Im Oktober klang es dramatisch: Der Spatenstich zum vorerst letzten von der städtischen Wohnbaugesellschaft Wobak geplanten Neubau erfolgte. Staatliche Förderungen fehlen, die Zinsen seien zu hoch – das Bauen stelle sich für die Wobak nicht mehr wirtschaftlich dar. Steht Konstanz jetzt also kompletter Stillstand beim geförderten Wohnungsbau bevor?
Ganz so schlimm wie im Herbst 2023 klingt die Einschätzung von Geschäftsführer Jens-Uwe Götsch jetzt nicht mehr. Im Jahr 2024 werden die 16 Wohneinheiten in der Leipziger Straße und im kommenden Jahr 48 Wohnungen in der Brandenburger Straße fertiggestellt. Das ist sehr wenig im Vergleich zur Bautätigkeit der Vergangenheit, doch ein Stillstand ist es auch nicht.

Wobak hat viele Wohnungen gebaut
Die Wobak kommt von einem hohen Niveau ihrer Bautätigkeit. In den vier Jahren 2016 bis 2022 stellte sie 450 Wohnungen fertig, die meisten, 330, zwischen 2020 und 2022. Als schwierig charakterisiert Götsch den Umstand, dass die Konstanzer Wohnbaugesellschaft in diesem Jahr für neue Projekte überhaupt kein Geld aus den Fördertöpfen des Landes bekomme. Diese seien offensichtlich bereits ausgeschöpft; im Jahr 2023 seien die Gelder im Juni schon komplett vergeben gewesen.
Es soll dennoch weiter gehen bei der Wobak, wenn auch mit vermindertem Tempo: Für die Jahre 2024 und 2025 sind laut Götsch fünf Projekte in Planung, bei manchen liegt noch keine Baugenehmigung vor, andere scheitern bislang an der Finanzierung.

Gleichzeitig prüfe die Wobak fortwährend Grundstücke, die sich für den Ankauf eigneten. Für die neuen Projekte habe die Wobak jeweils Fördermittel beantragt, die bislang jedoch nicht bewilligt sind. Auch im Falle einer Bewilligung sei die Fördersumme deutlich niedriger.
Wie sieht es in anderen Städten aus? Sind die dortigen Wohnbaugesellschaften ähnlich begrenzt in ihrem Handlungsspielraum? Eine Nachfrage ergibt, dass die Lage überall schwierig ist. Unterschiede aber gibt es durchaus. So erleichtert die Stadt Tübingen den Wohnbaugesellschaften das Handeln, indem sie ihnen über ein Wohnbauprogramm zinsgünstige Kredite ermöglicht.
Ein Blick über den See: Wie läuft es in Friedrichshafen?
Einen Rückgang in der Bautätigkeit verzeichnet auch die Städtische Wohnbaugesellschaft Friedrichshafen (SWG). 2023 sei der zweite Bauabschnitt eines Projekts im Stadtteil Fallenbrunnen realisiert worden mit 85 Mietwohnungen, wie Jürgen Schipek, bis Ende 2023 Geschäftsführer der SWG, schreibt. 2024 werde auch die SWG nur 22 Wohnungen in der Sandöschstraße fertigstellen.
Ähnlich wie die Wobak befindet sich auch die SWG in einer Konsolidierungsphase, schreibt Schipek. Das heißt, dass im Moment kaum konkrete Bauprojekte begonnen werden. „Einige Projekte mussten wir absagen“, schreibt Schipek. Auch er kritisiert die mangelnde Förderpolitik, allerdings eher die des Bundes als die des Landes.
„Wir wünschen uns mehr Kontinuität und bessere Konditionen“, schreibt Schipek an die Bundesförderung gerichtet. Die Programme änderten sich zu schnell, die Töpfe seien zu schnell ausgeschöpft. Wünschenswert wäre aus seiner Sicht, wenn ein Programm zwei bis drei Jahre stabil bleibe. Mit den Förderprogrammen des Landes habe die SWG bessere Erfahrungen gemacht.
Zur Konsolidierung gehöre auch, dass die SWG sich um Nachverdichtung bemühe, wo es möglich sei, also bei größeren Bestandsbauten. Zeitgleich versuche die SWG, aus den eigenen Bestandswohnungen geförderten Wohnraum zu machen, dies sei zum Beispiel bei einem Mieterwechsel möglich.
Wie ist die Lage in einer vergleichbaren Universitätsstadt?
Tübingen, die Studentenstadt am Neckar, hat traditionell ein hohes Mietniveau und ist damit vergleichbar mit Konstanz. Auch die Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Tübingen (GWG) wird durch die Zwänge des aktuellen Bau- und Zinsmarktes beeinträchtigt. Dennoch gehen die Projekte dort offenbar stetiger voran als in Konstanz.
2023 wurden drei Gebäude mit 30 Wohnungen fertiggestellt sowie zwölf Wohnungen in einer ehemaligen Schule. Einige Projekte hätte die Gesellschaft aus wirtschaftlichen Erwägungen jedoch nicht beginnen dürfen. „In einem Fall ist in unserem Gebäude die Energiezentrale eines kompletten Neubaugebiets untergebracht, da waren wir in Zugzwang“, erläutert Geschäftsführer Uwe Wulfrath.
2024 wiederum werden drei Gebäude fertiggestellt mit 40 Wohnungen, schreibt der Geschäftsführer Uwe Wulfrath. Durch Aufstockung, Dachgeschossausbau und Modernisierung entstünden weitere 17 neue Wohnungen. Ein Kauf von Grundstücken sei auch in Tübingen für die GWG finanziell nicht mehr denkbar. Sie habe das Glück, auf einigen Grundstücken noch nachverdichten zu können.
Ein weiterer Faktor gibt der GWG etwas mehr Handlungsspielraum als der Konstanzer Wobak: Die Stadt Tübingen habe ein Wohnbauprogramm. Aus diesem erhielt die GWG 2023 eine Million Euro als zinsbegünstigtes Darlehen. Auch für 2024 sei ein Darlehen vorgesehen. „Außerdem unterstützt uns die Stadt mit Kassenkrediten zur kurzfristigen Bereitstellung von Liquidität.“
Die GWG verzeichnet in den vorangegangenen Jahren ein stetiges, aber nicht so starkes Wachstum bei Bauprojekten wie die Konstanzer Wobak. So entstanden 2020 36 Wohnungen, im Folgejahr nur eine und 2022 32 Wohnungen.