Lange Zeit ist für den Handwerker auf dem Bau klar: Das Leben besteht aus Arbeit. Er schuftet, bis Körper und Geist erschöpft sind. Er schluckt Unmengen von Schmerzmitteln, um weiter tätig sein zu können. Bis zum Zusammenbruch. Hans J. (Name von der Redaktion geändert), stürzt ab. Sucht, Vernachlässigung der persönlichen Geschäfte, Wohnungsverlust, Schlafen bei Bekannten.

Der AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation der Erzdiözese Freiburg hilft ihm, sein Leben wieder zu ordnen. Dank einer Kooperation mit dem Wohnungsunternehmen Vonovia hat der 62-Jährige heute wieder eine eigene Wohnung mit Balkon. Er gehört zu einer von acht Personen im Landkreis, die durch die Zusammenarbeit des Fachverbandes der Wohnungslosenhilfe und Vonovia seit November 2023 ein eigenes Dach über dem Kopf haben.

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Hans J. sagt: Ohne Vonovia hätte er keine Wohnung bekommen. Es wurden nach übereinstimmenden Angaben saubere renovierte Standard-Wohnungen vermittelt, keine Dreckslöcher, die ansonsten keiner nehmen würde.

„Wir tun uns schwer, geeigneten Wohnraum zu bekommen“

Nun klingt die Zahl der Vermittelten wenig, doch auf dem extrem engen Wohnungsmarkt in der Region sei das schon eine Perspektive, sagt Jens Mattes, der Leiter der Tagesstätte für Obdachlose am Lutherplatz in Konstanz. Die kleine Chance sei Antrieb für Wohnungslose, Probleme anzugehen. Denn üblicherweise hätten alleinstehende Geringverdiener mit Makeln überhaupt keine Chance auf dem freien Wohnungsmarkt.

„Wir tun uns schwer, geeigneten Wohnraum zu bekommen“, dies gelte auch für die Wohnungsbaugesellschaft Konstanz (Wobak). Geeignet heißt, die Wohnung soll günstig und von der Größe für eine Person passend sein. Die Wobak habe für ihre günstigen Wohnungen andere Zielgruppen im Blick, wie zum Beispiel Familien oder Alleinerziehende. Umso wichtiger seien daher die Wohnungen des Unternehmens Vonovia.

Diese Erfahrung macht auch Hans J. Er glaubt lange Zeit, er braucht niemanden, der ihm die Hand reicht. „Ich habe keine Hilfe gesucht.“ In ihm war tief verankert: Ein Mann muss selbst zurechtkommen. Es wäre für ihn damals unvorstellbar gewesen, einen Psychologen um Rat zu fragen oder sonstige Unterstützungen anzunehmen.

Er erfährt von Ärzten, dass er nicht mehr arbeiten kann und Niere sowie Leber in zwei Jahren kaputt sind, wenn er bei dieser Dosis an Schmerzmitteln bleibt. So kommt langsam das Umdenken. „Heute weiß ich, dass ich bei der AGJ meine Probleme auf den Tisch legen kann.“ Er bewirbt sich mit Erfolg beim betreuten Wohnen des Fachverbands in Konstanz. Dann ist er wieder so weit, selbstständig auf den Füßen zu stehen, in einer eigenen Wohnung. Doch diese hat er nicht.

Bewerber müssen stabil sein

Der 62-Jährige hat nur eine kleine Erwerbsminderungsrente und gilt als nicht kreditwürdig. Er sagt: „Ich hätte keine Wohnung bekommen.“ Dank der Kooperation mit Vonovia gelingt es. Diese funktioniert so: Wird in der Region eine passende Vonovia-Wohnung frei, meldet sie diese der AGJ. Der Fachverband fragt in seinen Einrichtungen nach geeigneten Kandidaten. Eine kleine Gruppe der AGJ bemüht sich dann um die Auswahl.

Für die Vermittlung kommen in der Regel nur Personen infrage, die schon eine Zeit der Stabilisierung in einem Wohnangebot der AGJ hinter sich haben, und so etwa Sucht oder sonstige Probleme angegangen sind. Der Fachverband hat im Landkreis 73 Wohn- und Betreuungsplätze für stationäre Hilfen sowie langfristige Perspektiven.

