Was hat Fasnacht mit Kultur und Kultureinrichtungen mit Demokratie zu tun? Alles, denn sie bedingen sich gegenseitig. Das ist eine wesentliche Kernbotschaft der Feierlichkeit im Zunftsaal des Rosgartenmuseums, in dessen Rahmen das Engagement zweier bekannter Konstanzer gewürdigt werden: Thomas Schlägel, der den Fanfarenzug Frichtle vor 52 Jahren gegründet hat und ihm noch immer vorsteht, und Anselm Venedey für seine Verdienste als Präsident der Gesellschaft der Freunde des Rosgartenmuseums sowie als Mitbegründer des Bündnisses „Konstanz für Demokratie“.

Beide haben ein Ziel

So unterschiedlich die beiden Geehrten auch von ihrem Wesen her und der Form ihres ehrenamtlichen Engagements auch sind, sie haben das gleiche Ziel: Sie engagieren sich für das respektvolle, integrative Miteinander der Stadtgesellschaft, pflegen Freundschaften über Grenzen hinweg und fördern damit die Grundfesten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Thomas Schlägel fasst das Wesentliche in einem einzigen, kurzen Satz prägnant zusammen: „Wo Freundschaft entsteht, entsteht Frieden.“ Und genau dem bedarf es in der Welt wie auch in der Stadtgesellschaft.

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Kriege, Zölle der US-Regierung, sinkende Wirtschaftsleistung, Wegbrechen von Steuereinnahmen, bedrohliche Krise kommunaler Haushalte: Oberbürgermeister Uli Burchardt schildert die aktuelle Lage und deren Auswirkung: „Verunsicherung und das Auseinanderdriften der Gesellschaft“, die man täglich erlebe. „In den sozialen Netzwerken wachsen Hass gegen Menschen und die Verächtlichmachung der freiheitlichen Demokratie und des Rechtsstaats“, so Burchardt. Rund ein Drittel der Bevölkerung wende sich den radikalen politischen Rändern zu.

Menschen wie Thomas Schlägel und Anselm Venedey aber „haben in ihrem gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Engagement über viele Jahre ganz andere Haltungen vorgelebt und Zuversicht verbreitet“, hebt Uli Burchardt hervor. Wie sie das getan haben und auch künftig tun werden, das schildert einer, der die beiden seit langem und vor allem sehr gut kennt: Tobias Engelsing, Direktor der städtischen Museen.

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Ein Leben für Integration und Völkerverständigung

Mit Thomas Schlägel verbrachte Engelsing nämlich gemeinsame Jahre in der Internatsschule Gaienhofen, wo Schlägel im Posaunenchor bereits „musikalisch zukunftsverheißend“ mitgespielt habe. „Trotz protestantischer Sozialisation sind wir beide begeisterte Fasnachter geworden“, so Engelsing. Als 15-Jähriger hat Thomas Schlägel anno 1972 den Fanfarenzug Konstanzer Frichtle gegründet, den er – lediglich durch Wehrdienst und Studium unterbrochen – seit 52 Jahren führt.

OB Uli Burchardt (rechts) zeichnet Thomas Schlägel (links) mit Urkunde und Ehrennadel der Stadt Konstanz aus.
OB Uli Burchardt (rechts) zeichnet Thomas Schlägel (links) mit Urkunde und Ehrennadel der Stadt Konstanz aus. | Bild: Scherrer, Aurelia

In diesen über fünf Jahrzehnten hat der Internist Thomas Schlägel unzähligen Jugendlichen mit kostenlosem Einzel- und Gruppenunterricht den Zugang zu einem Musikinstrument eröffnet und so „einen wesentlichen Beitrag zur Integration junger Menschen in das Gemeinwesen geleistet“, so Engelsing. Grundsatz des Vereins sei, dass niemand wegen finanzieller Hindernisse von der Teilhabe ausgeschlossen wird.

Zudem sei Schlägel mit seinem FZ gleich nach Beginn der Städtepartnerschaft mit der tschechischen Stadt Tábor – später folgten weitere Partnerstädte – dorthin gefahren, um freundschaftliche Bande zu knüpfen, die bis heute gepflegt werden. Damit leisteten er und der gesamte Fanfarenzug einen „wertvollen, praxisnahen Beitrag zur Völkerverständigung in Europa“, so Tobias Engelsing.

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Ein Kämpfer für die Demokratie

Engelsing und Anselm Venedey verbindet seit 17 Jahren die Konstanzer Museumsgesellschaft. „In den Erschütterungen mancher Haushaltskrise sind wir Kulturkämpfer für die Museen zusammengewachsen, verbunden auch über unsere Familiengeschichten, durch die uns die Erinnerung an die Menschheitsverbrechen der NS-Zeit dauernder Auftrag bleibt“, berichtet Tobias Engelsing.

Auch als seinerzeitiger Stadtrat der Freien Wähler habe Venedey „unermüdlich die politische Bedeutung der Kultureinrichtungen unterstrichen“, bei denen es sich nach Venedeys Ansicht nicht um eine Freiwilligkeitsaufgabe der Kommune handle, sondern um eine „Bildungsinvestition in das zivile, regelbasierte Zusammenleben im Bewusstsein der kulturellen Werte einer freiheitlichen Gesellschaft“, formuliert Engelsing.

Oberbürgermeister Uli Burchardt (rechts) überreicht Anselm Venedey (rechts) mit der Ehrennadel der Stadt Konstanz aus.
Oberbürgermeister Uli Burchardt (rechts) überreicht Anselm Venedey (rechts) mit der Ehrennadel der Stadt Konstanz aus. | Bild: Scherrer, Aurelia

Im Jahr 2008 habe Venedey die Präsidentschaft der Museumsgesellschaft übernommen, in 16 Jahren die Mitglieder des Fördervereins auf rund 550 Menschen verdoppelt und rund 400.000 Euro an Drittmittel für die Museen aufgebracht, skizziert der Museumsdirektor, sodass Ankäufe getätigt und Restaurationen durchgeführt werden konnten. Venedey sei zudem in aller Stille auch als Mäzen aufgetreten, habe aus eigener Tasche Kunstwerke bezahlt, um sie dann dem Museum zu schenken.

Der selbstständige Gastronom Anselm Venedey ist zudem Mitbegründer des Bündnisses „Konstanz für Demokratie – Klare Kante gegen Rechts in Stadt und Landkreis“. „Mit ‚Rechts‘ sind allerdings nicht wertkonservative Christdemokraten gemeint, sondern das ideologische Umfeld und das Vordringen der in Teilen gesichert rechtsextremen AfD“, stellt Tobias Engelsing klar.

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Sie leben Werte vor

Thomas Schlägel und Anselm Venedey „sind zwei Prachtexemplare unseres bunten Gemeinwesens“, fasst Engelsing zusammen. „Beide haben unermüdlich den Acker der Demokratie bestellt und durch ehrenamtlichen Einsatz zum Zusammenhalt der Gesellschaft beigetragen. Sie leben die Werte vor, für die sie stehen.“

Uli Burchardt zeichnet Anselm Venedey und Thomas Schlägel mit der Ehrennadel der Stadt Konstanz samt Urkunde aus, denn beide seien „Mutmacher“, sich einzubringen und für die beste aller Gesellschaftsordnungen einzutreten. „Überlassen wir unsere Stadt nicht der Schlechte-Laune-Partei, sondern gestalten wir unsere Zukunft selbst“, so OB Burchardt.