ins Training gestürzt und sich täglich zu Höchstleistungen gepusht.

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„In der Schule wurde ich deswegen fertiggemacht“

Er hat schlimme Erfahrungen gemacht: „In der Schule wurde ich deswegen echt fertig gemacht. Lehrer meinten, das wäre doch nur eine Ausrede. Ich musste sogar einen IQ-Test machen, weil an meiner Intelligenz gezweifelt wurde. Obwohl ich es schwarz auf weiß hatte“, erinnert er sich. Oft habe er es verschwiegen, weil er mit vielen Vorurteilen konfrontiert werde. „Leute denken teilweise, ich wäre nicht so produktiv“. Dabei sei genau das Gegenteil der Fall, sagt der Konstanzer.

Er hat Schwierigkeiten über das Thema zu reden, trotzdem macht er jetzt bei einem Film über die Krankheit mit – basierend auf seinen Erfahrungen. Er möchte nämlich darüber aufklären. „Die Stereotypen über Narkolepsie, wie sie in Filmen und Serien dargestellt werden, sind einfach nicht richtig“, betont Moritz Högemann. „Da pennen die Leute plötzlich ein und klatschen mit dem Kopf ins Essen. Oder es sind Albtraum-Szenen. Aber so ist das nicht“, erklärt er. Denn die Krankheit äußert sich bei jedem anders.

Bild 2: „Das fühlt sich an, als hätte man drei Tage durchgemacht“: Junge Konstanzer drehen einen Film über Narkolepsie
Bild: Priscilla Ogundipe

Überzeugt hat ihn seine beste Freundin, Lora Angelova. Um sich an der Filmhochschule bewerben zu können, muss sie nämlich einen selbst produzierten Kurzfilm für ihr Portfolio einreichen, erklärt sie. „Ich wollte irgendwas Neues machen – einen Film, den es so noch nicht gibt“, erinnert sich die Konstanzerin. Doch Högemann war davon zuerst nicht begeistert. Nach einigen Überlegungen hat sich Högemann dann aber doch dazu bereit erklärt, den Film mit Angelova zu produzieren.

12 bis 14 Stunden – sieben Tage die Woche: so lange arbeiten die jungen Konstanzer daran, mit dabei ist auch Leo Rüland. Das Duo Rüland und Högemann dürften viele Konstanzer und Konstanzerinnen kennen: Im OB-Wahlkampf 2020 sorgte ihr Youtube-Video „Warum Uli Buchardt die letzten acht Jahre vermasselt hat“ für viel Diskussion. Der OB selbst antwortete Ihnen damals – auch via Video.

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Seinen ersten Kurzfilm hat Moritz Högemann vergangenen Sommer gemeinsam mit seinem besten Freund Leo Rüland gedreht, wie der SÜDKURIER berichtete. Obwohl es laut Högemann nur ein Corona-Projekt zum Spaß war, wurde der Film zum vollen Erfolg und gewann mehrere Preise. Spätestens da, habe Högemann gemerkt, dass ihm „Filme machen“ wohl gut liege. Auch wenn er nun vieles anders machen würde.

Auch Lora Angelova sei schon immer ein großer Foto- und Filmfan gewesen. Als es darum ging zu entscheiden, was sie nach der Schule machen möchte, war für die 20-jährige schnell klar: sie möchte Film studieren. Um den Wunsch zu verwirklichen, habe sie lange gespart und sich ihre erste Kamera gekauft – und das Abi abgebrochen. „Das brauche ich nicht für das Filmstudium“ – aber dafür die Zeit, sagt sie.

Lora Angelova möchte Film studieren und investiert jede freie Minute in das Projekt.
Lora Angelova möchte Film studieren und investiert jede freie Minute in das Projekt. | Bild: Priscilla Ogundipe

Die Botschaft ist: Selbstakzeptanz

In dem Kurzfilm „A Dream Away“ soll es um Selbstakzeptanz gehen, erklärt Moritz Högemann. Der Film soll unterhalten und gleichzeitig über Narkolepsie aufklären. Und das Projekt scheint schon jetzt viele zu begeistern: Unterstützt werden die jungen Filmemacher nämlich von internationalen Netzwerken für neurologische Erkrankungen. Zudem haben sie professionellen Beistand: neben der Produktionsfirma &bitte, konnten sie sogar den bekannten Kinodarsteller Moritz Bäckerling für die Hauptrolle ihres Films akquirieren.

Die Dreharbeiten laufen seit vergangenem Sonntag und „wenn alles gut läuft“, wird der Film schon im September im Internet zu sehen sein, blickt Högemann voraus. Da die Produktion des Kurzfilms durch eine Crowdfunding-Kampagne im Internet finanziert werden soll, sei das Team aktuell auf jede Spende angewiesen, so Högemann.

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