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Seit einem halben Jahr lebt Hans J. nun in einer Vonovia-Wohnung. Er nutzt die Nachbetreuung durch Fachleute der AGJ. „Ich nehme diese Hilfe in Anspruch. Früher hätte ich das nicht gemacht.“ Die AGJ-Mitarbeiter kommen einmal pro Woche eine Stunde lang für persönliche Gespräche und um Unterstützung zu leisten. Diese Nachbetreuung ist wahrscheinlich auch der Schlüssel dafür, dass es keinerlei Probleme mit den Vermittelten gibt.

Olaf Frei sagt: „Wir sind sehr zufrieden. Das hat bisher gut funktioniert.“ Er bestätigt, die Zusammenarbeit solle weitergehen. Zu Beginn der Kooperation sei man von fünf bis sieben Wohnungen im Jahr für Obdachlose ausgegangen. Voraussichtlich auf diesem Niveau werde sich das weiter bewegen. Und warum macht das Vonovia überhaupt? Olaf Frei sagt: „Wir sind der größte Konzern in der Wohnungswirtschaft. Wir wollen die Wohnungslosigkeit in Deutschland bekämpfen.“ Vonovia wolle Vorbild sein. Sie hatte die Wohnungslosenhilfe auch mit einer Spende zur Renovierung der Tagesstätte am Lutherplatz unterstützt.

Doch brauchen Obdachlose wirklich in Konstanz und Region eine Wohnung? Ja, sagt Jörg Fröhlich, Leiter der AGJ-Einrichtungen in Radolfzell und Singen. Er stellt fest: Die meisten Wohnungslosen haben einen Bezug zur Region. „Die kommen aus dem Landkreis und haben Beziehungen hier.“ Die Zeiten, als viele freiwillig durch die Gegend zogen, seien längst vorbei. Unter den Wohnsitzlosen fänden sich auch immer mehr Menschen, die psychisch erkrankt sind.

Dies bestätigt auch Jens Mattes. Er sieht die dringende Notwendigkeit von grundsätzlichen Reformen, damit dieser Personenkreis auch eine Chance auf dem Mietmarkt hat: „Die Politik muss handeln, die Mietpreise steigen.“ Auch Olaf Frei von Vonovia fordert Veränderungen. So müsse die Bürokratie beim Bauen dringend entschlackt werden. Es gehe nicht, dass von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen gelten. Bauen müsse einfacher und günstiger werden. Sein Unternehmen plane im Jahr 2025 den Baustart von 3000 neuen Wohnungen. „Zwei Jahre sind wir auf der Bremse gestanden, jetzt geht es wieder los.“

Nicht gebaut wegen hoher Kosten

Ursache für die Pause sei unter anderem der Krieg in der Ukraine gewesen, mit extrem hohen Bauzinsen, Mangel an Materialien sowie Fachkräften. Man habe nicht gebaut, weil diese Mischung besonders hohe Baukosten nach sich gezogen hätte und Kaltmieten von bis zu 20 Euro pro Quadratmeter. Diese könnten sich die meisten nicht leisten. Grundsatz von Vonovia sei es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. In Konstanz stritten allerdings der Bodensee-Mieterbund und Vonovia lange Zeit über Betriebskosten-Abrechnungen.

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Hans J. hat erlebt, wie schnell die Spirale nach unten gehen kann. Die Mitbewohner im Vonovia-Haus wissen nichts von seinem Schicksal. Er möchte es auch lieber für sich behalten. Er befürchtet Nachteile. Er hat den Eindruck, dass er abgestempelt werden könnte. Er ist froh, dass er die Zeit des Abrutschens hinter sich hat und jemanden gefunden hat, mit dem er günstig reisen kann. „Ich schau‘ mir alles an.“ Besonders faszinierten ihn alte Gebäude und was frühere Baumeister mit einfachsten Mitteln zustande brachten. Er zeigt sich erleichtert, dass das Kapitel Suche nach einer Wohnung für ihn erledigt ist. Dass er die Vonovia-Wohnung bekommen hat, bezeichnet er als „Sechser im Lotto“.