Die Schänzlebrücke stand, doch die Anschlüsse waren noch nicht gelegt. Auf welcher Trasse sollte der Verkehr aus Richtung Allensbach zur Brücke geführt werden: seenah oder seefern? Im Jahr 1985 spaltete diese Frage die Bürger.
Der erste Bürgerentscheid von Konstanz brachte die Entscheidung: 61,8 Prozent stimmten für die Südeinführung, also die seenahe Trasse, die ab Reichenau-Waldsiedlung an die B 33 anschließt und über die Reichenaustraße zur Neuen Rheinbrücke führt. Damals wurde der Begriff Ausbau vor Neubau geprägt.
Ein Bürgervotum kippte damit den Beschluss des Gemeinderats, der die Nordeinführung favorisiert hatte. Diese sollte die großen Verkehrsströme etwa ab der Waldsiedlung übers Hinterland führen, also über die teilweise unberührten Naturlandschaften von Dachsberg, Vochenberg und Ulmisried.
Mit Hilfe eines Tunnels sollte der Strom der Autos durch die bewohnten Gebiete Schwaketen- und Haidelmoos kommen, dann vorbei an der Chérisy-Kaserne und den Stadtwerken (etwa die Route der heutigen Elberfeldspange) zur Neuen Rheinbrücke. Ein deutliches Nein der Bürger verhinderte dies.
SPD Allensbach wirbt für den „Heierplan“
Einer der Väter des Abstimmungserfolgs der Verfechter der Südvariante ist der heute 86 Jahre alte Manfred Heier, früherer Architekt, damals Stadtrat für die Freie Grüne Liste und engagiert beim Bund für Umwelt- und Naturschutz. Er zeichnete Pläne, wie ab Allensbach eine seenahe Trasse aussehen könnte, die ungefähr den heutigen Anschlüssen entspricht. Die SPD Allensbach warb auf einem Flugblatt für den „Heierplan“.
„Wir waren uns gar nicht sicher, ob der Bürgerentscheid durchgeht“, erinnert sich Heier. Er habe damals Tag und Nacht über Straßenplänen gebrütet und sich überlegt, wie die Trasse geführt werden könnte, auch über Konstanz hinaus.

„Wir haben schon damals einen Tunnel bei Allensbach vorgeschlagen.“ Heier berichtet von einer „aufgeladenen Stimmung damals“. Ein Blick auf zwei damalige Sonderseiten des SÜDKURIER, auf denen die Gegner und Befürworter der Trassenvarianten zu Wort kamen, bestätigt die Einschätzung.
„Es geht um Sein oder Nichtsein“
„Es geht um Sein und Nichtsein dieser Uferlandschaft, die in Konstanz am schönsten sein könnte“, schrieb der damalige CDU-Vorsitzende und Befürworter der Nordeinführung, Inno C. Rapp. Er bezeichnete den Begriff Ausbau vor Neubau als „größte Irreführung“ und warnte vor der Zerstörung des Ufers durch „riesige Betonkunstbauten“.
Das Bürgerkomitee gegen die Nordeinführung wiederum sah in der Nordlösung „astronomische Kosten“ und lobte die Vorteile der Südachse für Landschafts- und Naturschutz sowie Wollmatingen. Mit der Südeinführung sollte zusätzlich eine Art Ortsumfahrung geschaffen werden, ähnlich der heutigen Nordumfahrung.
Ausgerechnet Wollmatingen ist gegen die Südvariante
Gerade in Wollmatingen aber überzeugte die Südvariante bei der Abstimmung nicht. Es war der einzige Stadtteil, der die seenahe Trasse ablehnte.

Zum Gesamtergebnis der Abstimmung sagt Heier: „Das war natürlich ein toller Sieg. Aber die Gegner gaben nicht auf.“ Erst 2000 seien die letzten Vorstöße für etwas Autobahnähnliches am Bodanrück gestorben, wegen EU-Vogelschutzrichtlinien.
Er persönlich hätte auch mit einer „Null-Lösung“ leben können, dem Verzicht auf alle großen Straßenbauwerke. Realistisch sei dies in der Zeit der Auto-Euphorie aber nicht gewesen. Heier sagt: „Ich habe nie ein Auto besessen und vor zwei Jahren den Führerschein abgegeben. Meinetwegen hätte man die Straße nicht bauen müssen.“