Bei so viel Tempo reiben sich nicht nur Narren verwundert die Augen. Nicht einmal eine Woche hat es nach der kurzfristigen Sperrung gedauert, bis die Stadt Konstanz ihren historischen Pulverturm wieder nutzbar gemacht hat. Mit einem stabilen Gerüst hat sie den von der Feuerwehr verlangten zweiten Rettungsweg ermöglicht. Aus der Bar im ersten Stock können sich Besucher nun im Ernstfall über stabile Treppen aus dem Turm und an die Erdoberfläche begeben.
Achim Schien, Vizepräsident der Niederburg, zeigt sich erleichtert: „Wir bedanken uns bei der Stadt und insbesondere bei Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn“, erklärt Schien. Nachdem über Jahre nicht zur Lösung des bekannten Problems getan worden sei, habe die Stadt als Eigentümerin des Turms nun gut reagiert. Vor und während der Fasnacht könne die Niederburg das gemietete Gebäude nun weitgehend wie geplant nutzen.

Doch was ist mit dem Stüble im obersten Stock, für das es weiterhin keinen zweiten Fluchtweg, sondern nur eine enge Fensterluke als Notausstieg auf eine schmale Brüstung gibt? Besprechungen mit bis zu 15 Personen können dort wieder stattfinden, „aber keine Partys“, so die Niederburg. Dass ausufernde Feste im Stüble seit jeher untersagt waren, wie es aus Kreisen der Feuerwehr heißt, kann Achim Schien nicht bestätigen. Darüber lägen der Niederburg keine Unterlagen vor.
Erst ein Gerüst, dann eine fest installierte Spindeltreppe
Wie lange das Gerüst mit der Behelfs-Treppe stehen bleibt, ist noch unklar. Deshalb kann die Stadt Konstanz auch keine Kosten für die Übergangslösung angeben, wie Sprecherin Anja Fuchs auf Anfrage des SÜDKURIER mitteilt. Fest steht nach übereinstimmenden Angaben aber, dass es seit 2016 eine Baugenehmigung für eine Spindeltreppe bis ins Mittelgeschoss gibt, der eigentliche Bau aber die in Auftrag gegeben wurde. Das will die Stadt nun so schnell wie möglich nachholen.


Möglicherweise bekommt auch das Stüble ganz oben im Turm seinen zusätzlichen Rettungsweg – was nicht so einfach ist, weil eine Öffnung für die Personenrettung laut Stadtverwaltung groß genug sein muss. Die Fenster dort sind nur 40 Zentimeter hoch – da kommen viele Erwachsene kaum durch, auch ohne den Stress eines Notfalls.
Weil größere Fenster aber einen Eingriff in den historischen Bau bedeuten, werden laut Stadt die Pläne „aktuell mit dem Landesdenkmalamt abgestimmt“. Wann mit einer Zustimmung zu rechnen ist, bleibt den Angaben zufolge zunächst aber offen.
Auch andere Narrengruppen waren besorgt um ihre Türme
Die Nachricht von der kurzfristigen Schließung des Pulverturms hat auch bei anderen Narrengruppen erhebliche Unruhe ausgelöst. Die Blätzlebuebe, die sich in jahrelanger Arbeit den Schnetztorturm hergerichtet haben, sind mit der Stadt nach Angaben von Zunftmeister Roland Scherer in einem beständigen und konstruktiven Austausch. Auch der Rheintorturm, in dessen obersten Stock mit dem Fasnachtsmuseum ebenfalls eine recht schmale in steile Treppe führt, steht im Fokus.

Doch weder die Initiative Rheintortum noch die Blätzlebuebe müssen sich akut Sorgen machen, dass ihnen die Stadt ihre Türme dichtmacht. Stadt-Sprecherin Anja Fuchs teilt dazu mit: „Für das Schnetztor und den Rheintorturm wurden 2014 Brandverhütungsschauen durchgeführt. Die dort von der Feuerwehr beanstandeten Mängel wurden durch das Hochbauamt als erledigt bestätigt.“
Für die Niederburg haben sich die Dinge zum 140. Geburtstag der Narrengesellschaft nun zum Guten gewendet. Als nächstes, so Achim Schien, werde man in Eigenleistung die Bar im Mittelgeschoss so herrichten, dass der Raum auch für die Feste noch besser nutzbar ist. „Wir bleiben vor- und umsichtig“, so der Vizepräsident – schon im eigenen Interesse.
Die Niederburg will, dass die Stadt ihre Vermieter-Pflichten erfüllt
Dennoch erwartet er auch von der Stadt, dass das Hochbauamt den Verpflichtungen eines Vermieters nachkomme. Die Niederburg habe vor 30 Jahren die damals enorme Summe von 100.000 Mark durch Eigenleistungen beigetraten und so den Erhalt eines Denkmals gesichert, für den die Stadt sonst hätte teuer aufkommen müssen. Nun gelte es, auch für die nächsten Jahrzehnte eine dauerhafte Lösung zu finden.