Wie geschickt, die blaue Karte ist ja noch da. Also schnell auf dem Stellplatz mit dem Rollstuhlfahrer-Symbol parken, sich das Geld für den Parkschein sparen und kurz zum Einkaufen oder zum Termin laufen – das klingt verlockend. Ist es aber nicht. Denn die Stadt Konstanz hat damit begonnen, die missbräuchliche Benutzung der Parkberechtigungen für Behinderte konsequent zu bekämpfen. Und wer erwischt wird, muss sich auf harte Strafen einrichten.

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Da gibt es die Oma, bei der das Amt eine, wie es offiziell heißt, außergewöhnliche Gehbehinderung festgestellt hat – aber die sitzt gar nicht im Auto. Da gibt es Parkberechtigungen von Menschen, die bereits verstorben sind. Und da gibt es dreiste Fälschungen des blauen Berechtigungsausweises, von denen die Nutzer denken, der Gemeindevollzugsdienst würde sie nicht erkennen.

So sieht der Behinderten-Parkausweis aus. Doch immer wieder entdecken Kontrolleure Fälschungen. Und gelegentlich sehen sie, dass gar ...
So sieht der Behinderten-Parkausweis aus. Doch immer wieder entdecken Kontrolleure Fälschungen. Und gelegentlich sehen sie, dass gar niemand mit Gehbehinderung aus dem soeben geparkten Fahrzeug aussteigt. | Bild: Miriam Burkhardt/Stadt Konstanz

All das hat Frank Conze, der Abteilungsleiter der Straßenverkehrsbehörde und in dieser Funktion auch so etwas wie der oberste Parkwächter der Stadt Konstanz, schon erlebt. Und er macht aus seinem Zorn keinen Hehl. „Diese Parkplätze sind für Menschen, die dringend darauf angewiesen sind. Ihnen den wegzunehmen, ist kein Kavaliersdelikt!“, sagt er. Und Stephan Grumbt, der Behindertenbeauftragte der Stadt, ergänzt: „Da geht es um elementare Teilhabe, wer anderen das nicht ermöglicht, bringt die Betroffenen um einen Rechtsanspruch.“

Betroffene erleben viel Egoismus und Rücksichtslosigkeit

Auch der Umstand, dass vielleicht gerade niemand dort parkt oder sogar zwei reservierte Stellplätze gerade frei sind, ist für ihn keine Begründung: „Wir halten diese Plätze bereit, damit sie eben jederzeit von den Berechtigten genutzt werden können.“ Dass das nicht immer klappt, hat Grumbt schon oft selbst erlebt. Er fährt selbst nicht mehr Auto, ist aber oft darauf angewiesen, dass seine Frau oder eine Betreuungsperson ihn an einen Ort bringen, von dem aus er mit dem Rollstuhl weiterkommt.

Nun greift die Stadt Konstanz mit ungewöhnlicher Härte durch. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienstes überwachen gelegentlich, wer eigentlich aus den Autos mit der blauen Berechtigungskarte auf dem Armaturenbrett aussteigt. Wer auf frischer Tat ertappt wird, muss mit einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft rechnen. Denn wer die Berechtigung missbräuchlich verwendet, begeht eine Straftat: Missbrauch von Ausweispapieren nach Paragraf 281 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Der Strafbefehl kann je nach Einkommen teuer werden

Dafür gibt es keine Verwarnung von bis zu 55 Euro, sondern in der Regel einen Strafbefehl, dessen Höhe vom Verdienst abhängt. „500 bis 1000 Euro sind das schnell“, weiß Conze aus den Rückmeldungen der Staatsanwaltschaft. Wer sogar mit einer gefälschten Parkkarte erwischt wird, muss mit einer noch deutlich höheren Geldstrafe rechnen. Und einfach gar keine Karte auszulegen, bringt auch nichts: Dann zählt das Falschparken zwar als Ordnungswidrigkeit, aber die Stadt lässt auf Behinderten-Parkplätzen sofort abschleppen. Auch da kommen schnell ein paar hundert Euro zusammen.

Frank Conze, stellvertretender Leiter des Konstanzer Bürgeramts und Leiter der Straßenverkehrsbehörde, sagt: „Jemandem einen ...
Frank Conze, stellvertretender Leiter des Konstanzer Bürgeramts und Leiter der Straßenverkehrsbehörde, sagt: „Jemandem einen Behinderten-Parkplatz wegnehmen, der darauf angewiesen ist – das geht gar nicht. Deshalb greifen wir bei Missbrauch auch konsequent durch.“ | Bild: Kirsten Astor

Bei manchen Autofahrern ist die Botschaft allerdings noch nicht angekommen, wie die Mitarbeiter des Vollzugsdiensts berichten. Während viele der tatsächlich Berechtigten sich sogar dafür bedankten, dass ihre Stellplätze freigehalten werden, fehlt es bei der Einsicht anderer. Da gebe es die wildesten Ausreden, berichtet Frank Conze. Und auch die Tatsache, dass die blauen Parkausweise bis ins Jahr 2013 unbefristet ausgestellt wurden, hilft nicht weiter – die Stadt Konstanz prüft auch das nach.

„Ein Ergebnis des zunehmenden Egoismus“

Dass Menschen mit Einschränkungen diese Unterstützung brauchen, steht für Grumbt außer Frage. „Für sie geht es um Teilhabe am Leben, ob im Beruf, in der Versorgung mit dem Nötigen oder auch um den Zugang zu kulturellen Angeboten. Diese Menschen brauchen Entlastung“, so Grumbt. Und er erinnert daran: „Jeder Mensch mit solchen Einschränkungen würde liebend gerne selbst laufen.“ Dass andere es sich lieber bequem machen, ist für ihn „ein Ergebnis des zunehmenden Egoismus“.

Behindertenbeauftragter Stephan Grumbt sagt über Behinderten-Parkplätze: „Das sind elementare Dinge für Menschen, die Einschränkungen ...
Behindertenbeauftragter Stephan Grumbt sagt über Behinderten-Parkplätze: „Das sind elementare Dinge für Menschen, die Einschränkungen haben. Für sie geht es um die Teilhabe am Leben, ob im Beruf oder in der Versorgung mit nötigen Dingen. Die Betroffenen brauchen diese Entlastung, und sie haben einen Rechtsanspruch darauf.“ | Bild: Jürgen Rössler

Acht Strafanzeigen hat die Stadt Konstanz in diesem Jahr schon gestellt, Tendenz steigend. Anders gehe es wohl nicht, bedauert Stephan Grumbt: „Viele Leute denken, wenn das keine Konsequenzen hat, mache ich das einfach.“ Und er kennt auch die Stellen, wo Behinderten-Parkplätze besonders oft unberechtigt benutzt werden: „Stephansplatz, Laube und in den Parkhäusern, weil es dort so praktisch direkt am Ausgang ist.“