Stadtverwaltung und Gemeinderat haben sich von Beginn an keiner Illusion hingegeben: Der Krieg in der Ukraine wird sich spürbar auf Konstanz auswirken, nach sechs Wochen gibt es nun erste Konkretisierungen.
An der Grundhaltung ändert sich dadurch nichts. Die Stadträte stehen fraktionsübergreifend hinter den Hilfen für die Flüchtlinge. Hier einige Eckpunkte zur aktuellen Situation.
- Zahl der Flüchtlinge: Oberbürgermeister Uli Burchardt geht nach dem derzeitigen Stand der Dinge davon aus, dass wegen des Kriegs in der Ukraine insgesamt schätzungsweise 1500 Flüchtlinge nach Konstanz kommen werden. Nach Angaben von Sozialbürgermeister Andreas Osner, der den Krisenstab leitet, wurden bis Anfang dieser Woche 525 Flüchtlinge registriert, wobei es sich zu etwa einem Drittel um Kinder beziehungsweise Jugendliche handelt. Die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge dürfte nach Einschätzung von Andreas Osner um 300 bis 500 Menschen höher liegen.
- Personalbedarf I: In einem Krisenstab wurden Teilaufgaben wie etwa die Registrierung der Flüchtlinge, ihre Betreuung und Unterbringung oder etwa die Koordination der zivilgesellschaftlichen Hilfsangebote festgelegt. Der dafür erforderliche Bedarf wurde auf rund 18 Stellen berechnet. Der Gemeinderat genehmigte die Personalausweitung. Allein damit ist der Stadtverwaltung aber nicht gedient, weil Arbeitskräfte zurzeit nur schwer zu bekommen sind.
- Personalbedarf II: FDP-Stadtrat Achim Schächtle regte im Zusammenhang mit dem Personalmangel die Rekrutierung von Mitarbeitern der Verwaltung an, die sich noch nicht allzu lange im Ruhestand befinden. Auf diese Idee ist auch Andreas Osner schon gekommen – hingegen eignen sich nach seiner Meinung die derzeit 231 Menschen, die den Flüchtlingen aus der Ukraine auf der Grundlage ehrenamtlichen Engagements helfen wollen, weniger für die Einbindung in die Verwaltungsarbeit. Die Bereitschaft zur Hilfe hält er für sehr wichtig, aber auch hierfür werde letztlich eine professionelle Koordination benötigt. „Sonst endet das alles im Chaos“, befürchtet Andreas Osner.
- Sonderbudget: Ebenfalls genehmigt wurden vom Gemeinderat 250.000 Euro, die für schnelle Hilfen wie etwa Einkäufe oder Verträge mit Hilfsorganisationen wie dem DRK oder der Caritas verwendet werden können. Dieser Betrag dürfte allerdings gering sein im Vergleich zu den Investitionen, die für Anschlussunterbringungen etwa wegen Sanierungen, Ausstattungen, den Neubau von Immobilien oder Anmietungen erforderlich sind. Einen ersten Überblick dazu ist von Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn im Laufe der nächsten Woche zu erwarten.
- Unterbringung: Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass in Konstanz bis zum Jahresende für rund 1000 Flüchtlinge Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden können. Als „phantastisch und genial“ bezeichnete Karl Langensteiner-Schönborn dabei die Initiative „Raumteiler“, auch bei der Anmietung von Gebäuden stoße man auch viel Kooperationsbereitschaft.
OB Uli Burchardt nutzte zugleich die Gelegenheit der Ratssitzung, um die langfristigen Auswirkungen des Krieges auf die Wohnbauverdichtung zu veranschaulichen. Die von den meisten Flüchtlingen erwünschte Rückkehr in ihre Heimat sei möglicherweise wegen des ausgebombten Zustands nicht möglich, und in den derzeitigen Notunterbringungen könnten die Menschen auf Dauer nicht bleiben. Man werde also bauen müssen – wo und mit welchen Mitteln lasse sich zurzeit jedoch nicht sagen.

- Schulen und Kindergärten: Geradezu ins Schwärmen geriet Andreas Osner wegen der Bereitschaft der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die die digitalen Möglichkeiten zur Teilnahme am Fernunterricht nutzen und so zugleich den Kontakt zu ihrer Heimat aufrecht erhalten. Dennoch sieht er die Stadt wegen der Schulinfrastruktur vor einer Herausforderung. Besonders problematisch sei die Lage für Kinder im Kindergartenalter: „Wir haben schlicht und einfach keine freien Kita-Plätze.“
- Kostenaufteilung: In der Aussprache der Stadträte ging es vor allem um die Kostenaufteilung zwischen Bund, Land und Gemeinden. Holger Reile (Linke Liste Konstanz) beispielsweise vermisst dazu eine klare Stellungnahme aus Berlin. Für SPD-Stadtrat Jürgen Ruff sollte allerdings auch innerhalb des städtischen Etats über Neujustierungen nachgedacht werden. Angesichts der jetzt zu bewerkstelligenden Aufgaben stellt sich für ihn die Frage, ob die zur Debatte stehende Bildung eines Klimaschutz-Dezernats noch in die Zeit passe.